Trotz des Scheiterns der Ministerkonferenz in der Welthandelsorganisation (WTO) geben die WTO-Mitgliedstaaten die Doha-Runde nicht verloren. Die in den neuntägigen Sitzungen erzielten Fortschritte bei der Liberalisierung des Handels mit Agrar- und Industriegütern sollten bewahrt werden, sagte WTO-Generaldirektor Pascal Lamy am vergangenen Mittwoch im Genfer Handelsausschuss und stieß damit auf breite Unterstützung. Konkret wurden die Vorsitzenden des Landwirtschafts- und des Industrieausschusses, Crawford Falconer und Don Stephenson, beauftragt, den Stand der Verhandlungen in Sachstandsberichten festzuhalten. Dass die Verhandlungen in Kürze doch noch zu einem Durchbruch geführt werden könnten, mag jedoch keiner der WTO-Staaten so recht glauben.
EU-Handelskommissar Peter Mandelson schloss sogar aus, dass der Umfang der Beihilfen- und Zollkürzungen - die sogenannten Modalitäten - in "absehbarer Zukunft" vereinbart werden könnten. In den Vereinigten Staaten und Indien, deren Meinungsunterschiede zur Ausgestaltung einer Agrar-Schutzklausel zum Abbruch der Konferenz geführt hatten, stehen im Herbst dieses und im Frühling nächsten Jahres Wahlen an. Wegen des Wechsels der EU-Kommission im November 2009 scheint ein Abschluss der Doha-Runde vor 2010 kaum noch realistisch.
Handelsexperten prophezeien, dass die abermalige Verschiebung des Verhandlungsabschlusses die EU zu weiteren Zugeständnissen in der Landwirtschaft zwingen werde. Zu erwarten seien ferner ein verstärkter Abschluss bilateraler Abkommen und die Einleitung von Streitschlichtungsverfahren. Brasilien kündigte bereits an, im Herbst dieses Jahres bei der WTO gegen den hohen US-Zollschutz für Bioethanol zu klagen. Der Deutsche Bauernverband (DBV) bedauerte den Abbruch der Verhandlungen.
Mehr dazu: WTO-Runde endgültig gescheitert (30.7.08)