Seit dem letzten Preishoch 2016/17 sind die globalen Zuckerpreise um fast 50 % eingebrochen. Nach dem Quotenende trifft das auch deutsche Verarbeiter hart. Von gut 500 € pro t Weißzucker im August 2017 fiel der Preis in der Gemeinschaft laut EU-Kommission bis Mitte Mai 2018 auf 375 €. Schon bei Zuckererlösen von durchschnittlichen 400 € pro t zahlen hiesige Unternehmen deutlich weniger als 30 € für eine Tonne Rüben. Nach dem Quotenende schlagen die fallenden Weltmarktpreise fast ungebremst auf die Erzeugerstufe durch. Wann erholt sich der Weltmarkt?
Zucker satt: In wichtigen Erzeugungsgebieten türmt sich der Zucker. Brasilien, Indien, Pakistan und Thailand haben 2017/18 witterungsbedingt deutlich mehr produziert. Und nach der letztjährigen Rekord-Rübenernte in der EU drängt nun auch mehr europäische Ware auf den Weltmarkt.
In der Kampagne 2018/19 scheint sich die Lage etwas zu entspannen, glaubt das US-Agrarministerium (USDA). Im jüngsten Bericht schätzen die amerikanischen Experten die globale Zuckererzeugung knapp 2 % niedriger ein als im Vorjahr. Die weltweite Zuckerproduktion soll demnach auf 188 Mio. t zurückfallen. Gleichzeitig steigt der Verbrauch um 3,5 Mio. t, und der Jahresüberschuss sinkt (siehe Übersicht 1).
Unterm Strich sehen die Washingtoner Experten trotzdem einen üppigen Endbestand von rund 49 Mio. t.
Rund 60 % der weltweiten Zuckererzeugung findet in Brasilien, Indien, Pakistan, Thailand und der EU statt.
- Der weltgrößte Produzent Brasilien erzeugte 2017/18 aus Zuckerrohr rund 39 Mio. t Roh- bzw. Weißzucker. Das entspricht knapp der Hälfte der brasilianischen Zuckerrohrernte. Die andere Hälfte wird zu Bioethanol verarbeitet. 2018/19 dürfte Brasilien die Zuckererzeugung wegen der schlechten Preise drastisch auf 34,2 Mio. t kürzen. Stattdessen landet nun deutlich mehr Zuckerrohr in der Kraftstoffschiene. Die Devise lautet: so wenig Zucker wie nötig, so viel Bioethanol wie möglich.
- Im Gegensatz dazu baut Indien die Produktion weiter aus. Der zweitgrößte Zuckererzeuger der Welt könnte im neuen Wirtschaftsjahr mit 33,8 Mio. t ein Fünftel mehr produzieren und wäre dann sogar gleich auf mit Brasilien. Das setzt allerdings einen rechtzeitigen und ausreichenden Monsunregen voraus. Indien verbraucht den meisten Zucker normalerweise selbst. In den letzten Jahren stiegen aber auch die Exporte. 2018/19 könnten sich die Ausfuhren auf 6 Mio. t verdreifachen. Aber auch Indien leidet unter der Preismisere. Der Staat will deshalb die Intervention eröffnen und die Ethanolerzeugung fördern, um die Zuckerpreise zu stützen.
- Das Nachbarland Pakistan drückte zuletzt ebenfalls Zucker in den Export. Wegen der schlechten Preise produzieren die Erzeuger 2018/19 aber nur noch in Höhe des Eigenbedarfs.
- Thailands Zuckerwirtschaft ist hingegen exportorientiert. Die Ausfuhren sind seit 2016/17 um 40 % gestiegen. Von den erwarteten 14 Mio. t Zucker sollen 2018/19 mehr als 11 Mio. t in den Export gehen.
- Die EU produziert nach USDA-Schätzung bei durchschnittlichen Rübenerträgen in der neuen Kampagne etwa 20,3 Mio. t Zucker. Das ist etwas weniger als im Vorjahr (-0,9 Mio. t). Da der Verbrauch bei 18,8 Mio. t stagniert, bleibt unterm Strich wieder ein Überschuss. Die Endbestände sollen aber geringfügig abnehmen.
Ein Vorteil der neuen Marktordnung ist aber, dass die frühere Obergrenze für Exporte entfällt. Die EU-Ausfuhren sollen dadurch von 1,5 auf 3,5 Mio. t pro Jahr steigen. Auf der Importseite bestehen zwar weiterhin mehrere Vereinbarungen über zollfreie bzw. zollbegünstigte Einfuhrmöglichkeiten für Entwicklungsländer. Diese Einfuhren (u. a. aus den AKP-Staaten) haben sich aber mittlerweile auf 1,4 Mio. t halbiert.
Für den Zuckerpreis in der EU und damit auch für das Rübengeld ist entscheidend, wie teuer bzw. billig die europäischen Übermengen am Weltmarkt abgesetzt werden. Dort herrscht derzeit ein harter Wettbewerb. Bisher deckte Brasilien ungefähr die Hälfte aller Exporte ab. Dieser Anteil soll 2018/19 auf 37 % schrumpfen, was den Weltmarkt entlastet. Dagegen kommt aus dem südostasiatischen Raum voraussichtlich deutlich mehr Ware in den Handel. Zum Problem wird für den Zuckermarkt dabei die Subventionspolitik einiger Länder in Südostasien.
Südostasiaten subventionieren: Pakistan und Indien garantieren ihren Zuckererzeugern beispielsweise Mindestpreise, die um ein Drittel über dem internationalen Niveau liegen. Damit sie trotzdem Überschüsse auf dem Weltmarkt absetzen können, fließen Subventionen. Ein ähnliches Modell gilt auch in Thailand, dem zweitgrößten Exporteur weltweit. Die thailändische Regierung hat aber erklärt, ihre Mindestpreispolitik für Zucker auf Dauer abschaffen zu wollen.
Insgesamt ist der weltweite Handel mit Zucker in den letzten Jahren stetig auf 63 Mio. t gewachsen. Das Geschäft ist aber mühsam. Auf der Importliste stehen mehr als 75 Länder mit vielen kleinen Mengen. Größere Abnehmer sind mit jeweils 8 % der weltweiten Einfuhren China und Indonesien. Rund 4 % importieren die USA. Danach folgen schon viele kleine Abnehmer mit weniger als 2 % Anteil. In diesem zersplitterten Markt liefert auch die EU in die ganze Welt: Mittlerer Osten, Nord- und Südafrika, Chile, Haiti, Sri Lanka etc. Große zusätzliche Absatzchancen zeigen sich global derzeit aber nicht.
Die Preisaussichten: Immerhin haben sich seit Mai die internationalen Zuckerpreise von ihren Tiefstständen leicht erholt (s. Übersicht 2). Aber selbst spätere Liefertermine an der Londoner Börse werden derzeit nur knapp oberhalb der Marke von 300 €/t gehandelt. An der New Yorker Börse sieht es kaum besser aus. Die Katerstimmung wird deshalb wohl noch einige Zeit anhalten. Fakt ist aber, dass zu den aktuellen Preisen kein Verarbeiter auf seine Kosten kommt. Ein Zuckermarkt-Zyklus kann allerdings zwischen drei und fünf Jahren dauern. (Aktuelle Zuckerpreise finden Sie hier.)