„Ökolastig", „gleichgeschaltete Mediengesellschaft", „Inkompetenz" und „Klugscheißerei" - die top agrar-Berichterstattung über Fleischersatzprodukte und Laborfleisch erzeugt bei einigen Lesern zuweilen großen Ärger, der sich immer wieder in erzürnten Zuschriften Luft verschafft. Sind das Einzelmeinungen oder spiegeln solche Rückmeldungen eine mehrheitliche Meinung wider?
Das wollten wir in einer Umfrage herausfinden. Darin haben wir die Leserinnen und Leser der top agrar online gefragt:
Frage 1: Wie stehen Sie zu künstlichen Fleischersatzprodukten, wie z.B. Laborfleisch?
Frage 2: Und wie finden Sie es, wenn ein landwirtschaftliches Fachmedium wie top agrar über die Entwicklung von künstlichem Fleisch berichtet?
Die beiden Fragen wurden auf topagrar.com von 557 Personen (Frage 1) bzw. 452 Personen (Frage 2) beantwortet. Die Umfrage ist daher nicht repräsentativ, kommt aber zu recht eindeutigen Ergebnissen.
"So etwas braucht die Welt nicht"
Eine Mehrheit von 53%, die auf topagrar.com abgestimmt haben, hält nichts von der In-vitro-Fleisch-Technologie, die tierische Stammzellen im Labor kultivieren will. Angeklickt wurde die Antwortmöglichkeit "So etwas braucht die Welt nicht."
Auch im sozialen Netzwerk instagram klickten ähnliche viele top agrar-Follower auf diese Antwort. Hier sind es sogar 58%, die die Technologie nicht sinnvoll finden.
Die Gründe für die Ablehnung wurden nicht explizit abgefragt. Aber es bestand die Möglichkeit, frei seine Meinung zu sagen. Diesbezüglich geben einige anonymisierte Auszüge Einblicke:
„Das kann nicht gesund sein."
„Ich finde, dass die Welt doch seit Millionen von Jahren gut funktioniert - und dass 'natürlich' gut ist."
„Alle fordern 'back to nature' und züchten dann 'Fleisch' im Labor.
„Künstliche Pampe"
Zwischen Sorgen und Chancen
21% der Umfrageteilnehmer sind „neugierig, was in Zukunft auf den Markt kommt" und zeigen sich somit eher offen für Laborfleisch. Eine Teilnehmerin schreibt:
„Die Entwicklung von Clean Meat wird nicht aufzuhalten sein. Es gibt bereits tierfreie Alternativen zu den bisher notwendigen Kälberseren."
17% der Leser, die abgestimmt haben, sehen sogar „Potenzial für Landwirte" in der Technologie. Dieses könnte beispielsweise in der Bereitstellung pflanzlicher Inhaltsstoffe für das Nährmedium liegen, in dem Laborfleisch kultiviert wird.
Im Gegensatz dazu meinen 9% der Befragten auf topagrar.com, dass Laborfleisch in Konkurrenz zur klassischen Landwirtschaft steht oder diese sogar bedroht. Ein Leser äußert die Befürchtung:
„Es werden wohl noch weniger Landwirte auf dem Land, wenn es Laborfleisch gibt."
Ein anderer fragt kritisch: „Was macht man dann mit dem Gründlandfutter? Wir Menschen können es nicht essen."
Sollte top agrar darüber berichten? Ja!
Eine Mehrheit von 66% der Befragten findet es richtig, dass ein landwirtschaftliches Fachmedium wie top agrar über Laborfleisch berichtet, weil das Thema zur Zukunft der Lebensmittelproduktion dazugehört.
Das Ergebnis ist umso interessanter, wenn man sich die in Frage 1 abgefragte Skepsis der Technologie gegenüber ins Gedächtnis ruft. Eine Mehrheit der Befragten will also trotz ihrer grundsätzlichen Ablehnung informiert bleiben und steht einer - sicherlich kritischen - Berichterstattung offen gegenüber.
Diese Annahme wird durch einige vertiefende Fragen gestützt, die in den sozialen Medien gestellt wurden, z.B.:
„Wie nachhaltig ist die Züchtung (Energieaufwand/Kosten)?"
„Wie steht es um die gesundheitliche Bedenklichkeit?"
„Wird derzeit noch immer Serum von ungeborenen Kälbern dafür benutzt?"
Zusätzliche 18% der Befragten auf topagrar.com finden eine Berichterstattung „ok", wenn Landwirte einbezogen werden könnten.
Lediglich 10% der Befragten meinen, dass eine Berichterstattung unnötig ist, da es die Landwirte nicht betrifft.