Der Umbau der Tierhaltung mit Blick auf die gesellschaftlichen Ziele wird sich auch auf die Schweinezucht auswirken. Die bisherigen Merkmale der Schlachtkörperqualität wie Muskelfleischanteil und Indexpunkte rücken in den Hintergrund. Dafür gewinnt die Effizienz an Bedeutung. Wobei es nicht um die klassische Futterverwertung geht, sondern um die Toleranz gegenüber deutlich abgesenkten Stickstoff- und Phosphorgehalten im Futter.
Durch neue Haltungsverfahren wie z.B. Bewegungsbuchten für Sauen bekommen Verhaltensmerkmale eine größere Bedeutung. Die Zucht friedfertiger, gruppentauglicher Tiere wird wichtiger. Damit die Merkmale züchterisch bearbeiten werden können, müssen aber zunächst breit einsetzbare Methoden für die Datenerfassung entwickelt werden.
Um den Antibiotikaeinsatz weiter reduzieren zu können, brauchen wir mehr Tiere, die gegen bestimmte Erreger resistent sind. Zuchtunternehmen, die als erste Tiere anbieten können, die gegen PRRS, APP oder die ASP resistent sind, besitzen einen klaren Wettbewerbsvorteil und können sich große Marktanteile sichern. Die bayerische Schweinezucht will mittelfristig Tiere erzeugen, die sowohl gegen E.coli F4 als auch gegen Escherichia coli F18 resistent sind.
Leider sind jedoch nur wenige Krankheitsresistenzen durch markante Einzelgene bedingt. Das erschwert die züchterische Bearbeitung. Zudem verändern sich die meisten Erreger schneller als die Zucht reagieren kann.
Das langfristig wichtigste Ziel der europäischen Schweinezucht wird jedoch ein hoher Genusswert für das Fleisch sein. Merkmale wie intramuskuläres Fett, Aroma und Zartheit sind dafür entscheidend. In Zukunft werden Ersatzprodukte für Schweinefleisch einen erheblichen Marktanteil erobern. Wer sich dennoch für einen „echten Braten“ entscheidet, erwartet einen entsprechenden Genuss. ▶
Prof. Dr. Kay-Uwe Götz, Institut für Tierzucht der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft