Rund 200 bäuerliche Familienbetriebe sind in Österreich in der Putenmast tätig. Die Existenz dieses Betriebszweigs stehe jetzt am Spiel: "Billigware aus dem Ausland mit wesentlich geringeren Produktionsstandards flutet die Regale im Handel. Dabei sind die Lebensmittel besonders im Großhandel schlecht gekennzeichnet. Wir fordern eine transparente Kennzeichnung der Herkunft im Regal und EU-weit einheitliche Haltungsstandards im Putenbereich“, erklärt Georg Strasser, Sprecher des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft im Parlament und Bauernbundpräsident.
Er und der Obmann der Geflügelwirtschaft Österreich Markus Lukaspräsentierten am Donnerstag die Resultate eines österreichweiten Regionalitäts-Checks beiPutenfleisch, der im November 2022 im Lebensmitteleinzelhandels (LEH) sowie imGroßhandel stattfand. „Die Ergebnisse lassen zu wünschen übrig. Besonders beimGroßhandel ist es gut, dass wir genauer hinschauen: Im Frischfleisch-Bereich sindnur 8% des Sortiments aus Österreich – da ist sehr viel Luft nach oben", kritisiert Strasser. Nochschlimmer sei es bei den verarbeiteten Produkten: Bei vier von fünf Lebensmittelnbleiben die Konsumenten über die Herkunft im Unklaren.
Mehr heimische Ware im Lebensmitteleinzelhandel
Ein besseres Bild gibt der Lebensmitteleinzelhandel ab: 60% des Frischfleisches und 80% der verarbeiteten Produkte sind aus Österreich, die meisten mit dem AMA-Gütesiegel versehen, das einen eindeutigen Rückschluss auf die Herkunft zulässt. „Was aber auffällt: Der Eigenmarken-Anteil der Supermärkte ist mit fast 50% sehr hoch. Das bedeutet in der Regel höhere Gewinnspannen für die Konzerne
und weniger Erlös für Verarbeiter und Landwirte“, gibt Strasser zu bedenken.
Österreich hat weitaus höhere Haltungsstandards im Putenbereich als es die Europäische Union vorgibt. „Wir haben schon seit längerer Zeit strengere Kriterien“, führt Lukas aus. „Die Besatzdichte liegt bei 40kg/m2 , während der Wert EU-weit mit 70kg/m2 fast doppelt so hoch ist. Die flächengebundene Wirtschaftsweise ermöglicht es, die Futtermittel weitgehend selbst am Betrieb zu produzieren und so viel klimafreundlicher zu arbeiten. Seit 20 Jahren setzen wir uns branchenübergreifend für Tierwohl und Nachhaltigkeit ein.“
Einheitliche Standards in Europa gefordert
Strasser und Lukas sehen die österreichische Pute als Erfolgsmodell, das am freien Markt allerdings Schwierigkeiten hat. „Wir appellieren an die Fairness aller Akteure entlang der Wertschöpfungskette und fordern den Handel auf, endlich für volle Transparenz im Regal zu sorgen. Außerdem braucht es EU-weit einheitliche Haltungsstandards. Wir fordern für Putenfleisch aus dem EU-Ausland, das in Österreich verkauft wird, dieselben Qualitätsmerkmale wie für österreichisches Putenfleisch. Nur so können wir die Ansprüche der Gesellschaft erfüllen, faire Preise für die kleinstrukturierte österreichische Landwirtschaft erzielen und langfristig für Nachhaltigkeit und Tierwohl im Putenbereich sorgen“, erklären Strasser und Lukas abschließend.