In der Mitte des sechsreihigen Stalls von Familie Hämmerle liegen knapp 60 m2 freie Fläche – ein perfekter Platz für mehr Liegeboxen – würde man meinen. Aber Hubert Hämmerle erklärt: „Das ist ein innen liegender Laufhof oder ein Kuhspielplatz.“ Der Stall für rund 150 melkende Kühe, Trockensteher und junge Kälber wurde durch das Projekt Europäische Innovationspartnerschaft Rind (EIP-Rind) gefördert. Ziel ist, innovative Ansätze im Stallbau zu entwickeln und zu erforschen – dazu zählen Aktivitätsbereiche ebenso wie flexible Kotschwellen und verstellbare Fressgitter.
„Beim Stallbau waren unheimlich viele Leute hier. Jeder hatte Ideen und Meinungen aus der Praxis. Das war ein richtig spannender Austausch“, sagt der Landwirt und ergänzt: „Teilweise haben wir beim Bau täglich Pläne geändert. Aber wenn der Beton erst mal drin ist, ist es zu spät.“ Dazu kommt, dass Hubert Hämmerle gerne selbst tüftelt. So entstand in Bad Wurznach (Baden-Württemberg) ein moderner Stall – mit ein paar nicht alltäglichen Extras.
Verstellbare Fressgitter
Zur Emissionsminderung durch feuchte Flächen und für die Klauengesundheit entschied sich der Landwirt für erhöhte Fressplätze. Am Fressgitter stehen die Kühe auf einer Plattform mit 1,55 m Tiefe und 25 cm Höhe. Je zwei Plätze sind durch Trennbügel getrennt. Das soll verhindern, dass die Kühe schief stehen und auf den Fressstand koten.
„Der Stand darf nicht zu kurz sein, sonst passen die Kühe nicht drauf. Zu lang ist auch ein Problem, dann entstehen Dreckecken bei den Vorderklauen“, erklärt Hämmerle. Da er sich nicht final für ein Maß entscheiden konnte, fand er die Lösung in verstellbaren Fressgittern. Dazu ist die Grundkonstruktion des Gitters mit verschiebbaren Abstandshaltern aus dem Liegeboxenbereich an die Haltepfosten montiert. „Wir haben die Gitter nach dem Einzug viermal nachgestellt und nun passt es genau auf die Größe unserer Tiere“, ist er zufrieden.
Der Landwirt ist überzeugt, dass die trockenen, gummierten Fressplätze gut für die Klauengesundheit der Tiere sind. Im Gegensatz zum alten Stall konnte er z. B. das Klauenpflegeintervall verdoppeln. Zudem stört die Entmistungstechnik nicht beim Fressen und die Trennbügel verringern Rangkämpfe.
Lauffflächen mit Schläuchen bewässert
Bei der Entmistung setzten Hämmerles auf zwei Entmistungsroboter. Diese reinigen sämtliche planbefestigten Böden und werfen die Gülle in zwei zentralen Schächten ab. Vor den Melkrobotern fahren sie allerdings nicht. „Ich will keine Störungen im Wartebereich“, sagt Hämmerle. Daher befinden sich dort gummierte Vollspaltenböden.
Ich will keine Störungen im Wartebereich.
Da der Betrieb sich für eine Entmistungs-Variante ohne Wassertank entschieden hat, hat Hubert Hämmerle eine Laufgangbewässerung in den Stall gebaut. „Das erhöht die Fahrsicherheit des Roboters. Denn auf schmierigen Untergründen können die Reifen durchdrehen und dann passt die Streckenprogrammierung nicht“, sagt er.
Die Bewässerung integrierte der Betrieb unter die Tiefboxen. Die Kotschwelle besteht aus einem flexiblen, gummierten oberen Teil und einem betonierten unteren. Dazwischen liegen Wasserschläuche mit Düsen. Diese kann Hämmerle per Handy aktivieren und so Wasser auf die Flächen spritzen. Das soll zusätzlich auch zur Emissionsminderung beitragen. Einziges Manko: „Der Entmistungsroboter schiebt direkt an der Kotschwelle entlang, sodass die Düsen manchmal zugedrückt werden“, beschreibt er.
Heukarussell umgebaut
Im Beitrag „Kuhspielplatz und Heukarussell“ hat top agrar über eine Masterarbeit zum Heukarussell bei Hämmerles berichtet, das die Kühe zum Melken locken und beschäftigen soll: Zwei Kunststofffässer hängen an den Enden einer Metallstange über dem Wartebereich der zwei Roboter. Diese ist mittig aufgehängt und kann sich um diese Aufhängung drehen. Diese Metallkonstruktion hebt und senkt sich zeitgesteuert.
Damals waren die Fässer mit Heu befüllt und haben die Kühe nachweislich zum Melken gelockt. „Das tägliche Befüllen war allerdings zu aufwendig. Wir sind auf Salzlecksteine umgestiegen. Das klappt auch“, sagt Hämmerle. Man darf sie nur an keiner anderen Stelle im Stall anbieten und das Karussell darf sich nicht zu häufig absenken, damit das Angebot für die Tiere interessant bleibt. Die Kühe sind immer über die Ration ausreichend mit Salz versorgt.
Boxenpflege per Schwader
Bei den Liegeboxen waren für Hubert Hämmerle Tiefboxen wegen des Komforts alternativlos. Den Zeitfaktor bei der Pflege der Boxen umgeht er mit einer Eigenkonstruktion. Dazu hat der Landwirt vom Antrieb eines alten Schwaders Zinken und Zinkenträger entfernt. Die Aufhängung hat er verlängert, sodass er alles seitlich an seinen Frontlader bauen kann. Wo vorher die Zinkenträger waren, hat er rundum Reste der Gummikotschwellen befestigt. Nach unten hat er Metallstifte angeschweißt. Für den Antrieb sorgt der alte Motor eines Betonmischers.
Der Liegeboxenplaner ist klappbar, sodass Hämmerle über den Laufhof in den Stall fahren kann. Dort klappt er den Arm aus und positioniert ihn unter den Bxenbügeln. Sobald sich der Antrieb dreht, lockern die Stifte die Einstreu auf. Die Gummischwellen schützen die Stalleinrichtung, reinigen die Kotschwellen und glätten das Material. Die Höhe/Tiefe des Arms kann der Fahrer mit dem Frontlader steuern. Er fährt zuerst am hinteren Teil der Box entlang und arbeitet feuchteres Material auf den Gang. Dann arbeitet er sich zum Kopfbereich vor, indem er an den Boxenreihen auf und ab fährt und den Abstand verringert.
Bei der letzten Fahrt am Kopfteil zieht das Frontteil schon frisches Stroh aus dem Zwischenboxenbereich mit auf die Fläche. „Wenn wir fertig sind, geht einer von uns immer noch mal durch und schiebt mehr frisches Stroh nach“, erklärt Hubert Hämmerles Sohn Daniel. Das Ergebnis: Die Boxen sind oberflächig aufgelockert, frei von Krusten und gerade. Besonders die festen Hügel, die sich schnell zwischen den Bügeln bilden, sind entfernt. Das ganze macht er rund zweimal im Monat. „Wir pflegen täglich händisch die Boxen, aber das Gröbste machen wir so.“
Mit dem neuen Stall sieht Hubert Hämmerle, der den Familienbetrieb in einer GbR mit seinem Sohn Daniel führt, ihre Landwirtschaft für die Zukunft gerüstet. Zuvor hat die Familie im alten Stall ohne jede Extratechnik gemolken. Der neue Stall schafft nun zeitlich Freiräume, hat die Tiergesundheit der Herde erhöht und erfüllt zudem verschiedene Vorgaben für höhere Haltungsformstufen – auch das könnte in Zukunft ein Vorteil bei der Milcherzeugung sein.