Am Dienstagabend hatte die niederländische Polizei wie berichtet bei einer Bauerndemonstration Warnschüsse und auch gezielte Schüsse abgegeben. Die Polizei behauptet, an der Autobahnauffahrt in Heerenveen im Norden des Landes seien Traktorfahrer gezielt auf Polizisten und Polizeiautos zugefahren. Es sei eine "bedrohliche Lage" entstanden. Die Beamten hätten daher Schüsse abgegeben. Ein Traktor sei getroffen worden. Verletzte habe es nicht gegeben.
Private Videos zeigen dagegen, dass ein Traktor lediglich an den Polizisten vorbeifährt, ein gezielter Angriff des Fahrers ist nicht zu erkennen (top agrar und auch der WDR können die Echtheit der Videos nicht nachprüfen). Nach Angaben seiner Mutter in der Zeitung de Gelderlander habe er nicht auf die Polizei zufahren wollen, sondern wollte vielmehr um den Hang herumfahren.
Die Polizei bleibt dagegen bei ihrer Darstellung und nahm am gleichen Tag drei Menschen wegen versuchten Totschlags fest. Laut der Polizei Leeuwarden soll es sich dabei um einen 46-jährigen Mann aus Opsterland, einen weiteren 34-jährigen Mann sowie einen 16-jährigen Jugendlichen aus Heerenveen handeln, berichtet der WDR.
Das hat die Wut der Demonstranten weiter angeheizt. So soll es jüngst auch Proteste vor einer Polizeistation gegeben haben. Die Landwirte fordern die Freilassung der Festgenommenen.
Unterdessen gehen die Blockaden von großen Supermarktlagern mit Traktoren weiter. Lastwagen können die Märkte deshalb nicht beliefern. Zuletzt war es bei den Protesten schon zu Gewalt gekommen. So lieferte sich eine Gruppe vor dem Privathaus der niederländischen Umweltministerin eine Gruppe Auseinandersetzungen mit der Polizei. Bei einer anderen Aktion wurde ein Polizeiwagen attackiert.
Am Mittwoch wurde auch der Flughafen in Groningen blockiert. Der Bürgermeister der betroffenen Gemeinde Tynaarlo, Marcel Thijssen, sagte regionalen Medien, die Gemeinde habe mit den Landwirten vereinbart, dass sie die Start- und Landebahnen frei lassen.
Hintergrund sind die geplanten Verschärfungen der Düngeregeln und die Zwangsaufgabe von Höfen bis hin zur Enteignung bei denen, die nicht einwilligen, die Tierhaltung abzuschaffen.
Bauern in NRW setzen auf "Kooperation statt Konfrontation"
Zwiegespalten blickt der Rheinische Landwirtschafts-Verband (RLV) auf die Proteste. Dem Verband sind die "schwerwiegenden Auswirkungen" der Regierungspläne zwar bewusst und dass dies Emotionen auslöst. Diese dürften aber nicht dazu führen, dass die Privatsphäre von Politikern missachtet oder Sachschäden "billigend in Kauf genommen werden", teilt der Verband am Dienstag dem WDR mit.
"Mit dieser Form der Auseinandersetzung wird die sachliche Ebene verlassen." Das Kernproblem rücke dadurch aus dem Blickwinkel. Nämlich: Wie die landwirtschaftliche Produktion mit den Erfordernissen der Umwelt verbunden werden könne.
Laut dem Rheinische Landwirtschafts-Verband macht die Auseinandersetzung im Nachbarland deutlich, dass eine "teils überzogene Umweltgesetzgebung" zu "gravierenden Auswirkungen" auf die Agrarstruktur führen könne. "Am Ende geht es darum, ob die Gesellschaft heimische Lebensmittel will oder andernfalls bereit ist, Produktionsverlagerungen in andere Regionen mit geringeren Umwelt- und Sozialstandards hinzunehmen." Um das zu verhindern, werde in NRW auf "Kooperation statt Konfrontation" gesetzt.