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topplus Ackerbau im Klimawandel

Wie Sie Ihren Ackerbau an den Klimawandel anpassen

Angesichts zunehmender Trockenheit und Wasserknappheit braucht es andere, neue Wege im Ackerbau, um dem Klimawandel gerecht zu werden.

Lesezeit: 9 Minuten

Unser Autor: Hans Gnauer, Ackerbauer, Obmann-­Stellvertreter Verein Boden.Leben und Pflanzen­bauberater LK Niederösterreich

Heuer jagt schon im Frühjahr ein Temperaturrekord den anderen. Vor allem im Osten blieben die Niederschläge aus, manchmal wochenlang, erst im April hat sich das Bild etwas geändert. Die letzten Jahre haben weiters gezeigt: Oft kommt Regen wolkenbruchartig in kurzer Zeit und verursacht massive Erosion. Im Winter 2021/22 gab es z. B. riesige Staubstürme aus bester Ackererde im Weinviertel.

Schnell gelesen

So, wie wir Landwirtschaft bisher betrieben haben, geht es wegen des zunehmenden Wassermangels oft nicht mehr.

Wir müssen Maßnahmen setzen, um das Wasser am Feld zu halten. Dazu zählt, Böden immer bedeckt zu halten.

Weiters laufen gute Direktsaaten oft besser auf. Sie sind mit Kapillarwasser besser versorgt als herkömmliche Saaten.

Auch Regenwürmer und Pilze tragen zu einer besseren Wasserversorgung im Boden bei. Es gilt, diese so gut als möglich zu fördern.

Durch diese aufbauende Bewirtschaftungsweise sind die Humusgehalte auch deutlich höher, speziell bei leichteren ­Böden.

Das Wasser am Feld halten

Hitze im Sommer oder mittlerweile auch im Frühjahr bzw. Herbst ist schon fast selbstverständlich. Die Grundwasservorräte schwinden, manche Brunnen und kleine Bäche trocknen aus. Und ganz massiv betroffen davon ist unsere landwirtschaftliche Produktion. So, wie wir Landwirtschaft bisher betrieben haben, funktioniert es oft nicht mehr. Dabei haben wir es aber selber in der Hand, durch Bewirtschaftungsmaßnahmen das Wasser am Feld zu halten, zu speichern und sogar Wasser zu ernten!

Dazu zählt, dass die Böden immer bedeckt gehalten werden sollten! Sei es durch Ernterückstände über kürzere Zeiträume bis zur nächsten Hauptkultur oder die Etablierung von Zwischenfrüchten. Ein offener Boden verliert Wasser und ist Wind, Wasser und Sonne schutzlos ausgeliefert. Natürlich brauchen Pflanzen auch Wasser zum Wachsen. Aber sie bilden dabei einen Wasserkreislauf. Über die Verdunstung in den Blättern gelangt Wasser aus dem Boden in die Luft (und irgendwann bilden sich dadurch auch Wolken).

Dabei wird durch die Verdunstung der Luft Wärme entzogen und die Umgebungstemperatur herabgesetzt. An den Blättern bildet sich aber auch Tau, der abläuft und der Pflanze zur Verfügung steht. Daneben geben Pflanzen Kohlenstoff in Form von Zuckerverbindungen in den Boden ab. Das wiederum ernährt das Bodenleben und verbessert nebenbei die Ertragskraft der Böden. Und auch die Pflanzen selbst stehen am Ende ihres Lebens als Nahrung für das Bodenleben zur Verfügung, das selbst irgendwann als Nahrung für eine neue Pflanze dient. Ein ewiger Kreislauf.

Mit Zwischenfrüchten „Wasser ernten“

Nach der Ernte ist Eile geboten. Denn bereits wenige Tage nach der Ernte muss die Zwischenfrucht im Boden sein. Das ist deshalb nötig, um dem Ausfallgetreide und Unkraut keine Chance zu geben. Dazu ist eine ausgewogene Mischung an Arten nötig. Einige Zwischenfrüchte wachsen sehr schnell und decken rasch ab, wie Buchweizen, Senf, Öllein sowie Kresse. Andere Arten sind langsamer und brauchen mehr Zeit, um sich zu entwickeln.

„Direktsaat heißt oft mehr Geduld als konventionell.“
Hans Gnauer

Vor allem Leguminosen übernehmen später das Kommando, wenn die schnell wachsenden Arten nachlassen. Sie sind regelrechte Kraftwerke, wenn es um Humusaufbau und Stickstoff­fixierung geht. Derartige Zwischenfruchtmischungen sind in der Lage, je nach Entwicklung zwischen 50 bis 100 kg Stickstoff für die nachfolgende Kultur zu hinterlassen. Das zeigen Untersuchungen der Bioforschung Austria.

Untersuchungen von Gernot Bodner von der BOKU am Standort der Fachschule Hollabrunn zeigen, dass die Bodenwassergehalte unter Zwischenfrüchten wie auch unter Schwarzbrachen zwar schwanken. Aber am Ende sind zu Saatbeginn zumindest die gleichen Gehalte im Boden vorrätig, oft sogar mehr! Zwischenfrüchte sammeln nicht nur den wenigen Schnee im Winter, sondern sie sammeln auch bei Nebel große Mengen Tau.

Berufskollegen bringen oft als Argument gegen Zwischenfrüchte, dass es im Frühjahr unter der Zwischenfrucht immer feuchter ist und man da nicht so gut arbeiten kann. Sollte uns das nicht zu denken geben? Genau hier heißt es, mit geeigneten Maßnahmen weiterzuarbeiten, um die Feuchtigkeit im Boden zu behalten. Unsere „Wasserernte“ geht weiter!

Wasser „konservieren“

Natürlich bedeutet Direktsaat mehr Geduld, bis der richtige Zeitpunkt gegeben ist. Es soll nicht zu feucht sein, aber auch nicht zu trocken. Und auch die Anforderungen an die Technik sind komplexer und aufwendiger, meist auch teurer. Dabei können natürlich viele Fehler passieren, deutlich mehr als bei herkömmlicher Saat.

Doch wir im Verein Boden.Leben ( www.bodenistleben.at ) geben alle Infos weiter, um diese Fehler zu vermeiden. Aber eine gut durchgeführte Direktsaat läuft üblicherweise besser auf und ist mit Kapillarwasser besser versorgt als herkömmliche Saaten. Und gerade der Start ins Leben einer neuen Pflanze schafft bei herkömmlichen Systemen immer mehr Probleme.

In Direktsaaten schützen zudem die Reste der alten Zwischenfrucht oder vorigen Hauptkultur die jungen Pflanzen vor Wind und Wetter. Kommt nun Starkregen, kann das Wasser durch vorhandene Poren und Regenwurmröhren im Boden besser infiltrieren, währenddessen es von herkömmlichen Flächen ablaufen kann und Erosion verursacht.

Sehr deutlich wird das bei wissenschaftlichen Zahlen, welche unser Projekt Boden.Pioniere mittlerweile liefert. Dabei wird eine aufbauende Bewirtschaftungsweise mit der herkömmlichen verglichen sowie eine natürliche Referenzfläche (Wiese, Grünstreifen) in unmittelbarer Nähe beprobt und ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass bei aufbauenden Bewirtschaftungsweisen der Anteil der sogenannten Mittelporen im Boden deutlich höher ist als bei herkömmlicher Bewirtschaftung.

Und genau diese Mittelporen sind für die Wasserspeicherung im Boden wichtig. Daraus resultiert, dass so bewirtschaftete Böden bis zu knapp 20 % mehr Wasser speichern können als bei herkömmlicher Bewirtschaftung. Es zeigte sich noch, dass die Humusgehalte im Mittel um knapp 20 % höher waren, speziell bei leichteren Böden. Die besten 25 % wiesen sogar bis zu 65 % mehr Humus auf.

Und auch der Anteil des sogenannten „leicht verfügbaren Kohlenstoffs“, der ursächlich von Pflanzenwurzeln stammt, war mit durchschnittlich 31 % signifikant höher bei den Pionierflächen. Darüber hinaus weisen so bewirtschaftete Böden eine wesentlich höhere Aggregatstabilität auf, im Mittel um ca. 14 %, die Top 25 % bis zu 65 %.

Im Klartext bedeutet das, dass der Boden besser zusammenhält und wesentlich widerstandsfähiger ist gegenüber jedweder Erosion. Hinzu kommt noch, dass die mikrobielle Biomasse um ca. 35 % im Mittel höher war, die Top 25 % sogar um 48 %. Und natürlich ist auch die Infiltrationsrate, also wie schnell Wasser in den Boden einsickern kann, stark verbessert.

Auch Regenwürmer sind „Wasserbringer“

Dies ist auch der höheren Anzahl an Regenwürmern in aufbauenden Systemen zu verdanken. Durch vertikal grabende Arten gelangt es besser in den Boden. Durch horizontal grabende Arten, die sich an den anderen Arten orientieren und ihre Gänge vernetzen, gelangt es seitlich gut zu den Pflanzenwurzeln. Es gibt mittlerweile zahlreiche wissenschaftliche Studien, die belegen, dass Pflanzen mit Regenwürmern besser wachsen und mehr Ertrag liefern als ohne.

Das liegt nicht zuletzt an dem organischen Dünger, den die Tiere hinterlassen. Und Regenwürmer fördert man am besten durch Futter in Form von Zwischenfrüchten und Ernterückständen an der Bodenoberfläche. Und natür­lich so wenig wie möglich Bodenbearbeitung bzw. so schonend wie mög­lich. So ist der seichte Einsatz einer Scheibenegge einfacher zu verkraften für die Würmer als ein tiefer Grubberstrich, der die Röhren zerstört, in denen sie leben.

Besonders problematisch ist daher für Regenwürmer der Pflug. Er entzieht einerseits die Nahrung an der Oberfläche und zerstört auch den Lebensraum der Tiere. Versuche der BOKU belegen, dass ausgesetzte Würmer auf Boden mit Scheibenegge oder Grubber noch relativ rasch in den Boden eindringen. Beim Pflug war dies nicht mehr möglich.

Das leisten Pilze für Pflanzen

Auch Pilze haben Probleme mit Bodenbearbeitung. Sie werden dabei durchtrennt und können sich nicht mehr gut entwickeln. Dabei sind auch Pilze wichtig, um Pflanzen mit Wasser und Nährstoffen zu versorgen. Mykorrhiza- Pilze liefern den meisten Kulturpflanzen Wasser und Nährstoffe und erhalten dafür im Gegenzug Zuckerverbindungen von der Pflanze.

Gut mit Mykorrhiza besiedelte Pflanzen vergrößern die Wurzelreichweite der Pflanzen locker um das 2- bis 3-Fache. Sie liefern Wasser, an das die Pflanze allein gar nicht gekommen wäre. Das Wichtigste, um Mykorrhiza Pilze im Boden zu fördern, sind grüne Pflanzen. Denn so bekommen die Pilze ihre Nahrung und können sich später vermehren.

Fairerweise muss man sagen, dass Pilze auch Dünger und Pflanzenschutz nicht gut vertragen, aber immer noch besser damit leben können als mit zu viel Bodenbearbeitung. Bei der Anpassung an den Klimawandel sind sie aber unverzichtbar!

Hier dreht sich alles um Bodenfruchtbarkeit

Nur mehr knapp ein Monat bis zur heuer wohl wichtigsten Fachveranstaltung für Bodenfruchtbarkeit und Bodenaufbau im deutschsprachigen Raum: Vom 4. bis 6. Juni 2024 findet am Betrieb der Familie Zauner in 3382 Umbach die Soil Evolution 2024 statt.

Egal, ob Sie Ihren Betrieb in Mulch- oder Direktsaat führen – bei uns steht der ökologische Gedanke im Vordergrund. Wir möchten Bodenleben fördern, Humus aufbauen und die Bedeutung des Bodens in den Fokus stellen, meint Lorenz Mayr, Obmann des österreichischen Veranstalters, dem Verein Boden.Leben. Weitere Veranstalter sind die Gesellschaft für konservierende Bodenbearbeitung GKB aus Deutschland und „Swiss no Till“ in der Schweiz. Neben anders gedachten Düngungs- und Pflanzenschutzkonzepten erwarten Sie viele Informationen zu Fruchtfolgen, Zwischenfrüchten, Begleitpflanzen, Mischkulturen, Untersaaten und vieles andere mehr. Kurz, alles was den Boden fruchtbarer macht, ­damit er Nässe und Trockenheit zum Trotz stabile Erträge möglich macht.

Hier können Sie Tickets buchen: www.soilevolution.com/tickets 

Mit Hecken mehr ­Wasser

Wir wissen alle, dass direkt neben einer Hecke oder einer Windschutzanlage die ersten Meter nur wenig bis gar nichts Erntbares wächst. Wissen wir aber auch, dass die Effekte einer Hecke in weiterer Entfernung zu mehr Wasser führen? Der Wind wird gebremst, Tau bildet sich am Abend früher und bleibt länger am Morgen im Bestand. In Summe führt das nach den Untersuchungen der Bioforschung Austria dazu, dass die Erträge trotzdem um 7 bis 8 % steigen.

Die positive Wirkung der Hecke reicht in etwa auf die 20-fache Länge der Höhe der Hecke. Also eine Hecke mit 15 m Höhe hat eine positive Wirkung auf etwa 300 m in Windrichtung. Zudem kühlt eine Hecke durch die Verdunstung von Wasser die Umgebung und sorgt für eine Abmilderung der Hitze und für einen kleinen regionalen Wasserkreislauf.

Zudem kann man bei bekannten Erosionsabläufen gezielt Elemente in einer Hecke integrieren, die diese verhindern helfen und Wasser zurückhalten. Nebenbei hilft eine Hecke auch der Biodiversität, Wildtieren und Nützlingen massiv, einen geeigneten Lebensraum und Futterquellen zu finden.

Festzuhalten bleibt: Auch wenn es ab und an dann doch regnet, so ändert es nichts an der Grundtendenz, dass es wärmer wird und Trockenphasen zunehmen. Die geschilderten Maßnahmen mildern die negativen Auswirkungen von Hitze und Trockenheit. Sie sind kein Allheilmittel und ersetzen auch nicht den Regen oder Bewässerung. Aber sie helfen den Pflanzen, diese Hitze und Trockenperioden besser zu überstehen.

Die Prozesse zum Aufbau einer resilienten Bodenstruktur dauern viele Jahre. Jahre, in denen es auch Rückschläge geben kann und wird. Trotzdem gilt es, diesen Weg einzuschlagen. Er ist alternativlos angesichts der vorhergesagten Klimaszenarien. Beginnen wir daher besser heute als morgen damit!

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