Im Rahmen des digitalen Seminars „Im Austausch 'Längere ZKZ- ja aber...“ vom Innovationsteam Milch der Landesvereinigung Hessen berichtet Dr. Ilka Steinhöfel über die möglichen Chancen und Herausforderungen verlängerter Zwischenkalbezeit (ZKZ). Vorab unterstrich sie: Eine eindeutige Antwort pro oder kontra langer ZKZ sei wissenschaftlich noch nicht belegbar. Es gebe sowohl Untersuchungen, die Pluspunkte belegen als auch welche, die negative Folgen beschreiben.
Milcherzeuger, die bis zur ersten Besamung nach dem Kalben freiwillig länger Warten und damit die Zwischenkalbezeit verlängern, versprechen sich einige Vorteile:
- Besserer Besamungserfolg und damit sicherere Trächtigkeit, weil nicht in der negativen Energiebilanz-Zeit besamt wird
- Anteil der Phase mit hohem Erkrankungsrisiko rund um die Kalbung an der gesamten Laktation reduzieren
- Längere Nutzung der Hochleistungsphase
- Weniger Kühe mit extrem hoher Milchleistung zum Trockenstellen
- Weniger Kälber auf den Markt bringen
Einige Studien haben in den letzten Jahren die Vorteile bestätigt und beschrieben. top agrar berichtete, z.B. hier:
Dabei wurde auch immer wieder auf mögliche Herausforderungen für das Management hingewiesen. Steinhöfel machte in ihrem Vortrag deshalb noch einmal deutlich: Längere ZKZ können auch negative Folgen haben:
- Der Leistungsschnitt der Herde könnte sich reduzieren
- Tiere neigen zum Verfetten am Laktationsende – verbunden mit einem höheren Abgangsrisiko in der Folgelaktation
- Die Herde kann sich heterogener entwickeln, was bedarfsgerechte Fütterung und das Management erschwert
So zeigten laut Steinhöfel Untersuchungen zwar, dass die Milchleistung nach 100 Tagen und in der gesamten Laktation bei verlängerten Wartezeiten steige. Allerdings relativere sich dieser Effekt, wenn die Milchleistung je Laktationstag betrachtet wird: Bei einer freiwilligen Wartezeit von 42 Tagen lag diese bei 31,9 kg, mit 120 Tagen bei 32,9 kg und mit 180 Tagen bei 31,3 kg Milch pro Laktationstag (G. Niozas et al., 2018 und Deißing, 2018).
Zudem steige das Risiko für Verfettungen zum Laktationsende mit längerer Wartezeit. Steinhöfel erklärte, dass verlängerte ZKZ nur für hochleistende Kühe zu empfehlen sind und keine Pauschallösung für Herden sein sollten. Zudem sollten Betriebe, die wegen geringer Erstbesamungserfolge die Wartezeit verlängern wollen, zunächst mögliche Ursachen prüfen und abstellen. Häufig sei eine negative Energiebilanz zu Laktationsbeginn der Grund dafür, dass Kühe schlechter aufnehmen. Beispielsweise eine bedarfsgerechte Fütterung sei dann effektiver als eine längere Wartezeit. Steinhöfel machte deutlich: „Längere ZKZ erfordern ein Management mit viel Fingerspitzengefühl, um Probleme in der Folgelaktation zu vermeiden!“
Reportage: Wie Familie Karch aus Rheinland-Pfalz lange ZKZ managt, lesen Sie hier.