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Maximilian Wohlfarth hat im Ackerbau ein System für sich entwickelt, mit dem er sich auf die zunehmenden Herausforderungen durch den Klimawandel einstellt.
Die Direktsaat reduziert die Bodenbearbeitung und schützt die Bodenstruktur nachhaltig. Vorhandene Feuchtigkeit wird optimal genutzt.
Zwischenfrüchte erhöhen die Biodiversität und verbessern die Bodenfruchtbarkeit.
Die Cultandüngung sorgt für präzise Nährstoffverfügbarkeit bei den Wurzeln.
Auch im Pflanzenschutz geht er manche neuen Wege. So setzt er zur Schädlingsbekämpfung einen innovativen Mäusepflug ein.
Maximilian Wohlfarth war schon immer ein Querdenker. Seitdem er den Betrieb mit insgesamt 120 ha Acker und Wald bewirtschaftet, geht er ganz eigene Wege im Ackerbau. Sein Ziel ist es, den Herausforderungen des Klimawandels mit einem effizienten Ackerbausystem zu begegnen, das traditionelle Methoden mit modernen Technologien verbindet. Das Zauberwort dabei lautet für Wohlfarth „Wasserkonservierung“.
Um diese zu erreichen, basiert seine Strategie im Ackerbau im Prinzip auf drei Säulen: Der Direktsaat, der Cultandüngung und der cleveren Nutzung von Zwischenfrüchten, um den Boden gesund und produktiv zu halten. Auch wenn so mancher über dieses System vielleicht die Nase rümpft, für Wohlfarth geht die Rechnung auf.
Kernelement Direktsaat
Eines der Kernelemente in Wohlfarths Ackerbausystem ist die Direktsaat. „Diese Methode schont nicht nur die wertvolle Bodenstruktur, sondern trägt auch zur Erhaltung der Bodenfeuchtigkeit bei – ein wichtiger Aspekt in Zeiten unvorhersagbarer Wetterveränderungen“, so der 30-jährige Landwirt. „Wir müssen Bodenbearbeitung so weit wie möglich vermeiden“, betont er.
Ein Ansatz, den er von seinem Großvater übernommen und kontinuierlich weiterentwickelt hat: „Mein Opa war der Erste in Mattersburg mit einem Drehpflug, und er war auch der Erste, der diesen bewusst nicht mehr einsetzte.“ Diese Philosophie der minimalen Bodenbearbeitung hat Wohlfarth weiterentwickelt und 2018 den Schritt zur Direktsaat gewagt.
„Wir sind von 0 auf 100 umgestiegen“, erklärt der Jungbauer. Wohlfarth nutzt aktuell eine Sky Easy Drill, eine 4 Meter-Direktsaatmaschine mit mehreren Tanks. Diese ermöglicht es ihm, verschiedene Saatgut- und Düngemischungen präzise auszubringen. Mit der Drillmaschine sät der Landwirt Getreide und sämtliche Zwischenfrüchte. Die Aussaat von Sojabohne hat Wohlfarth probiert, dafür ist sie seiner Erfahrung nach aber nicht geeignet.
Auch Experimente wagen
Beim Rapsanbau, mit dem er übrigens nach 20 Jahren Pause wieder angefangen hat, „weil ich einfach von der Pflanze selbst so begeistert bin“, wagt er auch Experimente. Er hat den Raps z. B. schon in 32 cm breiten Reihen mit der Sky angebaut und dazwischen Begleitpflanzen gesät. Solche Versuche helfen ihm, die optimalen Anbaumethoden für seine spezifischen Bedingungen zu finden. Aber Wohlfarth hat festgestellt, dass „dieses System allein von der Kulturführung her nie mit einem Einzelkornraps mithalten kann“.
Der Umstieg auf die Direktsaat brachte weitere Herausforderungen mit sich. „Es funktioniert nicht auf jeder Fläche“, gibt Wohlfarth zu. Besonders in nassen Jahren oder auf Flächen mit ungünstigen Bodenbedingungen muss er flexibel reagieren. In solchen Fällen greift er auf minimale Bodenbearbeitung zurück, um die Bodenstruktur zu verbessern, ohne die Vorteile der reduzierten Bearbeitung gänzlich aufzugeben.
Einen weiteren Aspekt führt Wohlfarth an: Bei unserem System mit der Sky müssen wir hoch dreschen, damit wir ohne Probleme anbauen können. Wohlfarth: „Bei kurz gehäckseltem Stroh haben wir das Problem mit Hairpinning. Dabei wird Stroh in die Drillreihe gedrückt, wodurch das Saatgut keinen optimalen Bodenschluss für die Keimung vorfindet. Dadurch kann ein lückiger Bestand entstehen, der Platz für Unkräuter schafft. Das Dilemma dabei: „Wenn ich das lange Stroh dann oben drauf ablege, dann habe ich zwar einen besseren Verdunstungsschutz, gleichzeitig biete ich den Mäusen aber zu viel Deckung.“
Zinkensämaschine geplant
Aktuell plant Wohlfarth den Kauf einer neuen Direktsaatmaschine mit Zinkensätechnik. Übers Internet ist er auf die Zinkensämaschine der Firma PLC aus der Nähe von Nancy in Frankreich gestoßen. Im Oktober 2024 hat er sich das Gerät mit einem Kollegen vor Ort angeschaut.
Die von zwei jungen Praktikern entwickelte Maschine ist durch verstellbare Zinken an unterschiedliche Bodenverhältnisse optimal angepasst. Die Zinken sind auf einem Parallelogramm aufgebaut, um eine optimale Positionierung des Saatguts zu gewährleisten. Was Wohlfarth ebenfalls gut gefällt ist die Tatsache, dass die Zinkensämaschine „selbst bei sehr hoch gewachsenen Zwischenfrüchten keine Probleme mit der Aussaat hat“.
Obwohl die Entwicklung der Sätechnik von PLC noch in den Kinderschuhen steckt, ist Wohlfarth von der Technik überzeugt. Er will die 4 m-Zinkensämaschine mit geteiltem 2.200 l-Fronttank mit integriertem Frontpacker gemeinsam mit Julian Köller anschaffen.
Mit Landwirt Köller, der in Zemendorf-Stöttera einen Ackerbau- und Putenmastbetrieb bewirtschaftet, arbeitet Wohlfarth schon längere Zeit in einer Maschinengemeinschaft zusammen. Jetzt planen sie, ihre bisherigen Sämaschinen durch ein gemeinsames Gerät zu ersetzen.
35 verschiedene Zwischenfrüchte werden eingesetzt
Neben der Direktsaat ist die Rolle der Zwischenfrüchte in Maximilian Wohlfarths System von herausragender Bedeutung. Er setzt über 35 verschiedene Arten ein, um die Fruchtbarkeit des Bodens zu verbessern und die Erosion zu minimieren.
„Die Bodenbedeckung auf jeden Fall“, nennt der innovative Landwirt als einen der Eckpunkte seiner klimaangepassten Landwirtschaft. Durch die Anreicherung des Humusgehaltes tragen Zwischenfrüchte auch dazu bei, den Boden widerstandsfähiger gegen extreme Wetterereignisse zu machen und bieten eine natürliche Form der Unkrautbekämpfung.
Wohlfarth experimentiert auch mit ungewöhnlichen Zwischenfruchtmischungen. So hat er in einem Versuch eine „Warm Season“-Mischung nach Raps ausgebracht. Dabei handelt es sich um Mischungen, die mit speziell abgestimmten Komponenten sehr warme Bedingungen gut tolerieren und über ein langes vegetatives Wachstum verfügen, was die Gefahr des Aussamens verringert. Eine Komponente in dieser Mischung war Sorghum, welches laut Wohlfarth eine Höhe von 1,50 m erreichte. Solche Experimente helfen ihm, die Grenzen des Möglichen auszuloten und neue Wege in der Bodenverbesserung zu finden.
Eine besondere Herausforderung stellt die Struktur von Wohlfarths Betrieb dar. Mit einer durchschnittlichen Schlaggröße von nur 0,93 Hektar muss er besonders effizient arbeiten. Diese kleinteilige Struktur erfordert ein hohes Maß an Präzision und Planung, bietet aber auch Vorteile in Bezug auf die Biodiversität und Resilienz gegenüber lokalen Wetterereignissen. Der Einsatz von GPS-Technologie hilft Wohlfarth, seine Flächen präzise zu bewirtschaften.
Vielseitige Fruchtfolge
Wohlfarths Fruchtfolge ist ein Musterbeispiel für Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. „Eine genaue Fruchtfolge in dem Sinne gibt es bei mir nicht“, erklärt er. „Wichtig ist für mich, dass Blatt- und Halmfrucht abwechseln, sowie Sommer- und Winterungen.“ Diese Flexibilität erlaubt es ihm, auf Marktbedingungen und klimatische Veränderungen schnell zu reagieren.
Die Zuckerrübe nimmt in Wohlfarths Rotation eine besondere Stellung ein. „Zuckerrübe steht bei mir als Erstes, weil ich diese Kultur nicht auf jeder Fläche anbauen kann“, erläutert er. Um den Boden zu schonen, plant er zwischen zwei Zuckerrübenanbau-Zyklen eine Pause von 5 bis 6 Jahren ein. Diese lange Pause ermögliche es dem Boden, sich zu regenerieren und seine Struktur zu verbessern.
Kein Stress mit Cultan
Die typische Fruchtfolge von Landwirt Wohlfarth sieht so aus: Zuckerrübe – Weizen – Raps – Durum – Mais – Weizen – Sonnenblume/Mais/Sorghumhirse – Weizen. Diese Vielfalt fördert die Bodengesundheit, bricht Krankheitszyklen und verteilt das Anbaurisiko auf verschiedene Kulturen.
Ein weiterer innovativer Aspekt in Maximilians Ansatz ist die Cultandüngung. Er hat vor etwa vier Jahren von herkömmlicher Düngung mit NAC auf das Cultan-Verfahren umgestellt. Gründe dafür waren, den Düngerstress zu reduzieren und weniger von Wetterverhältnissen abhängig zu sein. „Früher habe ich oft NAC gedüngt und dann ewig auf Niederschläge gewartet“, erinnert sich der Landwirt.
Mit der Injektion des Düngers ist dies vorbei. Wohlfarth verwendet eine spezielle Lösung aus Ammonium-Sulfat und Harnstoff, die direkt in den Boden injiziert wird, um die Wurzeln der Pflanzen optimal mit Nährstoffen zu versorgen. Ausgebracht wird der Dünger mit dem sogenannten Liquiliser der Firma Duport. Die Technik haben sich die beiden gebraucht in Holland gekauft.
Die Maschine besteht aus einem Edelstahlfass mit 8.500 l Fassungsvermögen sowie auf einem Rahmen montierten Injektionsrädern. Die Arbeitsbreite beträgt 12 m. Die hohlen Nadeln der Injektorräder platzieren den Flüssigdünger 7 cm tief in einem Muster von 25 x 16 cm in den Boden und legen ihn in Form von Düngerdepots ab. Die Pflanze entnimmt sich dann bedarfsgerecht die notwendige N-Menge. Der Rest steht für das weitere Wachstum zur Verfügung.
Das Hauptdüngemittel in Wohlfarths Verfahren ist eine Ammonium-Sulfat-Harnstofflösung (ASL) mit einem Stickstoffanteil von 13,04 % und einem Schwefelanteil von 8 bis 9 %. Diese Mischung besitzt einen pH-Wert zwischen 4,5 und 5,5. Wohlfarth: „Das trägt zur Stabilität des Nährstoffdepots bei. Um den Stickstoffgehalt zu erhöhen, wird der ASL zusätzlich Harnstoff beigemischt. Diese Kombination ermöglicht eine effiziente Stickstoffversorgung, die für gesunde Pflanzen sorgt und den Einsatz von Insektiziden und Fungiziden reduzieren kann.
So hat er beispielsweise den Raps im letzten Anbau ganz ohne Fungizide und Insektizide durchgebracht. Dafür hat er wie bei anderen Kulturen auch im Blütestadium eine Mischung aus Harnstoff und Huminsäuren der Marke „Green Sky“ gespritzt. Zudem wird das Saatgut standardmäßig mit Huminsäuren gebeizt.
Wohlfarth hat festgestellt, dass die Pflanzen dadurch vitaler und durch die bessere Wurzelausbildung toleranter gegen Trockenperioden sind. „Der Raps-Durchschnittsertrag lag bei 2.900 kg/ha, die besten Flächen bei 3.400 kg/ha, mit einem Ölgehalt von 49 bis 52 %“, sieht sich der Landwirt in seiner Methode bestätigt.
An der Cultandüngung schätzt Wohlfarth, dass sie den Nährstoffstress verringert. Die Depots werden in den Boden injiziert, wo der Stickstoff bedarfsgerecht freigesetzt wird. Dies verhindert eine übermäßige Nitrataufnahme, die zu schwachen Zellwänden und einer höheren Anfälligkeit für Krankheiten führen könnte. „Die kontrollierte Stickstofffreisetzung verbessert die Pflanzengesundheit und verringert den Druck durch Schädlinge und Krankheiten“, meint der Landwirt.
Für seinen Weizen setzt Wohlfarth 120 kg N/ha ein. Diese Menge reicht oft aus, um in Jahren mit geringeren Erträgen einen Premium-Weizen mit einem Proteingehalt von 14 bis 15 % zu erzielen. In Jahren mit höheren Ertragserwartungen könnte jedoch zusätzlich Stickstoff nötig sein, meistens in flüssiger Form, um die Qualitäten des Weizens zu sichern. Bei Rüben, Raps und Mais wird die gesamte Stickstoffmenge von 120 bis 140 kg pro Hektar ebenfalls sofort und gleichmäßig verteilt.
20 % weniger Stickstoff
Die Düngermischung bezieht der Landwirt in großen Mengen über diverse Händler. Auch bei der Cultandüngung arbeitet Wohlfarth eng mit Partner Julian Köller zusammen. Auf dessen Betrieb haben die beiden gemeinsam zwei speziell dafür vorgesehene Lagerbehälter mit jeweils 170 m3 Kapazität gebaut. Inzwischen setzen die beiden Landwirte dieses Düngeverfahren außer auf ihren auch bereits auf etlichen anderen Betrieben in der Region ein.
Durch den Einsatz des Cultan-Verfahrens spart der Landwirt nach eigener Aussage rund 20 % des Gesamtstickstoffs im Vergleich zur konventionellen Düngung ein. Das wird laut Wohlfarth auch durch wissenschaftliche Studien gestützt. Es steigert die Effizienz und die Erträge, obwohl größere Investitionen in das Equipment nötig sind. Zudem bietet das Verfahren Vorteile durch gesündere Pflanzen und reduzierten Schädlingsdruck“, erklärt der Landwirt. Nicht nur beim Raps kann sich Wohlfarth dadurch über höhere Erträge freuen. Auch beim Mais liege er um rund 2 t über dem in der Region üblichen Ertrag, beim Weizen um 1 t. Und bei Rüben erzielte er 2023 rund 95 t/ha, im schwierigen Jahr 2024 auch noch 85 t/ha, ebenfalls ohne Fungizide.
Problem Mäuse & Schnecken
Ein großes Problem geht mit seinem Anbausystem für Maximilian Wohlfarth einher: Mäuse und Schnecken. Diese können in einem bodenschonenden System wie seinem zu einer echten Plage werden. Dem versucht der Landwirt mit kreativen Ideen zu begegnen.
Der Einsatz eines „Mäusepflugs“, der gezielt Köder in einem ordentlichen Raster ausbringt, ist eine solch innovative Lösung. Der Mäusepflug von Busa ermöglicht das gezielte Ausbringen von Ködern in einem Arbeitsgang. Gleichzeitig fördert Maximilian die Ansiedlung natürlicher Fressfeinde wie Greifvögel, die ihm bei der Schädlingsbekämpfung helfen.
Wohlfarths ganzheitlicher Ansatz im Ackerbau hat das Potenzial, auch als Vorbild für andere Betriebe zu dienen. „Landwirtschaft sollte nicht nur auf den kurzfristigen Profit achten, sondern auch langfristig nachhaltig sein und für zukünftige Generationen gewappnet sein“, so die Ansicht des Landwirtes. Und dies möchte er auch gerne weitergeben. Seine Pläne: „Wir denken darüber nach, das Konzept auch in anderen Regionen zu etablieren und mit weiteren Bauern zu teilen. Unser Ziel ist es, ein nachhaltiges Netzwerk zu schaffen, das in der Lage ist, globale Probleme auf lokaler Ebene zu lösen.“