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topplus Haltungsform 3

Weniger Bullen, höhere Steuern?

Wollen Rindermäster den Betrieb auf Haltungsform 3 umstellen, müssen sie häufig Tiere abstocken. Dadurch werden stille Reserven frei. Drohen unweigerlich höhere Steuern? Tipps vom Steuerberater.

Lesezeit: 6 Minuten

Dieser Beitrag ist zuerst erschienen im "Wochenblatt für Landwirtschaft und Landleben".

Landwirte mit konventionellen Ställen halten ihre Mastbullen häufig mit etwa 3 m2 Platz pro Tier. Entscheiden sie sich nun, ihre Tiere gemäß der Haltungsform (HF) 3 mit 4 m2 Platz in der Endmast zu halten, müssen sie abstocken. Das heißt bei vielen: Ein bis zwei Tiere müssen aus jeder Bucht raus. Bei einem Betrieb mit 400 Plätzen kann das schnell ein Abstocken um die 100 Tiere bedeuten.

Doch gerade bei Bullen ist das Umlaufkapital – also das Kapital, das im Stall steht – nicht zu unterschätzen. Wer also 100 Bullen verkauft und keine neuen Fresser einstallt, deckt stille Reserven auf. Denn er vermarktet die Bullen zum aktuellen Marktpreis, entnimmt sie seiner Bilanz aber zu dem dort veranschlagten Gruppenwert. Dieser beträgt 700€ für Tiere älter als 18 Monate. Es entsteht ein Gewinn in Höhe der Differenz.

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Steuerberater Rudolf Kuckelmann hat für uns anhand eines Beispielbetriebes nachgerechnet, was das für steuerliche Auswirkungen haben kann. Er betreut in seiner Kanzlei in Everswinkel, Kreis Waren­dorf, mehrere Bullenmäster mit 300 bis 400 Tieren.

Dieses Beispiel trifft nicht auf alle Bullenmastbetriebe zu und bedeutet auch nicht, dass HF 3 zu jedem Landwirt passt.

Höherer Buchgewinn

Muss ein Beispiel-Bullenmast­betrieb also 100 Tiere für HF 3 abstocken, erhält er beim Verkauf 211.000€ netto (ohne Umsatz­steuer). Dabei setzen wir einen Verkaufs­erlös bei Fleckvieh von 4,80 €/kg Schlachtgewicht (SG) und 450 kg SG an. Die Vorkosten sind bereits abgezogen.

Der Landwirt verkauft die Tiere in diesem Wirtschaftsjahr. Zieht man den Gruppenwert vom eigentlichen Verkaufserlös ab, erhält man den zu versteuernden Buchgewinn. Dieser liegt dann bei 141.000€ (211.000€ – 70.000€).

Bisher hätte der Betrieb nun 100 neue Fresser (à 1000€) eingekauft. Fresser werden mit dem Gruppenwert von 200€ bewertet. „Normalerweise hätte der Landwirt in seiner Bilanz also einen Aufwand von 80.000€“, berechnet Kuckelmann. Diesen hat er jetzt nicht, da er keine neuen Tiere einkauft. Das bedeutet für die Bilanz Ende dieses Wirtschaftsjahres (30. Juni): Der Landwirt muss 141.000 €, statt vorher 61.000€, versteuern.

Stille Reserven

Das Tiermaterial ist nicht die einzige stille Reserve, die aufgedeckt wird. Auch der Bedarf an Futtermitteln ist bei weniger Tieren geringer. Das heißt entweder muss der Landwirt weniger Futter kaufen, selbst anbauen oder er lässt Pachtflächen liegen. Er hat somit auch weniger Aufwand für Saatgut, Lohnunternehmer, Dünger usw. Insgesamt bedeutet das jedoch nicht zwangsläufig, dass es für den Bauern mit weniger Bullen wirtschaftlich besser aussieht.

Fachveranstaltung „Zukunft Rindermast 2.0 “

Am Dienstag, 18. Juni, findet auf dem Betrieb von Familie Gerbermann in Everswinkel, Kreis Warendorf, die Wochenblatt-FachveranstaltungZukunft Rindermast 2.0 “ statt.
Ein kleiner Blick ins Programm: 

  •  Wo stehen wir in der Bullenmast? (Fachvortrag von Unternehmensberater Christopher Kneip, Landwirtschaftskammer NRW)

  • Fütterung: Welche Rolle spielen Nachhaltigkeit und entwaldungsfreie Lieferketten? (Kurzvortrag von Produktmanager Rind Heiko Kornahrens, Agravis)

  • Was ist Stand bei der ITW Rind? (Kurzinterview mit Robert Römer, Geschäftsführer ITW)

  • Hochkarätig besetzte Podiumsdiskussion zur Zukunft der deutschen Rindermast. Mit dabei sind der Geschäftsleiter Einkauf bei Lidl, Christoph Graf, Vorstandsmitglied bei Westfleisch, Johannes Steinhoff, Bullenmäster André Gerbermann, Teamleiterin für Landwirtschaft bei der Deutschen Umwelthilfe, Reinhild Benning und der Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft und Verbraucherschutz NRW, Dr. Martin Berges.

  • Showgrillen mit Metzgermeister Philipp Büning statt. Er hat edle Teilstücke vom Rind auf dem Grill. Bei Kaltgetränken und Köstlichkeiten haben Bullenmäster die Gelegenheit zum Austausch.

Interesse? Hier geht’s zur Anmeldung.

Doch zurück zu den Steuern. Ein Landwirt, der Tiere abstockt, will deshalb nicht Unmengen an Steuern zahlen. „Das muss er auch nicht“, sagt Kuckelmann. Er nennt steuerliche Gegenmaßnahmen für das Wirtschaftsjahr der Abstockung:

  • Aufgeschobene und notwen­dige Renovierungen der Stallgebäude oder sonstige Renovierungsmaßnahmen auf dem Hof könnten nachgeholt werden. Falls dies nicht mehr bis zum Wirtschafts­jahres­ende klappt, kann auch eine Rückstellung für unterlassene Instandhaltungen gebildet werden (Nachholung innerhalb von drei Monaten nach Bilanzstichtag).

  • Das Wachstumschancengesetz nutzen: Sonderabschreibungen in Höhe von 40% (§ 7 g Abs. 5 EStG.) sind beispielsweise auf Maschinen oder Stalleinrichtungen möglich. Gummiauflagen oder auch Curtains zählen zu Stalleinrichtungen. „Die Krux: Der Betrieb darf im Jahr vor der Anschaffung die Gewinngrenze von 200.000€ nicht überschritten haben.“

    Das bedeutet auch: Falls durch das Nutzen von Sonderabschreibungen der Gewinn auch im Jahr des Abstockens der Bullen unter der Grenze von 200.000€ bleibt, hätte der Landwirt zudem noch die Möglichkeit, einen Investitions­abzugs­betrag (§ 7 g Abs. 1 EStG) für bewegliche Wirtschaftsgüter zu berücksichtigen.

    Neben den Sonderabschreibungen können Mäster zusätzlich bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens statt der linearen die degressive Abschreibung mit jährlich bis zu 20% vornehmen (§ 7 Abs. 2 EStG). Das gilt für Anschaffungen nach dem 31. März 2024 und vor dem 1. Januar 2025.
    Landwirte die dieses Jahr Bullen reduzieren, könnten zum Beispiel für Curtains oder einen neu angeschafften Schlepper 40% Sonderabschreibung geltend machen und zusätzlich die degressive Abschreibung wählen.

  • Investitionsabzugsbeträge für bewegliche Wirtschaftsgüter, wie Maschinen oder Stalleinrichtungen, des Anlagevermögens (§ 7 g EStG) in Höhe von 50% der Anschaffungskosten wahrnehmen. Dafür müssen Landwirte die Gewinngrenze von 200.000€ im aktuellen Wirtschaftsjahr einhalten.

    Ein Güllebehälter zählt beispielsweise zu begünstigten Wirtschaftsgütern. Der Landwirt könnte sich diesen innerhalb von drei Jahren nach Bildung des Investitionsabzugsbetrages anschaffen, um die gesetzliche Frist einzuhalten.

  • Außerbetriebliche ertragssteuerliche Gegenmaßnahmen prüfen. „Viele haben noch ein Mietshaus, das renoviert werden könnte. Ein Verlust bei den Einkünften aus Vermietung kann mit den landwirtschaftlichen Einkünften desselben Jahres verrechnet werden.“

  • Wünschenswert wäre, wenn die politisch diskutierte Tarifglättung wieder eingeführt wird.

  • Für einige Mäster könnte auch ein Abstocken der Tiere in zwei Etappen, verteilt über zwei Wirtschaftsjahre, interessant sein, um die Gewinngrenzen einzuhalten.

Allerdings ist es kurzfristig oftmals kaum möglich, das Geld aus dem Betriebszweig Bullenmast auch wieder in diesen zu reinvestieren. „Am Ende ist das Abstocken nur ein Einmaleffekt. Die Entscheidung für oder gegen HF 3 sollte ­keine steuerlichen Beweggründe haben“, erklärt Kuckelmann. Er betont auch: „Zeitlich sollte sich niemand unter Druck setzen lassen. Innerhalb von zwei Wochen braucht keiner umzustellen. Das muss steuerlich und betriebswirtschaftlich gut und genau geplant sein.“

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