Ein Gastkommentar des Vorsitzenden des Bio-Dachverbandes Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft (BÖLW), Dr. Felix Prinz zu Löwenstein:
„Der Agrarpolitische Bericht 2019 macht deutlich: Die Sorgen der Bäuerinnen und Bauern, die Tausende auf die Straße treiben, hängen nur zum Teil mit der aktuellen wirtschaftlichen Situation zusammen. Vielmehr sind die Landwirtinnen und Landwirte verunsichert, mit welchen Anforderungen und Regelungen sie künftig rechnen müssen.
Mit der Reform der EU-Agrarpolitik, dem Insektenschutzprogramm oder der Düngeverordnung stehen Veränderungen an, die einen sehr konkreten Hintergrund haben: Die Klimakrise, das Artensterben oder verschmutzte Gewässer und eine abnehmende Bodenfruchtbarkeit sind für uns alle, besonders aber für die Landwirtschaft selbst, existentiell bedeutsam. Auch wenn die Ursachen für diese Krisen mannigfaltig sind, so muss die Landwirtschaft als wichtigster Nutzer der Fläche doch einen entscheidenden Beitrag zu Krisen-Bewältigung leisten. Klar ist, dass die Betriebe aktuell sehr unterschiedlich dazu beitragen, unsere Ressourcen zu schützen – ebenso wie es auch nur ein Teil der Betriebe ist, der Wasser oder Böden durch problematische Praktiken schädigt.
Die Bäuerinnen und Bauern müssen zeigen, wie genau sie sich ihre Beiträge zur Lösung der drängenden Probleme vorstellen.
Es ist erfreulich, wenn die Politik der Landwirtschaft Angebote zum Dialog macht. Aber in Wirklichkeit kann die Landwirtschaft den Ausweg aus der eigenen Verunsicherung nicht finden, wenn sie von der Politik Anweisungen erwartet, wohin die Reise geht. Vielmehr müsste der Berufsstand selbst ein mutiges Bild für eine neue Landwirtschaft und Ernährung der Zukunft entwerfen. Die Bäuerinnen und Bauern müssen zeigen, wie genau sie sich ihre Beiträge zur Lösung der drängenden Probleme vorstellen. Nur so kann die Landwirtschaft eine gestaltende Rolle für ihre eigene Zukunft einnehmen. Und nur auf dieser Grundlage können Landwirtinnen und Landwirte mit Politik und Gesellschaft aushandeln, wer welchen Beitrag zu den Veränderungen und ihrer Finanzierung leisten muss.
Selbstverständlich erspart das der Politik nicht, ihrerseits Rahmenbedingen zu schaffen, die diese Aufgabe nicht zusätzlich erschweren sondern fördern. Besonders wichtig ist eine zukunftsfähige Reform der EU-Agrarpolitik. Mit den Milliarden Euro Fördergeldern müssen endlich Bauern dafür honoriert werden, wenn sie konkrete Leistungen für Klima-, Umwelt- und Tierschutz erbringen anstatt das Geld fast pauschal für Flächenbesitz auszubezahlen. Für den Handel mit Lebensmitteln und Agrarprodukten ist wichtig, dass im Rahmen von Abkommen wie Mercosur ökogische Standards verbindlich festgeschrieben werden, um Umweltdumping zu verhindern.“
Hinweis der Redaktion: Gastkommentare geben nicht in allen Bereichen die Meinung der Redaktion wieder. Wir veröffentlichen sie dann, wenn wir sie für einen interessanten Diskussionsbeitrag zur Weiterentwicklung der Landwirtschaft halten.