Der „Blick über den Tellerrand“ stand am vergangenen Donnerstag für angehende Journalisten auf dem Programm: Beim Besuch des Milchviehbetriebs Schulte-Althoff in Haltern am See warfen sechs Volontäre einen Blick hinter die Kulissen der modernen Milchviehhaltung, traten in Dialog mit Landwirten und hatten Gelegenheit, Fragen zu stellen. Das Ziel: ein konstruktiver Austausch der beiden Berufsgruppen zur Landwirtschaft mit der Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen. Organisiert wurde die Veranstaltung von der Andreas Hermes Akademie in Kooperation mit dem Journalistenzentrum Herne und der Initiative „DIALOG Milch“ der Landesvereinigung der Milchwirtschaft NRW.
Auf dem Betrieb Schulte-Althoff werden rund 120 Kühe gemolken. Die Direktvermarktung von Trinkmilch mit der hofeigenen Molkerei ist ein wichtiges Standbein des Betriebs. Die Betriebsleiterfamilie hat in Pionierarbeit ein Automatensystem für Frischmilch im Münsterland und im angrenzenden Ruhrgebiet an den Start gebracht. Mittlerweile stehen an etwa 40 Standorten Milchspender für Frischmilch, vor allem in Hofläden und Supermärkten. Damit verfügt der Betrieb deutschlandweit über die meisten Milchzapfstellen.
Bauern als Botschafter
Keiner der Journalisten und Journalistinnen hatte einen engeren Draht zur Landwirtschaft. So kamen beim Betriebsrundgang viele Fragen auf. Einige weniger kritisch, andere mehr. „Die Kälber haben in ihren Boxen aber nicht besonders viel Platz?“ „Warum sind die Kühe nicht auf der Weide?“ „Ist der Boden nicht zu rutschig für die Kühe?“ Hofnachfolger Matthias Schulte-Althoff erklärte die betrieblichen Abläufe verständlich und sprach auch kritische Themen offen an. „Die Idylle, wie viele sie gerne hätten, haben wir in der Realität leider nicht. Wir müssen wirtschaften wie jeder andere Betrieb auch. Die Kühe muss man als unsere Mitarbeiterinnen sehen. Je älter sie werden, desto besser, aber das ist nur bis zu einem gewissen Punkt wirtschaftlich.“
Aktive Öffentlichkeitsarbeit auf dem Hof
Sowohl dem Junior- als auch dem Seniorchef auf dem Hof war bewusst, wie wichtig Öffentlichkeitsarbeit für Landwirte ist. „Wir vermarkten mit unserer Milch auch eine Geschichte mit. Da müssen wir bereit sein, unseren Betrieb zu zeigen und Fragen zu beantworten.“, sagte Matthias Schulte-Althoff. Der Hoftag war nur ein Beispiel für die Aktionen auf dem Hof. Regelmäßige Führungen mit Schulklassen, Journalisten oder Bundestagsabgeordneten gehören zum Alltag. Auch zum WDR Köln hat der Junglandwirt einen engen Draht: „Ich bin Ansprechpartner zum Thema Milch. Wenn es dort Fragen gibt, rufen die mich an. Das muss das Ziel sein – Informationen aus erster Hand durch den direkten Kontakt zwischen Landwirt und Journalist.“
Stimmen der jungen Journalisten
Sönke Sievers, angestellt bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, zeigte sich beeindruckt von dem Junglandwirt und seiner Laufbahn. „Er hat es sich getraut, neue Wege zu gehen und sich damit innerhalb kürzester Zeit ein erfolgreiches Standbein aufgebaut. Solche Leute braucht die Landwirtschaft.“ Er könne aber auch die Bedenken verstehen, die viele Landwirte haben. „Besonders Deutschland will in vielen Dingen eine Vorreiterrolle einnehmen. Während wir hier Klima und Artenvielfalt schützen wollen, passiert in anderen Teilen der Welt das Gegenteil. Und der Weltmarkt ist eine Konkurrenz für die Landwirte“, so der 30-Jährige.
Tom Haas, Redakteur beim Luxemburger Tageblatt, warf einen kritischen Blick auf die Öffentlichkeitsarbeit in der Landwirtschaft. „Es hängt immer davon ab, wer die Branche vertritt. Manchmal könnte die Landwirtschaft eine bessere PR vertragen. Ich bin ein großer Freund von regionalen Produkten, wie sie auch hier angeboten werden. Ich verteufle die Landwirtschaft nicht, aber wenn Videos von Tierschützern aus Ställen auftauchen, sind das Negativbeispiele. Und die lassen auch Betriebe wie diesen, die ordentliche Arbeit machen, schlecht dastehen.“
In angenehmer Atmosphäre verschafften sich die Journalisten einen Eindruck vom Arbeitsalltag eines Milchviehbetriebs. Was dazu gehört, einen Betrieb zu übernehmen und warum sich junge Menschen heute bewusst für die Hofübernahme entscheiden, war vielen nicht klar. „Da muss Herzblut drinstecken, wenn man heute noch einen Betrieb weiterführen will. Alleine des Geldes wegen macht das kaum jemand“, betonte Matthias Schulte-Althoff.
Das Projekt "DIALOG Milch"
Ziel der Initiative „DIALOG Milch“ ist es, Landwirte mit Vertretern aller relevanten Gruppen ins Gespräch zu bringen und den kritischen Dialog aufzubauen, den es braucht, um mehr Verständnis zu finden. Schulmilchprojekte, Verbraucherdialoge in Städten oder Mitmachaktionen sind nur einige der Aktionen, die zu diesem Zweck regelmäßig stattfinden.
Unter dem Motto „Zwei Branchen, ein Dialog“ wollte die Andreas Hermes Akademie mit diesem Hoftag den Austausch speziell zwischen Journalisten und Landwirten stärken, zum besseren gegenseitigen Verständnis beitragen und Netzwerke aufbauen.
Landwirte, die interessiert sind, ähnliche Veranstaltungen auf ihrem Hof anzubieten, können mit der Initiative DIALOG Milch in Kontakt treten. Die Andreas-Hermes-Akademie bietet außerdem zahlreiche Schulungen für Landwirte an, um die Kommunikation mit Verbrauchern zu trainieren.