Einige Lebensmitteleinzelhändler haben angekündigt, bereits im Jahr 2024 ihr komplettes Eigenmarkensortiment an Frisch- und Trinkmilch aus den Haltungsformen 3 und 4 zu beziehen. Zahlreiche landwirtschaftliche Betriebe ließen sich bereits zertifizieren. Doch wie zufrieden sind Milchkuhbetriebe mit der Umsetzung von Haltungsformen für mehr Tierwohl? Das untersuchte die Fachhochschule Kiel und befragte deutschlandweit 29 landwirtschaftliche Betriebe, die zu sieben verschiedenen Molkereien Rohmilch liefern. Insgesamt 26 der befragten Betriebe sind nach Haltungsform 3 (QM++) zertifiziert und drei nach Haltungsform 2 (QM+).
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Wie zufrieden zertifizierte Milchkuhhalter mit QM+ oder QM++ sind, untersuchte die FH Kiel anhand von 29 Betrieben.
Mehr Milchgeld ist der Hauptantriebsgrund. Viele Höfe mussten wenig investieren, um in eine Haltungsformstufe zu gelangen.
Weide und Laufhof sind für Haltungsformstufe 4 Pflicht. Das stellt Betriebe vor Herausforderungen.
Planungs- und Preissicherheit wünschen sich Betriebe, die investieren und langfristig teilnehmen wollen.
Nach Aussagen von QM-Milch waren zum Zeitpunkt der Befragung im Mai 2024 von allen zertifizierten Milchviehbetrieben 87 % (2.400) nach QM++ und 13 % (350) der Betriebe nach QM+ zertifiziert. Die Stichprobe kommt mit 89 % QM++ und 11 % QM+ Betrieben nahe an die bisherige Gesamtverteilung bei QM heran. QM geht bis Ende 2024 von rund 5.000 zertifizierten Betrieben aus (90 % QM++; 10 % QM+).
Mehrerlös ist Hauptgrund
Die mittlere Herdengröße der 29 Höfe liegt bei 85 Milchkühen mit einer Spannweite zwischen 43 und 500 laktierenden Kühen/Jahr. 69 % der Betriebe melken weniger als 100 Kühe/Jahr, 17 % zwischen 100 und 200 Kühen und 14 % mehr als 200 Kühe.
Die Befragung zeigt, dass vor allem der Mehrerlös oder der Druck der Molkereien die Hauptbeweggründe für die Teilnahme an QM+/++ sind. Seltener nannten die Befragten, dass sie keinen Investitionsaufwand hatten oder eine Vorreiterrolle einnehmen wollten. Die Milchkuhhalter erklärten, dass eher kleinere Investitionen notwendig waren, um am Zusatzmodul teilnehmen zu können. 51 % nannten die Installation von Scheuerbürsten und zusätzlichen Tränkebecken. Im Mittel sind die befragten Betriebsleiter mit der Umsetzbarkeit der Anforderungen zufrieden.
Verschiedenste Label
QM-Milch ordnet sich mit den verschiedenen Stufen (QM+/++/+++) in die Haltungsformen (HF) 1, 2, 3 und 4 ein. Zusätzlich ordnen sich weitere Label den unterschiedlichen Haltungsformen unter. Hierzu zählen zum Beispiel die Label der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) (HF 1 – 4), das Pro Weideland-Label (HF 3) und die Label des Deutschen Tierschutzbundes (HF 3 und 4). Trotz gleicher Kennzeichnung sind die Anforderungen an die Haltungsformen zwischen den Labeln unterschiedlich. Außerdem wird nach unterschiedlichen Schemata auditiert.
Die Zufriedenheit über das Beratungsangebot zu den Anforderungen war dagegen sehr unterschiedlich. Unzufriedene Betriebe hatten häufig kein direktes Beratungsangebot. Beratungsangebote der Molkereien oder eigene Recherchen führten zu mehr Zufriedenheit. Mit den Audits der QM-Teilnahme waren die Landwirte ebenfalls überwiegend zufrieden. Einige hätten sich eine Vorabinformation zum Ablauf gewünscht, damit sie ihre benötigten Unterlagen hätten organisieren können, sodass die Audits schneller und reibungsloser hätten ablaufen können.
Die QM+/++ zertifizierten Betriebe sehen besonders den Mehrerlös als Vorteil (siehe Übersicht 1). Danach folgt eine bessere Eigenkontrolle und eine Imageverbesserung.
Übersicht 1: Welche Vorteile bringt QM++?
Als Nachteile empfanden die Betriebe die zusätzliche Bürokratie und die zusätzlichen Auflagen und Kontrollen (siehe Übersicht 2). 10 % der Befragten sind unzufrieden mit der geforderten Zellzahlgrenze. Hier wird ein Widerspruch zu der gesellschaftlich häufig geforderten längeren Nutzungsdauer der Kühe gesehen, die üblicherweise mit einer höheren Zellzahl einhergeht.
Übersicht 2: Welche Nachteile hat QM++ für Milchkuhhalter?
Damit Landwirte langfristig an QM+/++ teilnehmen, fordern sie Planungs- und Preissicherheit und das Beibehalten der Anforderungen (siehe Übersicht 3). Insgesamt können sich alle Betriebe eine langfristige Teilnahme vorstellen.
Übersicht 3: Voraussetzungen für langfristige Teilnahme
Warum fallen Betriebe durch?
Ergänzend zu den teilnehmenden Milchviehbetrieben fragten die Wissenschaftler bei QM-Milch an, was die Hauptgründe dafür sind, dass Betriebe die Audits nicht bestehen. Häufig sind das fehlende tierärztliche Betreuungsverträge sowie nicht vorhandene Scheuermöglichkeiten. Die Eutergesundheit, ein vergrößertes Platzangebot sowie eine separate Abkalbebox sind ebenfalls gängige Beanstandungsgründe bei Auditierungen. Zusammenfassend sind die befragten Betriebe mit der Teilnahme und den Anforderungen zufrieden und wollen auch langfristig daran teilnehmen. Für die meisten war es mit geringem Aufwand verbunden, auf die Haltungsstufe 3 umzustellen. Eine Herausforderung stellt die Forderung nach Weidehaltung und Laufhof dar.
Zwei Drittel sind sogar bereit, auf die höhere Haltungsform 4 bzw. QM+++ umzustellen. Landwirte, die sich das nicht vorstellen können, haben häufig keine Weide oder Platz für einen Laufhof oder sehen Herausforderungen mit Weidehaltung in Kombination mit einem Melkroboter. Um die Landwirte und Landwirtinnen trotzdem zu motivieren, an der Haltungsform 4 teilzunehmen, wäre eine angemessene Vergütung mit einer Preissicherheit notwendig, aber auch die Planungssicherheit, dass die baulichen Maßnahmen auch zukünftig noch den Anforderungen entsprechen.