Der Russland-Ukraine-Krieg hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf die hiesigen Milch- und Fleischmärkte, meint Heribert Breker von der Landwirtschaftskammer NRW. Er verweist auf die Krim-Übernahme 2014. Demnach haben die Russen damals u.a. gegen die EU und die USA ein Importverbot für Agrarprodukte und Nahrungsmittel verhängt.
Im Vergleich zu früheren Zeiten vor 2015 hat sich aber auch die Agrarmarktlage in Russland grundlegend geändert. Moskau hat mit massiver staatlicher Unterstützung die Eigenerzeugung ausgebaut und die früher notwendigen Importe ausgeglichen - insbesondere im Fleischsektor.
Rindfleischbedarf gedeckt
Der russische Rindfleischverbrauch ist seit Jahren rückläufig und nähert sich der stagnierenden Eigenerzeugung an. Rindfleisch ist vergleichsweise teuer. Das gilt nicht nur für den Konsum, sondern auch für die Produktion. Investitionen im russischen Agrarsektor erfolgen überwiegend in Bereichen mit einem möglichst schnellen Kapitalumschlag. Fakt ist: Die Importmengen gehen seit Jahren zurück. Die für 2022 vorgesehenen 200.000 t zollfreien Importkontingente werden wohl nicht zum Zuge kommen.
Schwein: Vom größten Importeur zu Selbstversorgung
Frühere Schweinefleischeinfuhren von bis zu 1,5 Mio. t pro Jahr sind Geschichte, weil der russische Selbstversorgungsgrad die 100 % Marke seit mehreren Jahren leicht übertrifft. Die ausgeschriebenen 100.000 t zollfreien Schweinefleischeinfuhren für das 1. Halbjahr 2022 werden voraussichtlich nicht genutzt. Ähnlich ist die Situation bei Geflügel. Die Versorgung der Russen mit Geflügelfleisch ist seit etlichen Jahren aus eigener Kraft möglich.
Milchprodukte fehlen in Russland
Bei einigen Verarbeitungsprodukten im Milchsektor besteht hingegen noch ein größerer Einfuhrbedarf Russlands. Moskau nutzt dafür allerdings vor allem die enge Handelsbeziehung zu Belarus, das den größten Teil des russischen Importbedarfs ausgleichen kann.
Beispiel ist Käse: Der russische Importbedarf von 340.000 t je Jahr wird durch die weißrussischen Ausfuhren in Höhe von 310.000 t zum allergrößten Teil abgedeckt. Im Falle des russischen Einfuhrbedarfs von 120.000 t Butter liefert Belarus rund 75.000 t. Voll- und Magermilchpulver steht ebenfalls in großem Maße im befreundeten Nachbarland zur Verfügung. Die restlichen Mengen entwickeln keine größeren Einflüsse auf die internationalen Markt- und Preisentwicklungen.