Bettina und Friedel Hörstmeier halten Mutterkühe im Vollerwerb. Sie meinen: Damit das auch zukünftig möglich ist, müssen Politik und Gesellschaft endlich umdenken.
Wir sind es leid, für idyllische Werbeplakate herzuhalten, aber von Politik und Beratung vernachlässigt zu werden!“, machen Bettina und Friedel Hörstmeier aus Schlangen im Kreis Lippe (NRW) ihre Unzufriedenheit zur Lage der Mutterkuhhaltung deutlich.
Vor 20 Jahren haben sie ihre Milchkühe abgeschafft und mit 30 Tieren in die Charolais-Herdbuchzucht investiert. Heute hält der Betrieb Hörstmeier 65 Mutterkühe und vermarktet jährlich rund 15 Deckbullen sowie Zuchtfärsen und Absetzer. Sie bewirtschaften 100 ha, davon 70 ha Dauergrünland.
Zuchterlöse sinken
Der Vollerwerb ist nur über die Einnahmen der Zucht möglich, wo die Margen immer enger werden. „Für einjährige Deckbullen haben wir früher 3000 € bekommen. Heute sind die Erlöse für Zuchttiere um 10 bis 20% gesunken“, so Friedel Hörstmeier. Viele Mutterkuhhalter investieren seltener in neue Genetik oder hören ganz auf, weil es sich nicht rechnet. Für ihn ist klar: Setzt sich die Entwicklung so fort, rechnet sich auch ihre Fleischrinderzucht und -haltung bald nicht mehr.
Für die roten Zahlen in der Mutterkuhhaltung gibt es laut den Landwirten verschiedene Gründe. So haben sich die Pachtpreise in den letzten Jahren verdoppelt. Bezahlbare Flächen sind häufig klein und liegen am Waldrand, sodass diese deutlich mehr Arbeit machen.
Gleichzeitig können die Erlöse immer weniger die steigenden Kosten auffangen. Das Fleisch der Fleischrinderrassen aus Mutterkuhhaltung erzielt nicht die nötigen Aufschläge für die besondere Produkt- und Produktionsqualität.
Ein Label wäre zur Information der Verbraucher sinnvoll, findet Bettina Hörstmeier und ergänzt: „Die Tiere müssen überregional als Fleischrind aus Mutterkuhhaltung zertifiziert und gebündelt werden. Auch damit das ganze Jahr von den oft kleinen Betrieben konstante Partien am Markt zu höheren Preisen angeboten werden können.“
Wenn sich Verbraucher nicht zu höheren Kaufpreisen überreden lassen, sehen die Rinderhalter die Politik in der Verantwortung. Die müsse die Leistungen der Mutterkuhhaltung zunächst anerkennen, meint Bettina Hörstmeier: „Unsere Kühe sind zusammen mit den Kälbern von Mai bis Ende Oktober auf der Weide und fressen auch im Winter fast nur Gras. Sie weiden auf Flächen, die hier im Mittelgebirge nicht anders nutzbar sind und fördern die Biodiversität. Wenn diese Form der Fleischproduktion auch zukünftig bestehen soll, muss sich jetzt etwas ändern.“
Mutterkuh-Weide fördern
Doch die aktuelle Förderpolitik benachteilige Grünland und die Mutterkuhhaltung. „Sinnvoll wäre eine Förderung von Grünland, die berücksichtigt, welchen Mehrwert die Mutterkuhherden dort leisten“, so die Landwirte.
Unverständlich ist für Hörstmeier, dass es für Milchkühe eine Weideprämie gibt, für Mutterkühe aber nicht. „Die Argumentation von Politikern ist, dass Mutterkühe ja „sowieso“ auf der Weide laufen. Das ist blanker Hohn für unsere Arbeit“, so Friedel Hörstmeier.
Schließlich werde der Arbeitsaufwand für die Weidehaltung unterschätzt: Das Einzäunen der kleinstrukturierten Weideflächen, die tägliche Tierkontrolle oder die Wasserversorgung und das Zufüttern in trockenen Sommermonaten kosten Zeit und Geld.
Bettina Hörstmeier ergänzt: „Die Politik und die Gesellschaft müssen jetzt die Mutterkuhhalter und ihre besonderen Leistungen unterstützen. Ansonsten steigen demnächst sehr viele aus. Das wäre ein echter Verlust für unsere Kulturlandschaft.“