Der politische Umbruch in der Ukraine hat nach Darstellung des Kiewer Landwirtschaftsministeriums bisher keine größeren Auswirkungen auf den inländischen Getreidemarkt gehabt. Auch weiterhin bleibe dieser aktiv und die Preise seien stabil, teilte das Agrarressort vergangene Woche mit. Nach dessen Berechnungen können im Zeitraum April bis Juni noch etwa 8,7 Mio t Getreide exportiert werden. Seit Anfang 2013/14 seien bereits rund 24,7 Mio t ausgeführt worden, 6,6 Mio t mehr als im gleichen Zeitraum des vorherigen Vermarktungsjahres.
Die Lagermengen an Getreide bezifferte das Ministerium auf gut 28 Mio t, wovon 9,6 Mio t auf Weizen, 13,5 Mio t auf Mais und 3,8 Mio t auf Gerste entfielen. Den Inlandsbedarf an Getreide veranschlagt das Ressort für die verbleibende Zeit von 2013/14 auf etwa 11,9 Mio t, die Endbestände auf 7,6 Mio t. Nach Angaben des landwirtschaftlichen Analysen- und Informationsdiensts APK-Inform wurden in dieser Saison rund 1,6 Mio t oder 7 % des bisher insgesamt exportierten ukrainischen Getreides aus Seehäfen der Halbinsel Krim verschifft. Das Gros davon entfiel auf das zur Holding Portinvest gehörende Unternehmen Avlita in Sevastopol. Dieses erfülle alle Vertragsverpflichtungen, betonte Portinvest.
Getreide nur noch gegen Fremdwährung
Interims-Landwirtschaftsminister Igor Schwajka berichtete vor Journalisten in Kiew, dass die Frühjahrsbestellung in den südlichen Regionen des Landes im Großen und Ganzen nach Plan verlaufe. Es gebe aber "gewisse psychologische Gefahren", die mit der politischen Lage auf der Krim sowie mit den Währungsschwankungen zusammenhingen. Schwajka kündigte an, er werde mit dem Energieminister die Möglichkeit besprechen, den Agrarproduzenten Vergünstigungen beim Erwerb von Kraft- und Schmierstoffen zu gewähren. Wie unterdessen das dem Wirtschaftsministerium unterstellte Informationszentrum für Außenhandel bestätigte, hat die jüngste Abwertung der Hrywnja die Handelsaktivitäten auf dem Agrarinlandsmarkt gebremst. Die Mehrheit der Eigentümer größerer Getreidepartien sei nur noch zum Verkauf gegen Fremdwährungen bereit.
Weniger Bürokratie geplant
Schwajka hatte bereits bei einem Gespräch mit Vertretern des Agribusiness erklärt, dass die Zahl der für eine Transaktion von Agrargütern erforderlichen Papiere soweit wie möglich reduziert werden solle. So solle auch der Korruption ein Riegel vorgeschoben werden. Dennoch sehe sich das Ministerium weiterhin als Regulator im Agrarbereich; es sei aber zu einem offenen Dialog mit der Wirtschaft jederzeit bereit, betonte der Ressortchef. Er stellte klar, dass die von einigen Regionalregierungen verhängten Verbote für die Ausfuhr von Getreide über die Provinzgrenzen illegal seien. Mittlerweile appellierten mehrere landwirtschaftliche Organisationen an das Parlament, die Steuervergünstigungen für Agrarproduzenten beizubehalten und die Vorschrift zur Zertifizierung der Getreidequalitäten abzuschaffen.
Russland zieht Daumenschrauben an
Unterdessen baute Russland weiteren Druck auf das Nachbarland auf. Der Leiter des Föderalen Aufsichtsdiensts für Tier- und Pflanzengesundheit Russlands (Rosselkhoznadzor), Sergej Dankwert, schloss Importbeschränkungen für ukrainische Agrarprodukte nicht aus. Zur Begründung verwies er auf Ausbrüche der Afrikanischen Schweinepest (ASP). Anfang Januar 2014 war diese bei einem Wildschwein in der ostukrainischen Provinz Luhansk bestätigt worden, Mitte Februar ein weiterer Fall.
Russlands Landwirtschaftsminister Nikolai Fjodorow hob hervor, dass die Ukraine jährlich Agrarprodukte im Gesamtwert von fast 2,9 Mrd $ (2,1 Mrd Euro) nach Russland exportiere. Bei einem Ausfall der ukrainischen Lieferungen dürfe Weißrussland einspringen, sagte Fjodorow nach einem Treffen von Beamten der Agrarressorts beider Länder. Seinem weißrussischen Amtskollegen Leonid Sajaz zufolge wurde bereits eine Anhebung der Lieferquoten für Milch und Molkereiprodukte sowie Fleisch und Fleischwaren vereinbart. Im Jahr 20013 durfte Weißrussland davon bis zu 4,1 Mio t sowie 310 000 t nach Russland exportieren.