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„Uns hilft keine Ringelschwanz-Prämie!“

Lesezeit: 4 Minuten

Für Familie Wesseler aus Bissendorf gibt es in puncto Schwanz­beißen noch viel Forschungsbedarf.


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Das Beobachten der Tiere ist das A und O. Wir müssen dafür mehr Zeit aufwenden als bisher. Nur so gelingt es uns, Beißereien früh zu erkennen und gegenzusteuern“, ist Ferkelerzeuger und Mäster Hermann Wesseler aus Bissendorf bei Osnabrück überzeugt. Der 60-jährige Landwirt bewirtschaftet ­ge­meinsam mit seiner Frau Jutta (60) und seinem Sohn Christian (32) einen ­Kombibetrieb mit 200 Viktoria-Sauen, 800 Aufzucht- und 1 400 Mastplätzen.


Der Hof ist einer von fünf Betrieben der Erzeugergemeinschaft Osnabrück (EGO), die am „Ringelschwanz-Projekt“ des nordrhein-westfälischen Landwirtschaftsministeriums teilgenommen haben. Drei Abferkeldurchgänge lang haben die Wesselers freiwillig bei einem Teil ihrer Ferkel die Schwänze lang gelassen und die Tiere beobachtet.


Erste Beißereien in der Aufzucht:

Der erste Durchgang startete im Frühjahr 2012. Von insgesamt 400 Ferkeln einer Absetzgruppe ließ die Familie damals bei der Hälfte die Schwänze unversehrt. Bei den übrigen Tieren wurden die Schwänze um rund ein Drittel gekürzt.


Versuchs- und Kontrolltiere wurden nach 28 Tagen Säugezeit gleichmäßig auf die Flatdeckabteile verteilt und jeweils in gegenüberliegenden Buchten aufgestallt. Alle Buchten waren zum damaligen Zeitpunkt mit pendelnd aufgehängten Spielketten ausgestattet.


„Ein bisschen mulmig war mir an­fangs schon zumute. Denn ich kann mich noch gut an die 60er-Jahre erinnern, als wir die Schwänze noch nicht kupiert haben und es immer wieder zu blutigen Beißereien kam“, berichtet Hermann Wesseler. Und auch später, als bereits kupiert wurde, traten immer mal wieder aggressive Beißer auf.


Doch wider Erwarten ging im Frühjahr 2012 zunächst alles gut. Die Ferkel mit den unkupierten Schwänzen vertrugen sich und nahmen gut zu – bis sie etwa 26 kg schwer waren. Aus heiterem Himmel traten dann plötzlich die ersten Beißereien auf, die sich in Windes-eile auf die ganze Bucht ausdehnten.


Die Wesselers hängten Bite-Rites als zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeit in die Buchten. Das Beißen jedoch blieb. „Wir entschlossen uns daher, die Tiere vorzeitig in den Maststall umzustallen“, berichtet Christian Wesseler. Nachdem die Rangordnung ausgekämpft war, herrschte wieder Ruhe.


„Schweineflüsterer“ im Stall:

Bevor der zweite Versuchsdurchgang im Spätherbst 2012 startete, wurden alle Flatdeck- und Mastbuchten mit Bite-Rite-Kaustäben ausgestattet. Außerdem verringerten Wesselers die Belegdichte im Flatdeck. Jedem Läufer standen nun im Schnitt 0,4 m2 zur Verfügung.


Und siehe da: Während der Aufzucht ging alles gut. Dafür kam es nun in der Mast zu Beißereien. Vor Beginn des dritten Durchgangs im Frühjahr 2013 wurden in jeder Aufzuchtbucht zusätzlich Knabberrohre bzw. Fun-Bars montiert, die mit unbehandelten Holzstangen bestückt werden. Zudem wurden in allen Buchten Kipptränken mit Trogflutern installiert.


„Uns wurde zugleich bewusst, wie wichtig es ist, die Schweine intensiv zu beobachten. Man muss die Beißereien früh erkennen. Denn wenn erst mal Blut fließt, sind die Schweine kaum noch zu bändigen“, ist Hermann Wesseler überzeugt. Auf Empfehlung seines Beraters lud er daher den „Schweineflüsterer“ Kees Scheepens ein.


Der niederländische Tierarzt machte der Familie klar, wie wichtig es ist, nicht nur zur Futterzeit und Fresskontrolle durch den Stall zu gehen, sondern auch zwischendurch. Denn das Liege- und Gruppenverhalten während der Ruhezeiten sagt viel darüber aus, ob sich die Schweine wohlfühlen.


Die Versuche haben den Wesselers gezeigt, dass Schwanzbeißen viele Ur­­sachen haben kann. Meist kann man das Phänomen nicht an konkreten ­Haltungs- oder Managementfehlern festmachen. Und es betrifft nicht nur die „Langschwänze“, sondern auch die kupierten Ferkel. „Deshalb ist es wichtig, weiter zu forschen und nicht vorschnell aus dem bis jetzt gut funktionierenden Kupieren auszusteigen“, ist Hermann Wesseler überzeugt.


„Am wenigsten ist uns und den Schweinen zurzeit mit einer Ringelschwanz-Prämie gedient. Die verleitet nur den ein oder anderen Berufskollegen zum vorschnellen Kupierverzicht. Das Geld sollte besser in weitere Forschung gesteckt werden, das wäre effektiver!“, appelliert Hermann Wesseler an die Adresse seines Landwirtschaftsministers.Henning Lehnert

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