Einfach nur sprachlos. Und auch wütend: So habe ich mich gefühlt, nachdem ich den Beitrag der NDR-Sendung „3nach9“ gesehen habe. Eigentlich ist „Bauern-Bashing“ oder vielmehr „Tierhalter-Bashing“ ja nichts Neues. „Wer Tiere hält, der nutzt sie aus, also quält sie.“ Das scheint eine einfache Argumentationskette. Und es bringt Einschaltquoten und mehr Follower auf Instagram und Co.
Aber irgendwie hatte dieser Beitrag doch eine andere Dimension. Rund 15 Minuten Redezeit im Öffentlich-rechtlichen Fernsehen für die subjektive Meinung eines Schauspielers (und selbsternannten Aktivisten), der behauptet mit konventionell produzierter Milch "vergiftet" man sich. Hinzu kamen unreflektierte Ergänzungen eines zweiten Schauspielers.
Ohne irgendeine Einordnung
Ok. Es ist nicht das Ziel des Formates „Talkshow“ Meinungen kritisch zu diskutieren. Trotzdem frage ich mich als Journalistin: Wie läuft dort eine Themenplanung ab? Findet vor der Sendung keine Recherche der TV-Redakteure oder Produzenten statt? Wird bei absehbar provokanten Gästen, die man einem Millionen-Publikum präsentiert, vorher eine unabhängige Fachperson um Rat gefragt? Werden beide Seiten gehört, um ein Thema objektiv einordnen zu können? Nein. All das scheint offensichtlich nicht stattzufinden. Sonst wären spätestens Aussagen wie „Kälber werden in Container gestapelt und entsorgt“ von den Moderatoren eingeordnet worden.
Als Tochter und Schwester von Milcherzeugern frage ich mich: Wo führt das alles noch hin? Wer wertschätzt in Zukunft noch die Arbeit von Landwirten, die sich 365 Tage im Jahr um ihre Tiere kümmern und Grundnahrungsmittel produzieren? Immer wieder versuchen wir Landwirte unsere Arbeit zu erklären. Mit Fakten zu informieren. Verbraucher auf die Höfe zu holen. Und dann kommt so eine Sendung.
Während einer Reportage hat mir einmal ein Mutterkuhhalter und Direktvermarkter gesagt: „Wir wollen einen Beitrag zu mehr Tierwohl leisten. Wer einfach nur auf Fleisch verzichtet und über Landwirte schimpft, der hilft keinem einzigen Tier. Wer sich wirklich für mehr Tierwohl einsetzen will, der sollte aktiv etwas tun.“ Das könnte ein Hofbesuch oder offenes Gespräch mit einem Landwirt sein. Oder auch die bewusste Entscheidung zum regionalen Einkauf. Nicht gemeint war damit sicherlich in einer Talkshow seine persönliche Meinung zu präsentieren.
Sachlich bleiben. Weiter machen.
Die Sendung lässt mich etwas ratlos und frustriert zurück. Wenn Aussagen wie diese vom Fernsehpublikum geglaubt werden, bringt es dann überhaupt etwas „der Öffentlichkeit“ Landwirtschaft und Nutztierhaltung zu erklären? Scheinbar sind keine Fakten gefragt, sondern Emotionen und Einschaltquoten.
Ermutigend ist allerdings, wie viele konstruktive und gute Kommentare junge Landwirtinnen und Landwirte in den sozialen Medien zu dem Fernsehbeitrag veröffentlichen. Sie verdeutlichen, wie wichtig es ist Haltung zu zeigen. Wichtig wird jetzt und in Zukunft sein, dass diese Argumente und Meinungen auch außerhalb der Landwirtschaft gehört werden. Und auch, dass wir in der Diskussion sachlich bleiben. Daran können wir alle gemeinsam mitwirken.