Der Einsatz molekulargenetischer Verfahren wird die Tierzucht künftig stark verändern. Das ist vergangene Woche auf dem 9. Weltkongress für angewandte Genetik in der Tierproduktion (WCGALP) in Leipzig deutlich geworden, der erstmals in Deutschland ausgerichtet wurde. "Mit der genomischen Selektion bricht eine neue Ära in der Tierzucht an", erklärte Prof. Ernst Kalm von der Christian-Albrechts-Universität Kiel, der zu den Pionieren der Genomanalyse beim Rind in Deutschland gehört.
In den achtziger Jahren hätten nur wenige an die Tragweite des Ansatzes geglaubt. Heute nehme die deutsche Agrarwissenschaft bei der Forschung zur genomischen Selektion international einen Spitzenplatz ein. Bei der genomischen Selektion muss nicht das gesamte Genom entschlüsselt werden. Vielmehr wird mit Markern gearbeitet, um das für die Zucht benötigte Erbgut zu finden. Für unproblematisch hält Kalm das Klonen von Nutztieren, über das in Deutschland und anderen Ländern der Europäischen Union ein heftiger Streit entbrannt ist. Beispielsweise fordert das Europaparlament ein Klonverbot. Dagegen befürwortet Kalm ein liberales Vorgehen wie in den Vereinigten Staaten, wo auch eine Kennzeichnung des Fleisches geklonter Tiere und von deren Nachkommen nicht nötig ist.
Starke Vorbehalte hegt der Kieler Wissenschaftler andererseits gegenüber der Patentierung von Erbgutinformationen. "Ich sehe da nach wie vor Gefahren", sagte Kalm gegenüber dem Presse- und Informationsdienst Agra-Europe und kritisierte den US-Agrarkonzern Monsanto. Dieser legt es seiner Meinung nach darauf an, sich "jede kleine Leistungsprüfung" patentieren lassen zu wollen.
Mehr vom Weltkongresss lesen Sie hier: Neue Ära in Rinderzucht angebrochen (3.8.2010)