Die Milchindustrie erwartet nach der Entscheidung der Briten für den Austritt aus der EU keine kurzfristigen Handelshemmnisse. Dafür würden die Austrittsverhandlungen zu lange dauern. Langfristig stellt der Brexit die EU-Handelspolitik auf den Kopf.
Der der Milchindustrie-Verband (MIV) wertet die Entscheidung für den Brexit als „kein gutes Zeichen für Europa“. Zumindest kurzfristig neigt der MIV jedoch zur Gelassenheit. „Auch morgen gilt zunächst weiter das Binnenmarktprinzip und die Verhandlungen um den Austritt werden sich lange hinziehen“, heißt es in einer ersten Bewertung des MIV weiter. Langfristig kommt es insbesondere auf die Gestaltung der Handelsbedingungen von Briten und EU an. „Das Vereinigte Königreich ist und bleibt Mitglied in der Welthandelsorganisation WTO und damit gemeinsamen Spielregeln verpflichtet“, sagte Eckhard Heuser, Geschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes in Berlin.
Bisher Handelsüberschuss von deutschen Milchprodukten nach Großbritannien
Bisher stuft der MIV die Handelsbeziehungen mit England als hervorragend ein. Deutsche Molkereien exportierten im letzten Jahr laut dem MIV rund 13.000 t H-Milch, 12.000 t Kondensmilch sowie 68.000 t Käse auf die Insel. Der Handelsüberschuss mit Deutschland war damit deutlich positiv. Denn die Engländer schickten in der Hauptsache nur etwa 13.000 t Käse nach Deutschland zurück. Als wichtigstes Exportprodukt der deutschen Milchwirtschaft gilt laut MIV der Joghurt mit rund 94.000 t. „Natur oder mit Früchten, die Engländer lieben deutschen Joghurt“, so der Verband.
TTIP-Freunde der EU verlieren einen Verbündeten
Die EU wird seine gesamten Drittlands Abkommen überarbeiten müssen. Einfuhrzollkontingente müssen neu verteilt werden, wobei England sicherlich gerne sein Butterkontingent aus Neuseeland zurückhaben möchte. Auch das Lebensmittelrecht werde sich auf der Insel nicht von heute auf morgen ändern. „Wir erwarten in der Zukunft weiterhin ein faires Miteinander beim Handel“, so der Verband. Zu rechnen sei mit einem schnellen Handelsabkommen der Briten mit den USA. Die TTIP-Freunde in der alt-EU würden damit einen wichtigen Unterstützer bei den Verhandlungen in Washington und Brüssel verlieren.
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