Frau Wohlfarth, das vergangene Jahr war für Milcherzeuger außergewöhnlich mit bisher unbekannt hohen Milchpreisen. Wird sich dieser Trend fortsetzen?
Wohlfarth: Danach sieht es aktuell nicht aus, auch wenn die Preise für einige Milchprodukte im Einzelhandel Anfang Januar erneut gestiegen sind. Die Preise für Käse, Butter und Milchpulver haben in den letzten Wochen schnell und deutlich nachgegeben und sind inzwischen niedriger als vor einem Jahr. Bei den verringerten Erlösen sind spürbare Senkungen der Milchpreise unumgänglich.
Die Milchanlieferung in Deutschland und weltweit steigt. Zieht auch die Nachfrage an?
Wohlfarth: Im Gegenteil. Die Nachfrage ist im In- und Ausland eher schleppend. Die höheren Inflationsraten weltweit schwächen die Kaufkraft. Im Dezember und in den ersten Tagen von 2023 blieb der Absatz vielfach hinter den Erwartungen zurück. Am Weltmarkt ist es ebenfalls ruhig. Generell haben sich die Käufer umgestellt: Im Frühjahr haben sie versucht, sich zu bevorraten und damit den Preisanstieg angeheizt. Im Moment kaufen sie nur das Notwendigste in der Hoffnung auf sinkende Preise. Das verstärkt den Preisrückgang. Viele hoffen, dass in China die Nachfrage nach dem Neujahrsfest am 22. Januar und mit dem Abflauen der aktuellen Covid-Infektionswelle wieder stärker anspringt.
Markenmilch hatte es 2022 schwer. Bleiben Discounter und Handelsmarken auch 2023 die Gewinner?
Wohlfarth: Das könnte sein. Die Inflation ist weiter hoch, auch wenn sie jetzt unter die 10 %-Marke gesunken ist. Viele Verbraucher müssen aufs Geld schauen und entscheiden sich für die günstigste Option zulasten von Marken- und Bioprodukten.
Empfehlen Sie Landwirten, jetzt Milchpreise an der Börse abzusichern?
Wohlfarth: Da will ich keine pauschale Aussage treffen. Der beste Zeitpunkt für die Absicherung ist in jedem Fall seit einigen Monaten vorbei. Es muss jeder selbst entscheiden, wie er seine künftigen Milchpreise einschätzt und ob er aktuell absichern will.