Den Bauern aus dem englischen Dartmoor reicht es: Seit Jahren nimmt die Zahl der Schafdiebstähle zu. Die Betroffenen fordern endlich verstärkte Polizeimaßnahmen, um die wachsende Bedrohung zu bekämpfen. Denn wenn es so weitergeht, wird das Problem ihre Lebensgrundlage und die landwirtschaftliche Stabilität der Region gefährden.
Landwirt verlor 440 Schafe im letzten Jahr
Berichten zufolge wird die Situation mit den Schafdiebstählen immer schlimmer. Ohne aktive Maßnahmen und polizeiliches Eingreifen sei die Zukunft der Landwirtschaft in der Region gefährdet, berichtet das Agrarmagazin farmers weekly.
Colin Abel, Schafbauer in Dartmoor, ist einer der am stärksten betroffenen Tierhalter. Allein im vergangenen Jahr verlor er 440 Schafe. In den letzten zehn Jahren wurden insgesamt Schafe im Wert von 500.000 Pfund gestohlen, heißt es.
„Das ist ein wachsendes Problem und hat große Auswirkungen auf unseren Hof“, sagt Abel. „Es ist nicht nur der finanzielle Schaden – es ist auch der emotionale Tribut.“
Es gibt anscheinend einen florierenden Schwarzmarkt
Abel, der mit seinen beiden Brüdern Philip und Nicholas auf über 600 ha rund um Dartmoor mit 5.000 Schafen die Flächen beweidet, stellt eine Zunahme der Diebstähle fest. Er vermutet, dass die steigenden Schafpreise – aktuell etwa 120 Pfund pro Tier - die Diebe in die Region gelockt haben. „Wir vermuten, dass die Schafe für den illegalen ‚Smokies‘-Markt gestohlen werden. Oder es sind andere Landwirte, die die Ohrmarken austauschen und die Tiere dann als ihre eigenen verkaufen“, sagt Abel.
Ein Problem: Da die Schafe den Sommer über die Moor- und Heideflächen der Kommune in der Hügellandschaft frei beweiden, fällt das Fehlen von Schafen immer erst im November auf, wenn sie zurück in die Ställe geholt werden.
Abel glaubt, dass die vielen Zufahren in das Dartmoorgebiet ein wesentlicher Faktor für die Diebstähle sind. „Das Hauptproblem ist, dass Schafe aus dem Moor verschwinden“, sagte er. „Auch andere Landwirte werden ins Visier genommen.“
Nicht jeder Geschädigte geht zur Polizei
Obwohl Landwirte zunehmend ländliche Kriminalität melden, zögern einige dennoch, die Behörden zu benachrichtigen. Sie befürchten wohl, dass die Schadensfälle höhere Versicherungsprämien nach sich ziehen, schreibt Farmers Weekly weiter. Die Landwirte fordern daher eine stärkere Polizeipräsenz im Dartmoor und mehr Ressourcen zur Untersuchung dieser Diebstähle.
Um ihre Herden zu schützen, haben die Brüder Abel nun verschiedene Diebstahlschutzmaßnahmen ausprobiert, darunter dauerhafte Schafmarkierungen und Tests mit Satellitenortungsgeräten der Firma No Fence.
Nur mit 199 Pfund pro Gerät plus einem monatlichen Abonnement sei das zu teuer, um das System auf die 5.000 Kopf starke Herde auszuweiten.
Können Chips helfen?
Auch Roy und Helen Radmore, Landwirte aus Dartmoor, sind von Diebstählen aus ihrer 1.000 Tiere umfassenden Herde betroffen. Frau Radmore, die auch stellvertretende Vorsitzende der Tenant Farmers Association ist, glaubt, dass die Kombination aus Marktnachfrage und der Schwierigkeit, abgelegene Gebiete zu überwachen, zum Anstieg der Diebstähle beiträgt.
Um ihre Schafe zu schützen, haben die Radmores digitale Halsbänder eingeführt, die sie warnen, wenn das Vieh einen bestimmten Bereich verlässt. Landesweit müsste auch eine DNA-Mikropunkttechnologie eingeführt werden, fordern die Tierhalter. „Indem wir winzige Chips bei den Tieren einsetzen, können wir sie im Falle eines Diebstahls leicht auffindbar machen“, erklärte sie. „Dies könnte dazu beitragen, Kriminelle abzuschrecken und gestohlenes Vieh zu identifizieren.“
Beamter nur für die Diebstahlaufklärung abgestellt
Martin Beck ist der erste nationale Spezialbeamte für Viehdiebstahl in Großbritannien. Er berichtet, dass im Jahr 2024 in Devon und Cornwall mehr als 1.300 Schafe als gestohlen gemeldet wurden, wobei fast 800 dieser Diebstähle allein in West Dartmoor stattfanden.
Die Verfolgung gestohlener Schafe sei aber eine Herausforderung, sagte Herr Beck, da sie auf dem illegalen Fleischmarkt zusammen mit den Herden anderer Landwirte oder über Schwarzmarktkanäle verkauft werden.
Das sei auch ein Risiko für die öffentliche Gesundheit, da der Krankheits- und Medikamentenstatus dieser Tiere unbekannt ist und sie unter unsicheren Bedingungen geschlachtet werden könnten, fügte er hinzu.
Illegale Netzwerke
Die Herausforderung wird durch die Beteiligung von Personen aus der Landwirtschaft noch komplizierter, so Julian Fry vom Rural Affairs Team der Polizei von Devon und Cornwall.
„Um Vieh zu stehlen, muss man wissen, wie die Tiere ticken und man muss über Netzwerke verfügen, auf die man sie schleusen kann“, erklärte Fry. Trotz der Schwierigkeiten arbeitet die Polizei mit Schlachthöfen und Landwirten zusammen, um Informationen zu sammeln und diese Verbrechen zu untersuchen.
Laut dem Bauernverband hat der Viehdiebstahl allein im Jahr 2023 Kosten in Höhe von 2,7 Mio. Pfund verursacht. Landwirte fordern daher, dass mehr Investitionen in die ländliche Polizeiarbeit und Technologie fließen müssen, um die Flut von Viehdiebstählen in Dartmoor einzudämmen.
„Wir müssen handeln, bevor es zu spät ist. Andernfalls werden die Landwirte ihre Bestände reduzieren und die Hügel werden einfach zu einer überwucherten Wildnis“, sagt Abel und fügt hinzu: „Das ist das Letzte, was wir in Dartmoor sehen wollen.“