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FrieslandCampina: „Wir bleiben in Deutschland“

Lesezeit: 6 Minuten

Die Nachricht, dass FrieslandCampina das Deutschlandgeschäft verkauft, war ein Schock für viele Mitglieder. Wie es nun weitergeht, erklärt Hans Stöcker im Interview.


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Dass Royal FrieslandCampina (RFC) das Deutschlandgeschäft an die Unternehmensgruppe Theo Müller verkaufen will, war ein Paukenschlag in der Branche. Was genau ist geplant?


Stöcker: FrieslandCampina verkauft die Markenrechte und Produkte der Marken Landliebe, Tuffi, Puddis, Südmilch und Mondelice sowie die Produktionsstandorte Heilbronn, Köln und Schefflenz an Müller. Wir werden uns in Zukunft auf die Vermarktung und den Vertrieb unserer internationalen Marken Valess, Chocomel, unserer Käsemarken sowie der im Ausland produzierten Handelsmarken fokussieren. Wir bleiben aber mit Kievit in Lippstadt (NRW) und mit DFE Pharma in Goch (NRW) und Nörten-Hardenberg (Niedersachsen) präsent.


Haben Ihre Mitglieder damit gerechnet?


Stöcker: Nein, für unsere Mitglieder kam die Info sehr überraschend.


Wie reagieren die Bauern?


Stöcker: Die Landwirte sind aufgebracht. Bei den Mitgliederversammlungen wurde sehr impulsiv und emotional diskutiert. Insbesondere die Tatsache, dass die Marke Landliebe nicht mehr zu FrieslandCampina gehört, ist im ersten Moment für viele nicht nachvollziehbar. Unsere Bauern haben Landliebe mit aufgebaut und identifizieren sich mit der Marke. Wenn ein Verbraucher jemanden von unseren Mitgliedern gefragt hat, wie man ihn als Milchviehhalter unterstützen kann, konnten sie zum Kauf von Landliebe-Produkten raten. Das fällt jetzt weg.


Wie erklären Sie das Ihren Mitgliedern?


Stöcker: In Deutschland ist es uns trotz aller Anstrengungen in den vergangenen 20 Jahren leider nicht gelungen, den Garantiepreis zu erwirtschaften, die Kosten zu decken und Rücklagen zu bilden. Und das, obwohl die Marke Landliebe trotz der Corona- und der Ukrainekrise weiter gewachsen ist. FrieslandCampina legt Wert darauf, alle Genossen gleich zu behandeln. Das bedeutet, dass alle den gleichen Garantie- und den gleichen Leistungspreis bekommen. Wir sehen den Schritt als notwendige Konsequenz, um unseren Mitgliedern auch weiterhin einen überdurchschnittlichen Milchpreis zahlen zu können und das Deutschlandgeschäft nicht weiter quersubventionieren zu müssen.


Welche Rolle spielt dabei der Handel?


Stöcker: Der Handel hat in Deutschland viel Macht. Das zeigt sich allein am Beispiel der Molkereibranche: Rund 80 Anbieter verkaufen ihre Produkte an fünf Handelsunternehmen. Markenprodukte haben es da schwer. Dennoch sind wir sicher, dass Müller mit dem Zukauf eine bessere Marktposition mit Landliebe erreichen und seine Weiße Linie-Sparte noch erfolgreicher machen wird. Das wäre uns gerne selbst gelungen, war uns aufgrund unserer kostenintensiven Fabrikstruktur aber nicht möglich.


Zieht sich FrieslandCampina jetzt komplett aus Deutschland zurück?


Stöcker: Nein, der Schritt ist definitiv kein Abschied aus Deutschland. Wir rechnen weiterhin mit rund 300 Mio. € Umsatz, den wir hier mit unseren Marken Valess und Chocomel oder mit Käsespezialitäten erwirtschaften können. Außerdem möchten wir unsere deutschen Mitglieder halten.


Wie soll es für die weitergehen?


Stöcker: Wir unterscheiden zwischen Mitgliedern und Lieferanten. Für unsere Mitglieder ändert sich nichts. Bei ihnen holt nach wie vor FrieslandCampina die Milch ab und zahlt weiterhin das Milchgeld aus. Sie sind und bleiben unsere Mitglieder mit allen Rechten und Pflichten. Die Lieferanten, die keine Mitglieder sind, gehen zu Müller über. Das ist beispielsweise in Heilbronn der Fall.


Wer verarbeitet denn die Milch der deutschen RFC-Mitglieder?


Stöcker: Müller übernimmt zu Oktober dieses Jahres bis Ende 2023 die Milch der deutschen Mitglieder. Das haben wir vertraglich festgelegt. Für 2024 schauen wir, ob wir den Vertrag verlängern oder unsere Milch an andere Partner liefern, wie beispielsweise an das Deutsche Milchkontor oder an Hochwald. Eine weitere Option ist, die in Deutschland erfasste Milch komplett in unseren niederländischen Werken zu verarbeiten.


RFC übernimmt die Verhandlungen mit möglichen Partnern, darum müssen sich die Landwirte also nicht selbst kümmern. Bis einschließlich 2023 erhalten unsere Mitglieder den Landliebe-Zuschlag in Höhe von 1 ct/kg. Ziel ist, in Zukunft vergleichbare Premiumprodukte zu finden, in denen unsere Milch verarbeitet wird.


Müssen sich die RFC-Mitglieder also je nachdem mit welcher Molkerei gerade eine Partnerschaft vereinbart ist, an deren Qualitätsprogramme halten?


Stöcker: Nein, wir wollen unser Qualitätsprogramm Foqus Planet weiter entwickeln und möglichst an andere Systeme anpassen. Denn wir möchten für unsere Bauern verschiedene Möglichkeiten schaffen, die Milch in Tierwohl- und Nachhaltigkeitsprogrammen verwerten und auch Zuschläge generieren zu können.


Macht das die Milch von FrieslandCampina nicht sehr austauschbar?


Stöcker: In Deutschland wird es keine bestimmten Markenprodukte mehr geben, in denen sich ausschließlich die Milch unserer Mitglieder wiederfindet. Was wir jetzt wollen, ist eine eigene Identität schaffen. Wir sind FrieslandCampina-Mitglieder und produzieren Milch nach höchsten Standards. Das müssen wir sichtbar machen und kommunizieren.


Noch vor wenigen Wochen gab RFC bekannt, neue Mitglieder in den Niederlanden, in Belgien und auch in Deutschland zu suchen. Wie passt das mit dem Verkauf der Marken und der drei Werke zusammen?


Stöcker: Auf den ersten Blick mag das widersprüchlich klingen. Aber wir sind aktuell – auch in Deutschland – auf der Suche nach neuen Mitgliedern. Hintergrund ist, dass wir in den Niederlanden in den nächsten Jahren viele Betriebe verlieren werden. Unter anderem aufgrund der neuen Stickstoffgesetzgebung, die dort verabschiedet werden soll. Wir möchten unsere Verarbeitungsmenge halten und haben deshalb das Eintrittsgeld für neue Mitglieder von 15 ct/kg Jahresanlieferungsmenge auf 5 ct/kg gesenkt.


Um welche Menge geht es, die perspektivisch verloren geht? Haben jetzt auch deutsche Mitglieder angekündigt, aus der Genossenschaft auszutreten?


Stöcker: Eine genaue Zahl kann ich nicht nennen, da die Diskussionen in den Niederlanden noch laufen. In Deutschland hat bisher noch keiner mit Kündigung gedroht. Vielleicht ist es jetzt auch noch zu früh, um die Frage zu beantworten. Auf den Mitgliederversammlungen hat sich aber gezeigt, dass die Landwirte die Entscheidung nach der ersten Aufregung rational nachvollziehen können. Es wird eine Weile dauern, bis die Nachricht auch emotional verarbeitet ist.


Was plant Müller mit den Werken?


Stöcker: Das liegt in der Hand der Unternehmensgruppe Theo Müller.


Viele Mitglieder beäugen den Verkauf kritisch. Was ist Ihre Botschaft an ein sehr kritisches Mitglied?


Stöcker: Wir haben bewiesen, dass die Mitglieder im Vordergrund stehen. Ein fairer Milchpreis und eine hohe Wertschöpfung ist uns wichtig und dafür ergreifen wir mitunter drastische Maßnahmen. Wir bauen ein Fundament, um auch in Zukunft eine hohe Wertschöpfung auf die Betriebe zu bringen.


Es hat mich sehr optimistisch gestimmt, dass viele junge Menschen auf den Info-Veranstaltungen waren. Das zeigt, dass sie ihre Zukunft in der Milcherzeugung sehen. Und genau für die gehen wir diesen Schritt.


Ihr Kontakt zur Redaktion:kirsten.gierse-westermeier@topagrar.com

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