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Digitalisierung: Kleine Betriebe werden schneller abgehängt

Die deutsche Landwirtschaft soll digitaler werden. Doch was ist aktuell umsetzbar? Aus fünf Jahren Forschung in der Praxis gibt es jetzt erste Ergebnisse.

Lesezeit: 8 Minuten

Arbeitserleichterung, Effizienzsteigerung, Kostenersparnis, Ressourcenschonung und ein verminderter Bürokratieaufwand – das und mehr soll durch die Digitalisierung der Landwirtschaft erreicht werden. Das Thema ist nicht neu. Doch wo steht Deutschland bei der Digitalisierung der Landwirtschaft?

Inhaltsübersicht

Um dieser Frage aus wissenschaftlicher Sicht, mit Blick auf die Praxis, auf den Grund zu gehen, haben das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) und die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Jahr 2019 insgesamt 14 Experimentierfelder ins Leben gerufen. Den Arbeitsfokus legten sie auf die Integration, die Bewertung und die Entwicklung digitaler Lösungen. Außerdem sollte ihre  Praxistauglichkeit in der deutschen Landwirtschaft getestet werden.

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Die Ergebnisse, die Anfang September in Berlin präsentiert wurden,  zeigen ein gespaltenes Bild. Vor allem die Betriebsgröße und der fachkundige Umgang spielen eine wichtige Rolle bei der Integration neuer Technologien in die Betriebsstrukturen.

Digitale Lösungen sind zudem aufgeladen mit Erwartungen. Denn sie sollen auch die Akzeptanz der Landwirtschaft von der Gesellschaft positiv beeinflussen. Es gibt eine Reihe von Fortschritten beim  Monitoring, beim Datentransfer, beim Pflanzenschutz und in der Tierhaltung.

Zahlen und Fakten zusammengefasst

Seit 2019 hat der Bund in Deutschland 14 Experimentierfelder vom BMEL gefördert. Insgesamt stellte er dafür in diesem Förderzeitraum vom Haushalt rund 70 Mio. € bereit. Eingebunden in die Forschungen waren mehr als 1150 landwirtschaftliche Betriebe, fast 120 Start-Ups und mehr als 1000 vor- und nachgelagerte Unternehmen. Es gab in dem Zeitraum mehr als 500 Demonstrationsprojekte. Insgesamt wurden 63 Prototypen entwickelt, die auch außerhalb der Projekte Anwendung finden. Die Forschungen mündeten in 750 Publikationen, die in anerkannten Fachzeitschriften und -plattformen im Rahmen der Experimentierfelder veröffentlicht wurden.

Bender hofft auf Schub für die Nachhaltigkeit

Die Staatssekretärin im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Silvia Bender, betonte in ihrer Rede auf der Ergebniskonferenz, dass die Digitalisierung die Zukunft der Landwirtschaft sichern und den Sektor nachhaltiger machen könne. Drohnen, Sensoren und Künstliche Intelligenz (KI) trügen dazu bei, „die Herausforderungen der Klimakrise zu bewältigen und Ressourcen zu schonen, mehr Tierwohl zu ermöglichen sowie Arbeitsprozesse zu vereinfachen“, sagte Bender.

Auf die Betriebsgröße kommt es an

Nicht jeder Betrieb hat die Mittel, digitale Lösungen zu integrieren und interne Betriebsstrukturen anzupassen. Besonders für kleinere Betriebe fällt die Digitalisierung stand jetzt in vielen Bereichen ohne großen Gewinn aus. Fassten einige Experimentierfelder in ihrem Ergebnisbericht zusammen.

Zudem seien vor allem intuitive Technologien für kleine Betriebe relevant, welche, bezogen auf ein kleines Skalenniveau, alles andere als intuitiv ausfallen.

In Bezug auf die Digitalisierung des Grünlandmanagements konnte von einem Experimentierfeld ein großes Potenzial nachgewiesen werden, jedoch fällt auch hier das Skalenproblem auf, wodurch es kleinen Betrieben schwerer falle kostenintensive KI-Prognosen auf Grundlage von Wetterdaten zu integrieren.

Die Arbeitsgruppe Agro-Nordwest aus Osnabrück, die sich mit der digitalen Transformation im Pflanzenbau beschäftigt, erklärte zudem, dass bei ökonomischen Kosten-Nutzen-Analysen die Maschinenkosten einen Großteil der Feldarbeitskosten ausmachen. Dadurch unterscheiden sich große und kleine Betriebe ebenfalls stark in der Rentabilität der Technologien.

Weiterhin große Hürden bei der Daten und KI-Nutzung

Eine Kernkompetenz vieler Experimentierfelder war die Bewertung und Verbesserung unterschiedlicher Kommunikationswege und die Nutzung von KI im Berufsalltag. Das Experimentierfeld Diabek fasste zusammen, dass es sinnvoll sei, mehrere Datenquellen (Satelliten, Bodenwerte, Ertragskarten) als Grundlage für ackerbauliche Entscheidungen zu berücksichtigen.

Die Arbeitsgruppe LANDNETZ, die sich unter anderem mit der Anwendung einer verbesserten Netz- Cloud- und Infrastruktur beschäftigten, bemängelte dabei die fehlenden Schnittstellen und dass viele Datenmodelle noch inkompatibel seien. Zudem sei es vor allem für Landwirte undurchsichtig, wohin die Daten gehen und wer darin Einsicht hat. Zudem fehle es noch an Schulungsangeboten, um die Vernetzung innerhalb des Betriebes als Betriebsleiter besser umsetzen zu können.

Auch die Nutzung von KI im Betrieb war Thema. Hier stellte die Arbeitsgruppe Diabek die Ergebnisse eines ChatGBT basierten Bots zur Pflanzenschutzberatung vor. Gegengeprüft wurden die Empfehlungen von Mitarbeitern der Pflanzenschutzberatung. Die Antworten fielen mit einer Schulnote von 4,5 glatt durch. Laut dem Experimentierfeld FarmerSpace, die sich den digitalen Pflanzenschutz als Ziel gesetzt haben, sei der Einsatz von KI zur Erkennung von Krankheiten und Unkräutern grundsätzlich möglich. Jedoch benötigt die Erkennung von Krankheiten deutlich komplexere Datenmodelle als bei der Erkennung von Unkräutern.

Mehrere Arbeitsgruppen testeten KI für die Durchführung von Hackvorgängen mit „vielversprechenden“ Ergebnissen. Doch auch hier spiele wieder das Skalenniveau eine wichtige Rolle. Zudem sei der rechtliche Rahmen für den Einsatz von KI noch nicht ausreichend definiert.

Pflanzenschutz bald nur noch mit Drohne,  Hackroboter und smarter Feldspritze?

Mit der Integration digitaler Technologien im Pflanzenschutz beschäftigt sich das Experimentierfeld FarmerSpace. In ihrem Ergebnisvortrag hebt FarmerSpace vor allem die Vorteile von der Nutzung von Drohnen zur Bestandsüberwachung hervor. Per Drohne sei es mittlerweile möglich, einen Bestand zu Überfliegen, um Krankheitsbonituren durchzuführen und die Befallsstärke und -häufigkeit zu ermitteln.

Im Vergleich zu traditionellen Fernerkundungsmethoden (z.B. durch Satelliten oder Flugzeuge), biete die Nutzung von Drohnen eine hohe Genauigkeit und einen flexibleren Einsatz. Dadurch sei es vor allem möglich, schnell auf Krankheitsausbrüche zu reagieren und die Wirksamkeit von Pflanzenschutzmaßnahmen zu optimieren.

Doch bei der Nutzung von Drohnen gibt es nach FarmerSpace auch Hürden für die Landwirte. So seien die Kosten bei einer Neuanschaffung entsprechend hoch. Außerdem sind Drohnen bei schlechtem Wetter nicht nutzbar oder störanfällig.

Eine spannende Alternative zur herkömmlichen Pflanzenschutzmittelapplikation per Spritze könnten sog. Spritzdronen zukünftig herhalten. Die Spritzdrone habe sich schon in Sonderkulturen bewährt und wird derzeit in Feldversuchen für die konventionelle Landwirtschaft erprobt.

Es konnte bisher nachgewiesen werden, dass Spritzdronen viele Vorteile hinsichtlich Geschwindigkeit, Genauigkeit oder Effektivität bei der Pflanzenschutzmittelapplikation aufweisen. Zudem zeigen Spritzdrohnen, in Zuckerrüben, im Vergleich zu Feldspritzen in ersten Versuchen eine bessere Benetzungsleistung. Als Grund für die bessere Benetzung konnte der nach unten gerichtete Luftstrom der Rotoren der Drohne identifiziert werden.

Für die mechanische Unkrautbekämpfung kommen zudem immer mehr Technologien auf den Markt, die nach FarmerSpace gut funktionieren. Ob diese Kameras mit KI-Auswertung nutzen, ist dabei herstellerabhängig. Auch moderne Pflanzenschutzspritzen mit Applikationskarten entwickeln sich immer weiter und sind bereits auf dem deutschen Markt verfügbar. Zudem konnte im Projekt FarmerSpace ein Workflow zur vollautomatisierten Datenaufnahme und finalen Applikation von Pflanzenschutzmitteln erarbeitet werden.

Die Digitalisierung bietet viel Potential in der Rinderhaltung

Um den aktuellen Stand der Digitalisierung bei der Rinderhaltung zu bewerten, stelle das Experimentierfeld DigiMilch die aktuellen Ergebnisse vor. Vielversprechende Ergebnisse liefert die Nahinfrarot (NIR)-basierte Erfassung der Frisch- und Trockenmasse von Futterpflanzen, direkt im Häcksler. Im Vergleich dazu fiel die NIR-basierte Bestimmung von Inhaltsstoffen im Futtermittel ausbaufähig aus.

Auch die Ertragsschätzung über Satelliten habe in den ersten Versuchen sehr vielversprechende Ergebnisse erzielen können. Es sei jedoch noch weitere Forschung notwendig, um eine breitbandige Etablierung zu gewährleisten, so DigiMilch. Ebenfalls konnte ein Lahmheitsmodell mit einer Genauigkeit über 90 % erarbeitet werden.

Zudem konnte, nach DigiMilch, eine lückenlose Kette von Silo in den Futtertrog erschlossen werden. Dabei werden auf dem Weg alle für die Fütterung relevanten Parameter erfasst. Dadurch müsse der Landwirt zur Effizienzberechnung nicht mehr auf einen Tabellenwert zurückgreifen, sondern könne langfristig betriebseigene Werte berücksichtigen. Zusätzlich sei es dadurch möglich, Betriebe untereinander zu vergleichen und die N- und P-Bilanzen langfristig zu verbessern. Wann und wie diese Aufklärungskette für den Praxiseinsatz bereitgestellt werden könnte, ist derzeit nicht bekannt.

Spart eine teilflächenspezifische Bewirtschaftung Betriebsmittel ein?

Eine teilflächenspezifische Bewirtschaftung erfüllt auf dem Papier viele Vorteile und kann sich auch in den Betriebskosten rechnen. Doch was bringt sie wirklich? Prof. Dr. Patrick Noack von der Universität Weihenstephan Triesdorf vom Experimentierfeld Diabek erklärt, welche Aspekte bei der teilflächenspezifischen Bewirtschaftung zu beachten sind.

Laut Prof. Noack macht es nachweislich Sinn, in schlechten Zonen an Ressourcen zu sparen, während die Behandlungsintensivierung in den guten Zonen kaum einen Mehrertrag bringt. Zudem sei es durchaus sinnvoll, den eigenen Schlag in Teilschläge zu unterteilen, um diese auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht besser nutzen zu können. Die teilflächenspezifische Bewirtschaftung zeige zudem vor allem bei ökologisch wirtschaftenden Betrieben einen Mehrertrag.

Prof. Noack betont dennoch, dass die teilflächenspezifische Bewirtschaftung nicht grundsätzlich zu wirtschaftlichen Vorteilen führt. Das zeigt auch eine betriebswirtschaftliche Auswertung von Diabek im Rahmen einer Bachelor-Arbeit, bei der eine mittlere Kostenersparnis von 16 € pro Hektar bei der Integration einer Teilflächenwirtschaft ermittelt wurde, was den Einsatz sowohl kostentechnisch als auch vom Arbeitsaufwand als nicht verhältnismäßig einstuft.

Die Integration von Technologien braucht Mut und Wissen

Neue Sensoren, Programme, Betriebsabläufe, Maschinen, Drohnen oder Roboter – das Angebot an neuen Technologien steigt tagtäglich. Doch Betriebsleiter müssen auch wissen, wie sie diese Ressourcen optimal einsetzen können. Dieses Kernproblem hebt Diabek besonders hervor.

Es gibt weiterhin einen großen Bedarf an herstellerunabhängiger Unterstützung von neuer Technologie. Das konnte auch in den letzten fünf Jahren nicht gelöst werden.
Prof. Dr. Noack

Auch die Applikationskarten unterschiedlicher (nicht genannter) Hersteller zeigten derart auffällige Unterschiede, dass die Auswahl und die Applikation einem Würfelwurf gleichkommt. Dennoch stellten sich Maschinenringe als geeignete Möglichkeit raus, um auch Kleinstbetrieben die Nutzung neuer Technologie zu ermöglichen.

Agro-Nordwest betonte zudem, dass das verfügbare Bildungsangebot eine wichtige Rolle bei der optimalen Anwendung der Technologien spiele. Zudem müsse immer klar sein, welchen konkreten Nutzen der Landwirt von der Technologie erwarten kann. 

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