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topplus „Das Ausland will Fleisch“

Niederlande nehmen deutsche Rinder mit Kusshand – auch ohne HF 3

Während Schlachtunternehmen hierzulande immer mehr Rinder aus Haltungsform 3 suchen, nehmen die Niederlande fast alles – ganz gleich, ob die Tiere extrem schwer, alt oder ohne QS sind.

Lesezeit: 4 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Dienstagmorgen, 7.30 Uhr: Reges Treiben bei der Viehsammelstelle Buers in Hamminkeln im Kreis Wesel. Ein Lkw aus dem Kreis Borken lädt Rinder ab. Darunter Holstein-Friesians, Fleckviehkühe, Holstein-Deckbullen und einige Kreuzungstiere. Außerdem schwere und alte Fleckviehbullen – älter als 24 Monate und schätzungsweise mit mehr als 500 kg Schlachtgewicht. Der zweite Lkw mit niederländischem Kennzeichen fährt vor. Um die 20 Charolais-Kühe und -Bullen verlassen die Rampe. Sie kommen von einem Betrieb aus dem Kreis Wesel.

Rund 40 Tiere haben Platz in dem Stall bei Jockel Buers. Die Rinder sind aber auch nur für etwa 15 Minuten im Stall. Die Veterinärin des Kreis Wesel nimmt sie genau in Augenschein und gleicht die Ohrmarken mit den Papieren ab. Alles ok. Die Tiere werden wieder verladen. Nun geht es für sie in die Niederlande. Um 10 Uhr haben sie dort Schlachttermin.

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Markt für schwere Kühe

Jockel Buers macht gerne Geschäfte mit den Niederländern: „Importtiere müssen an den Schlachthöfen selten warten. Von uns aus sind die Transportwege kürzer ins Nachbarland als zu anderen deutschen Schlachthöfen.“ Das ist so, seit der Tönnies-Schlachthof in Legden geschlossen ist. Nun steuert Buers mit Jungbullen folgende Schlachthöfe an: Wilms in Bochum sowie die Westfleisch in Lübbecke. Für „normale“ Jungbullen ist der niederländische Markt meist keine Alternative. Kühe verkauft er im Rahmen des Best-Beef-Programmes zum Tönnies-Standort in Badbergen, aber eben auch einen Großteil in die Niederlande.

Doch Buers handelt die Tiere nicht alleine. Seit 2023 ist sein Viehhandel zu 100% Teil der Agrivieh. Das ist ein Viehhandelsverbund, bestehend aus Agri V (50,1%), VVR (39,9%) und Viehhandel Buers (10%). Im Schnitt des Wirtschaftsjahres 2023/24 vermarktete dieser 200 Kühe, 180 Jungbullen und 50 Schlachtfärsen pro Woche. Das erklärt Agrivieh-Geschäftsführer Dr. Frank Greshake. Auch er schätzt das Geschäft mit den Niederländern. „Unsere deutschen Schlachthöfe suchen vor allem Zerlegekühe, sprich HF-Kühe. Die Niederländer nehmen alles.“ Buers fügt hinzu: „Speziell bei den Fleischrassekühen ist der Preisunterschied zwischen Deutschland und den Niederlanden hoch.“

Großvieh ist knapp

Seit Jahresbeginn handeln sie mit den Niederländern. „Damals wurden gute Färsen in Deutschland extrem abgestraft und für schwere Kühe gab es keinen Markt“, erinnert sich Buers. Aktuell verkauft die Agrivieh wöchentlich 150 Rinder dorthin. Auch den Niederländern ist das Geschäft mit deutschem Rindvieh willkommen. Denn dort gibt es immer weniger Kühe und damit weniger Schlachttiere. Aus dem westlichen Münsterland und dem Niederrhein sind die Transportwege ins Nachbarland kurz: Zu den deutschen Schlachthöfen, mit Ausnahme von Wilms in Bochum, müssten, inklusive Verladen, Transport, Abladen, Waschen des Lkws und Rückfahrt, Tagesfahrten eingeplant werden. Das Sammeln beispielsweise alter Kühe ist dabei nicht inbegriffen. „Ein Fahrer alleine kann diese Tagesfahrten mit Blick auf die Arbeits-, Fahr- und Lenkzeiten nicht schaffen. Einen zweiten Fahrer pro Lkw haben wir nicht“, erklärt Dr. Greshake und lobt die Vorteile der Nähe: „Der niederländische Standort Epe ist vom Kreis Wesel so nah, dass bei Abfahrt um 8 der Fahrer oft schon vor Mittag wieder hier ist.“ Die Vorteile hätten inzwischen auch andere Viehkaufleute erkannt.

Nicht alle wollen HF 3

Ein weitere Punkt, warum sich der Handel für die Agrivieh lohnt: „Die höheren Haltungsformen (HF) 3 und 4 sind in den Niederlanden bislang kein Thema“, erklärt der Viehhändler.  Man kann es auf die kurze Formel bringen: In Deutschland verlangt der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) zunehmend HF – das Ausland will Fleisch. „Diese Entwicklung macht mir zunehmend Sorgen, da können viele unserer Landwirte nicht mit“, ärgert sich Dr. Greshake. Ihn bedrückt, dass so viele Bauern aufhören, weil die bürokratischen Hürden zu hoch sind. „Einige können ihre Ställe nicht auf HF 3 umstellen, andere haben aber auch einfach keine Lust auf noch mehr Kontrollen. Wollen wir diese Betriebe alle verlieren?“, fragt er.

Und noch etwas in seinen Augen Entscheidendes macht es für einige Landwirte auf dem deutschen Markt schwer:  „Bullen, älter als 24 Monate, schwerer als 500 kg Schlachtgewicht, Deckbullen, Nicht-QS-Tiere – für alles gibt es hierzulande Abschläge.“ Im Ausland werde das moderater gesehen.

Keine Betriebe verlieren

„Der Nebenerwerbsmutterkuhhalter im Westerwald mit großer Herde, der ehemalige Landwirt im Westmünsterland mit ein paar Färsen auf den Grünflächen, der Hobbyhalter mit den Extensivrassen, Rinder mit ausländischen Ohrmarken – ist das alles hierzulande nicht mehr gewollt?“ überlegt Dr. Greshake. Das ist in seinen Augen eine sehr bedenkliche Entwicklung. Er hofft, dass der deutsche LEH sich den Konsequenzen der Forderung nach ständig höheren Haltungsformen bewusst ist. „Der LEH muss endlich begreifen, dass er die deutschen Landwirte nicht überfordern darf“, fordert auch Buers.

Künftig geht er davon aus, dass Großvieh in Deutschland, aber auch in der EU knapp wird. Die Schlachthöfe sorgen sich deshalb vor steigenden Preisen. Die VEZG-Notierungen zogen bereits im Sommer an. 

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