„Landwirtschaft von morgen sieht anders aus - diversifiziert, regenerativ, zellulär.Wir werden die Anzahl der Tiere reduzieren, aber gleichzeitig die gleiche oder höhere Produktionsmenge von Fleisch sicherstellen.“ Von diesem Ansatz ist das Team der„Respectfarms“ überzeugt. Es möchteeigenen Angaben zufolge der erste Landwirtschaftsbetrieb für kultiviertes Fleisch weltweit werden. In Amsterdam präsentierte sich das Team als Zwillingsprojekt zwischen Deutschland und den Niederlanden und begann vor kurzem offiziell die Arbeit. Im Forschungsprojekt zwischen den beiden Ländern sollen Synergien gefunden, Kosten eingespart und Erkenntnisse geteilt werden. Sofern die Machbarkeitsstudien positive Ergebnisse liefern, plant das Team den Aufbau einer ersten Pilotfarm.
Das Projekt soll den Gründern zufolge zur Diversifizierung bisheriger Geschäftsmodelle in der deutschen Landwirtschaft und einer nachhaltigen, regionalen Produktionsweise von tierischen Produkten beitragen. Dazu werden ab 2023 Machbarkeitsstudien für das Design eines solchen zellulären deutschen Hofes durchgeführt. Inhaltlich soll es einen Technologiestrang und einen Forschungsstrang zur Geschäftsmodellinnovation geben: Technologische Knackpunkte (wie z.B. geeignete Größe/Typ der Bioreaktoren oder das geeignete Nährmedium), sowie die Frage der Wirtschaftlichkeit für den Mittelstand spielen dabei eine Rolle, heißt es.
Landwirtschaft in Produktion einbinden
„Landwirtschaftsbetriebe entlang der Wertschöpfungskette werden eine wichtige Rolle bei der Ausweitung der Produktion spielen, wenn wir das entsprechende Konzept haben. Denn sie als Lebensmittelproduzenten verfügen über alles, was für die kultivierte Fleischproduktion erforderlich ist", so Mitgründerin Ira van Eelen. Im Projekt will das Team das vorhandene Know-how, die Netzwerke und den Unternehmergeist der Landwirte nutzen, anstatt sie zu ersetzen. Auf diese Weise sollen alle Beteiligten von den möglichen Durchbrüchen von schlachtfreiem Fleisch profitieren.
Aus Sicht von Respectfarms liegt die Einbindung landwirtschaftlicher Betriebe auf der Hand. In der Zusammenarbeit könne man u. a. auf folgende Ressourcen zurückgreifen:
- Tiere, die für die Biopsien auch in Zukunft eine Rolle spielen werden
- Landwirtschaftliche Fläche für den Pflanzenanbau (als Nährmedium)
- Genug Raum für erneuerbare Energien
- Erfahrung mit 24/7 Prozessen und Lebensmittelsicherheit
- Lokale Marktvorteile und Vertrauen der Konsumenten
- Politische Unterstützung für die Gesetzgebung
Neben Aspekten der Skalierbarkeit und Machbarkeit spielen Umweltfaktoren eine entscheidende Rolle. „Deutschland hat einen der heißesten Sommer seit Wetteraufzeichnungen erlebt. Die Schiffsfahrt ist extrem eingeschränkt - das wird sich erstmal nicht ändern. Wir werden das Nährmedium nicht auf einem anderen Kontinent anbauen, wenn dies lokal hier möglich ist" so Mitgründerin Florentine Zieglowski.Aus Sicht der Initiatoren liegen die Vorteile einer solchen Farm etwa in den kurzen und transparenten Wertschöpfungsketten und dem starken kulturellen Gefüge der lokalen Produktion für die lokale Nachfrage.
Im Projekt will das Team das vorhandene Know-how, die Netzwerke und den Unternehmergeist der Landwirte nutzen, anstatt sie zu ersetzen. - Auszug
Allerdings wird keine Innovation alle Herausforderungen lösen können, heißt es. Sie müsse effektiv mit Reformen der bestehenden Tierhaltung kombiniert werden und Teil eines gerechten Proteinübergangs sein, der die heutigen Landwirte und Viehzüchter einschließt. Respectfarms will daran arbeiten, die Kluft zwischen Wissenschaftlern und Landwirten zu schließen, da diese die qualitativ hochwertigsten Tiere züchten, die für die Herstellung von Kulturfleisch beprobt werden müssen. Das Wissen aus beiden Bereichen soll miteinander verknüpft werden.
„Wenn es um eine effiziente Fleischproduktion geht, sind selbst Niederländern Grenzen gesetzt. Als Europas größter Fleischexporteur stoßen wir an Grenzen natürlicher Ressourcen, die wir zum Wohle künftiger Generationen respektieren müssen. Die technologische Entwicklung von kultiviertem Fleisch kann dazu beitragen, der Welt und ihrem ständig wachsenden Appetit auf Fleisch eine Lösung zu bieten: nachhaltiges, lokal produziertes Rind-, Schweine- und Geflügelfleisch“, heißt es vonseiten Respectfarms.
Stand und weitere Schritte
Ein erstes Sponsoring hat das Team nach eigenen Angaben kürzlich erhalten. Für den Start des Projektes werden noch ein bis zwei Sponsoren gesucht. Der Start der Machbarkeitsstudien ist für das erste Quartal 2023 geplant. Respectfarms besteht aus einem 4-köpfiges Gründungsteam aus Wissenschaft und Wirtschaft. Gemeinsam will es zukünftige Geschäftsmodelle im Bereich Kulturfleisch erproben.