Der Kompromiss zur kommenden Agrarreform fällt aus Sicht der Landesvereinigung Ökologischer Landbau Niedersachsen (LÖN) sehr enttäuschend aus. Ihre Vertreter fordern daher von den zuständigen Ministerien in Niedersachsen, eine wirkliche Agrarwende voranzutreiben.
Verbände des Öko-Landbaus, aber auch wissenschaftliche Institute wie die Nationale Wissenschaftsakademie Leopoldina, hatten zuvor ein Umdenken gefordert. Statt die Auszahlung der Mittel wie bisher fast ausschließlich an die Flächen eines Betriebes zu koppeln, hatten sie vorgeschlagen, die Vergabe vermehrt an ökologische und gesellschaftliche Leistungen zu knüpfen.
Mit dem vorgelegten Kompromiss bleibt nach Ansicht der LÖN der Systemwechsel aus. Der überwiegende Teil der Mittel werde weiterhin an die Flächengrößen gebunden, die ökologischen Auflagen seien auf einem sehr niedrigen Niveau. Eine weitergehende Förderung für den Öko-Landbau bleibe ebenfalls aus. Dementsprechend groß ist laut der Landesvereinigung die Enttäuschung in dessen Reihen.
„Wir sind mehr als enttäuscht. Angesichts der Strategien aus Brüssel, in denen jeweils eine Neuausrichtung der Agrarförderung thematisiert wird, ist es völlig unverständlich, dass es jetzt ein „Weiter so“ geben soll“, sagte Dr. Yuki Henselek, geschäftsführendes Vorstandsmitglied der LÖN.
Die Erwartungen von Henselek und ihrem Vorstandskollegen Andreas Jessen richteten sich nun an das Land Niedersachsen. Jessen: „Im Zusammenhang mit dem „niedersächsischen Weg“ sind wir auf Landesebene dabei, eine zukunftsfähige Landwirtschaft zu etablieren. Wir appellieren nun dringend an Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast und Umweltminister Lies, den Worten auch Taten folgen zu lassen. Die Länder haben die Möglichkeit, nachzubessern und die Vorgaben aus Brüssel anzupassen. Niedersachsen muss nun handeln. Wenn der „niedersächsische Weg“ nicht nur eine Worthülse sein soll, muss das Land Ergebnisse vorweisen.“
Aus Sicht des LÖN-Vorstands muss es auch das Ziel der neuen GAP sein, Bauern für besondere gesellschaftliche Leistungen zu entlohnen, die vom Markt bisher nicht honoriert werden: Schutz von Wasser und Boden, eine Stärkung der Artenvielfalt, artgerechte Tierhaltung. Das Prinzip „öffentliches Geld für öffentliche Leistungen“ sollte eine höhere Priorität haben. Dr. Yuki Henselek: „Jeder Euro Steuergeld muss deutlich steuern – und zwar in Richtung Nachhaltigkeit. Das Land Niedersachsen muss trotz der Ergebnisse aus Brüssel Farbe bekennen und zeigen, dass es ihm ernst ist mit dem „niedersächsischen Weg“.“
GAP-Reform: Der Trilog beginnt
Nach den Abstimmungen über die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) müssen sich nun noch die EU-Mitgliedstaaten, das Europaparlament und die Europäische Kommission einig werden. Die erste Sitzung des Trilogs ist für kommenden Dienstag, 10. November, in Brüssel anberaumt.
Berichterstatter Peter Jahr (CDU) möchte möglichst schon auf der ersten Sitzung die großen Kontroversen zumindest benennen, berichtet aiz.info. Dazu gehört vor allem die Grüne Architektur. Die EU-Mitgliedstaaten und die Europaabgeordneten müssen sich über die Bedeutung der Eco-Schemes und über die Grundanforderungen an die Direktzahlungen (Konditionalität) verständigen. Es besteht der Wunsch, zumindest Eckpunkte für die Grüne Architektur noch unter deutscher EU-Ratspräsidentschaft vor dem Jahresende festzulegen. Unter portugiesischer Leitung soll es im Trilog im kommenden Jahr weitergehen. Eine politische Einigung über die GAP-Reform könnte im Frühjahr erzielt werden, um sie auch formell noch im ersten Halbjahr 2021 abzuschließen, so aiz.info.