Unser Autor: DI Klemens Mechtler (AGES Wien)
Ähnlich wie bei Körnermais zählt das Abreifeverhalten auch bei Sojabohne zu den wichtigsten Kriterien für die Sortenwahl. In feuchteren Lagen sind weiters die Standfestigkeit und Sclerotinia-Anfälligkeit relevant. Im Trockengebiet ist eine zumindest mittlere Wuchshöhe günstig, bei kurzwüchsigen Züchtungen sitzen die ersten Hülsen häufig zu nah am Boden. Ernteverluste sind dann oft die Folge.
Schnelleres Jugendwachstum
Die neuen Sorten begegnen den klimabedingt zunehmenden Herausforderungen mit raschem Jugendwachstum, besserer Standfestigkeit und einer günstigen Kombination von Abreifeverhalten und Ertragspotenzial. Aus 35-jährigen Versuchsdaten der AGES-Sortenwertprüfungen lässt sich ein mittlerer Zuchtfortschritt im Kornertrag von 53 kg/ha und Jahr bei den 000-Sorten und von 44 kg/ha und Jahr bei den 00-Sorten ableiten.
Knapp 40% der Sojaanbaus liegen in Österreich auf biologisch bewirtschafteten Flächen. Dafür ist vor allem ein rasches Jugendwachstum und eine ausreichende Wuchshöhe günstig.
Für die Speisesojaproduktion empfehlen sich hellnabelige Sorten mit hohem Proteingehalt, großem Korn, geringer Neigung zu Samenflecken und wiederum einer guten Standfestigkeit, damit das Erntegut möglichst frei von Erd- und Staubteile bleibt.
Damit das genetische Potenzial der Sorten sich auch im Praxisanbau entfalten kann, benötigt es einwandfreies Saatgut, die Ablage auf den Feuchtigkeitshorizont bei einer ausreichenden Bodentemperatur (nicht zu früh aussäen) und einen geringen Unkrautdruck. Originalsaatgut wurde auf Reinheit, Keimfähigkeit und Sortenechtheit geprüft.
Die aktuelle Verfügbarkeit von Bio-Saatgut kann unter folgendem Link eingesehen werden: www.ages.at
Die Ergebnisse aus den amtlichen Sortenwertprüfungen werden bei Sojabohne getrennt nach den Reifegruppen 000, 00 und 0/I in den Anbauregionen wie in den Tabellen und Grafiken ausgewiesen. 000-Sorten sind im Südosten und in Kärnten eher für ungünstigere Standorte wie Nordhänge oder höher gelegene Flächen in Betracht zu ziehen. Die gebietsweise unterschiedlichen Ertragsniveaus der Standardmittel sind beim Vergleich über die Anbaugebiete und Reifegruppen hinweg zu beachten.
Innerhalb einer Reifegruppe variiert die Reifezeit zwischen den Sorten etwa sieben bis neun Tage. In der Sortenbeschreibung wird daher eine Reifeeinstufung auch noch innerhalb der jeweiligen Reifegruppe (Spalte Reife in Übersicht1) vorgenommen.
Im Dezember 2024 wurden 10 Sojabohnensorten aus drei Reifegruppen neu registriert, die nahezu alle eine rasche Jugendentwicklung und gute oder zumindest mittelgute Standfestigkeit aufweisen.
Die Neuzulassungen im Dezember 2024:
000-Reifegruppe:
Die hellnabelige Aforia mit starkem Jugendwachstum, mittelguter Standfestigkeit und mittlerer Wuchshöhe zeigt ausgewogene Krankheitseigenschaften. Aforia erreichte sowohl im Alpenvorland wie in den südlichen Anbaulagen deutliche Vorteile im Korn- Protein und Ölertrag. Ihr Proteingehalt ist mittel.
Aniella mit dunklem Nabel und mittelraschem Jugendwachstum reift als eine eher späte 000-Sorte (Reifenote 4) ähnlich ab wie Adelfia oder Kombino. Die mittelhohe, gut standfeste Aniella wird von Krankheiten wenig befallen. Starke Mehrleistungen von 7 bis 9% sind in allen Ertragsmerkmalen und in beiden Anbaugebieten gegeben. Protein- und Ölgehalt sind mittel ausgeprägt.
Die hellnabelige, sehr raschwüchsige Azolia steht als späte 000-Sorte bereits am Übergang zur 00-Reifegruppe, so wie Acardia oder Ancagua. Bei mittlerem Wuchs und ausgezeichneter Standfestigkeit ist Azolia bis auf die mittlere Sclerotinia-Anfälligkeit zudem eine recht gesunde Sorte. Ihre Korn- und Proteinerträge lagen überall sehr deutlich über dem Standard, auch Acardia oder Ancagua wurden übertroffen.
00-Reifegruppe
Die raschwüchsige Astronomix mit gelbem Nabel reift als frühe 00-Sorten (Reifenote 5) wie Annabella, P005A74 oder Simpol ab. Die mittelhohe, gut standfeste und sehr großkörnige Astronomix zeigte Ertragsvorteile besonders im Alpenvorland und in den südlichen Anbaulagen, weniger im Trockengebiet. Eine Nutzung als Speisesoja erscheint interessant da dafür mit dem hellen Nabel, der Großkörnigkeit, den hohen Proteinerträgen, der Standfestigkeit und der geringen Neigung zu Samenflecken wichtige Voraussetzungen erfüllt sind.
Die dunkelnabelige, sehr raschwüchsige GL Dori zeigt eine ähnliche Abreife wie Astronomix. Die hochwüchsige Sorte ist mittelgut standfest. GL Dori überzeugte ertraglich im Trockengebiet, vor allem im trockenheißen Sommer 2024, bei mittleren Leistungen im Alpenvorland und in Südostösterreich.
Die hellnabelige Magma mit sehr starkem Jugendwachstum ist eine frühe 00-Sorte (Reifenote 5). Standfestigkeit und Krankheitstoleranzen sind gut bis mittel ausgeprägt. Magma kombiniert leicht unterdurchschnittliche Kornerträge mit sehr hohem bis hohem Proteingehalt (+3,3%) und relevanten Vorteilen im Proteinertrag (+12 bzw. +13%) im Trockengebiet und im Südostösterreich. Mit ihrem Eigenschaftsprofil empfiehlt sich Magma für die Verwertung als Speisesoja.
GL Kosima, mit dunklem Nabel und raschem Wuchs, reift als 00-Sorte (Reifenote 6) ähnlich ab wie z.B. Alvesta oder Sonali. Die mittellange, ausgezeichnet standfeste und gesunde Sorte bewährte sich im Trockengebiet bei ansonsten mittleren Ertragsleistungen.
Kingston mit hellbraunem Nabel und raschem Reihenschluss ist eine späte 00-Sorte (Reifenote 6) ähnlich wie z.B. Altona oder Atacama. Die eher kurzwüchsige Sorte verfügt über eine gute Standfestigkeit und ausreichende Krankheitstoleranzen. Samenflecken können stärker auftreten. Kingston erbrachte hohe bis sehr hohe Kornerträge und sehr hohe Proteinerträge im Trockengebiet sowie in Südostösterreich.
Lady PZO, grauer Nabel, raschwüchsig, steht in ihrem Abreifeverhalten bereits am Übergang zur 0-Reifegruppe. Die hochwüchsige Sorte besitzt eine mittlere Standfestigkeit und günstige Krankheitstoleranzen. Ihre guten Korn- und Proteinerträge lagen in allen drei Anbauregionen meist deutlich über dem Standardmittel bei mittleren Protein- und Ölgehalten. Die Sorte ist sehr großkörnig.
0-Reifegruppe
Die spätreifende Allumia (Reifenote 8) blüht weiß, ist hellnabelig und raschwüchsig. Die mittellange Sorte ist mittelgut standfest und weist gute Krankheitseigenschaften auf. Allumia erbrachte verlässlich sehr hohe Korn- und Proteinerträge in den Trockenlagen. In den südöstlichen Anbaulagen blieb sie ertraglich leicht unter dem Standardmittel. Mit dem mittelhohem Proteingehalt sind die Vorteile im Proteinertrag sehr deutlich ausgeprägt.
Ähnlich spät reift RGT Sicilia mit schwarzem Nabel. Die hochwachsende Sorte ist mittelgut standfest (Reifenote 8) und entspricht in den Krankheitseigenschaften. RGT Sicilia erbrachte gute Kornerträge im Trockengebiet bei schwächeren Leistungen in Südostösterreich. Als proteinbetonte Sorte überzeugte sie im Proteinertrag in beiden Anbaulagen, besonders aber in den Trockenlagen.
Aktuelle Sorten
Unter den bestehenden frühen 000-Sorten kombiniert die raschwüchsige Arietta (Reifenote 2) Reifezeit und Ertragspotenzial in besonderer Weise. Trotz früherer Reife übertrifft sie Aurelina oder Noa im Kornertrag. Obelix zeichnet sich durch gute Standfestigkeit aus. Abaca und Paprika sind raschwüchsige, früher reifende und ertragreiche Züchtungen. Paprika (bereits Reifenote 3) ist zudem sehr gut standfest.
Aurelina (Reifenote 3), länger im Wuchs, mittelgut standfest und mit hohem Proteingehalt, erreicht im 000-Anbaugebiet knapp mittlere Kornerträge aber überdurchschnittliche Proteinerträge. Akumara ist raschwüchsig, kurzwüchsig und gut standfest, entspricht ertraglich im Alpenvorland und in den südlichen Sojagebieten. Noa ist ebenso raschwüchsig, von mittlerem Wuchs, gut standfest, aber anfälliger für Bakteriosen (Fruchtfolge einhalten). Ertraglich blieb Noa knapp unter dem Standardmittel.
Ein mannigfaltiges Sortenangebot besteht bei den späten 000-Sorten mit Reifenote 4: Die kurzwüchsige Axioma ist sehr standfest, sehr kleinkörnig und bringt mittlere Kornerträge. Kombino, erst im Frühjahr 2024 gelistet, mit guter Standfestigkeit und hohem Ölgehalt entspricht ertraglich im Alpenvorland. Acardia, Adelfia, Ancagua, Appolina und Ascada sind raschwüchsig, bis auf Ascada zumindest mittelgut standfest und zeigen deutliche Mehrerträge im Alpenvorland und in Südostösterreich und Kärnten. Adelfia ist kurzwüchsig und gut standfest, Acardia und Ascada weisen hohe Öl- aber niedrige Proteingehalte auf.
Im mittelfrühen Sortensegment realisierte die raschwüchsige, ausreichend standfeste Annabella (Reifenote 5) leicht überdurchschnittliche Korn- und Proteinerträge in allen drei 00-Anbauregionen. P005A74, hellnabelig, raschwüchsig und gut standfest, bringt knapp mittlere Korn- und Proteinerträge im Alpenvorland und in den südlichen Anbaulagen. Simpol mit mittlerer Wuchshöhe entspricht ertraglich im Trockengebiet und bei ihrer geringen Lagerneigung auch im Alpenvorland. Die hellnabelige Prolix ist eine der wenigen Sorten mit reduzierter Trypsininhibitoraktivität in Kombination mit hohem Proteingehalt, niedrigem Ölgehalt, wenig Samenflecken und guter Standfestigkeit.
Im 00-Sortiment kommen Jenny, Hola, Lenka, Prolix oder RGT Siroca für die Speisesojaproduktion in Frage.
Algebra, Altona, Alvesta, Atacama, Australia und die weißblühende Sonali (alle mit Reifenote 6) überzeugen ertraglich in allen drei 00-Anbaugebieten, Sonali vor allem im Alpenvorland. Delphi PZO und Orakel PZO, beide sehr hochwüchsig, mittel standfest, und mittelstark anfällig für Sclerotinia, zeigten im Trockengebiet und im Alpenvorland deutliche Mehrerträge.
In der späten Reifegruppe der 0-Sorten reifen Cypress und Kristian noch vor Artesia, DH4173, Ezra oder GL Valerie. Diese Sortengruppe kommt im Hinblick auf eine rechtzeitige Abreife eher nur die ausgesprochenen Gunstlagen im Osten und Südosten Österreichs in Frage. Cypress und Kristian zeigten hier mittlere, Ezra leicht überdurchschnittliche Kornerträge. Artesia erbrachte überall ausgeprägte Mehrleistungen, ebenso die späte Ranka mit ihren noch besseren Ergebnissen in Südostösterreich. DH4173 überzeugte ertraglich vor allem im Trockengebiet, die späte Asitka passt eher in die südlichen Anbaugebiete. Unter den meist hochwüchsigen 0-Sorten sind Artesia, Cypress, GL Valerie oder Asitka gut standfest, während Ezra und Ranka eine höhere Lageranfälligkeit aufweisen. Höhere Proteingehalte weisen neben Allumia und RGT Sicilia auch Alameda und GL Valerie auf.