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topplus Afrikanische Schweinepest

ASP in Sachsen: Immer mehr Schweinehalter geben auf

Die Schweinepest hinterlässt auch in Sachsen deutliche Spuren. Immer mehr Betriebe steigen aus der Produktion aus. Der Selbstversorgungsgrad ist bereits von 35 auf 20 % gesunken.

Lesezeit: 5 Minuten

"Für uns Schweinehalter in den sächsischen ASP-Restriktionsgebieten und unsere Probleme interessiert sich kein Mensch – weder die Politik oder die Behörden, noch die Schweinehalter im übrigen Bundesgebiet“, schildert Schweinemäster Andreas Niedermeier aus Karcha im Landkreis Meißen frustriert seine derzeitige Situation.

Aus Schwaben nach Sachsen

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Als weichenden Hoferben verschlug es den heute 51-jährigen Schwaben 1999 vom bayerischen Donauwörth nach Sachsen. In Karcha, einer kleinen Gemeinde 40 km westlich von Dresden, konnte er Ackerland kaufen und eine Hofstelle errichten. Er baute zunächst eine Scheune und Getreidesilos. 2001 folgte dann ein Maststall mit 1.500 Plätzen. Später kam das Wohnhaus hinzu und 2006 ein zweiter Maststall mit weiteren 1.500 Plätzen.

Heute steht der Betrieb auf drei Standbeinen: 300 ha Ackerbau, 3.000 Schweinemastplätze und landwirtschaftliche Dienstleistungen. Seit drei Jahren bezieht Andreas Niedermeier dabei alle Mastläufer von seiner Frau Rita, die im 30 km entfernten Ort Lauterbach eine Sauenanlage mit 650 Topigs Norsvin-Sauen betreibt.Die Hälfte der Ferkel gehen nach Karcha, die andere Hälfte mästet sein Bruder Georg im 420 km entfernten Donauwörth. Der Transport erfolgt mit einem eigenen Lkw-Auflieger. „Im Prinzip bilden alle drei Betriebe ein geschlossenes System mit nahezu einheitlichem Gesundheitsstatus“, erläutert Andreas Niedermeier.

Ideale Voraussetzungen für eine erfolgreiche Schweineproduktion, sollte man meinen. Aber nur so lange, bis die Afrikanische Schweinepest in Sachsen im Oktober 2021 einen großen Sprung nach Westen bis in den Landkreis Meißen machte. Seitdem liegt die Sauenanlage von Rita Blum-Niedermeier in der Sperrzone II. Und die 30 km entfernten Mastställe ihre Mannes befinden sich seit Januar 2022 in Sperrzone I.

Keine wirksame Entnahme

Dass sich die ASP seit dem ersten Pestfund im Oktober 2020 nahe Görlitz immer weiter nach Westen in die Landkreise Bauzen und Meißen ausbreiten konnte, führt Andreas Niedermeier auch auf die zögerliche Bekämpfung durch die Behörden zurück.

„Es wurden Zäune errichtet, aber es erfolgt bis heute keine wirksame Entnahme. Das Tierseuchengesetz wurde auch dazu erlassen, um die Schweinehalter zu schützen. Dieser Aufgabe kommt der Staat aber nicht nach“, empört sich der Landwirt, der auch als Sprecher der „Interessengemeinschaft der Schweinehalter Sachsen“ (IGS Sachsen) aktiv ist.

Brücken und Autobahnzufahrten, die man durch einen parallel verlaufenden Zaun links und rechts der Zufahrten sichern könnte, sind bis heute offen“ - Andreas Niedermeier

Der frühe Vorschlag der IGS Ost, die vorhandenen Zäune entlang der Autobahnen A 10, A 11, A 13 und A 17 als Schutzwall gegen eine ASP-Ausbreitung nach Westen auszubauen, sei nie konsequent umgesetzt worden. „Brücken und Autobahnzufahrten, die man durch einen parallel verlaufenden Zaun links und rechts der Zufahrten sichern könnte, sind bis heute offen“, so Niedermeier. Die Leidtragenden sind die Schweinehalter in den Restriktionszonen. Schlachtschweine dürfen seitdem nur mit Genehmigung und nach klinischer Untersuchung zum Tönnies-Schlachthof nach Kellinghusen in Schleswig-Holstein oder zum Färber-Schlachthof nach Belgern transportiert werden. Die Kapazität in Belgern ist allerdings sehr begrenzt.

Zehn Cent unter Notierung

„Tönnies in Kellinghusen zahlt jedoch 4 Cent unter Nordwestnotierung und keine Zuschläge. Unter dem Strich fehlen den Mästern dadurch 9 bis 10 ct/kg Schlachtgewicht. Hinzu kommen erhöhte Frachtkosten von 1 800 € je Lkw“, erläutert Andreas Niedermeier.Für Ferkelerzeuger und Jungsauenvermehrer ist die Lage noch schwieriger. Nach den vorgeschriebenen Untersuchungen und mit entsprechender Genehmigung dürfen sie ihre Ferkel bzw. Jungsauen zwar in andere Regionen verbringen. Aber nur, wenn das dortige Veterinäramt zustimmt.

Doch sobald die Kreisveterinäre erfahren, dass die Ferkel aus Sachsen oder Brandenburg kommen, fällt bei denen die Klappe. „Dabei sind unsere Schweine die am intensivsten untersuchten Tiere in ganz Deutschland“, argumentiert Niedermeier. „Unsere derzeit größten Probleme sind die unzureichende ASP-Bekämpfung durch Bund und Länder und die mangelnde Solidarität der Berufskollegen bzw. Veterinärbehörden im Westen“, beklagt Niedermeier.

Bei alledem hat er kaum Hoffnung, dass sich die Situation in absehbarer Zeit bessert. Denn um wieder ASP-frei zu werden, darf erstens ein Jahr lang kein infiziertes Wildschwein in der Region gefunden werden. Und zweitens muss der Schwarzwildbestand deutlich reduziert werden.„Laut Friedrich-Loeffler-Institut müsste der Besatz auf ein Wildschwein/1 000 ha reduziert werden, um die Ausbreitung der ASP zu stoppen. Das ist mit Jägern vor Ort und einem Besatz, der z. T. bei 80 Wildschweinen/1 000 ha liegt, aber nicht zu schaffen“, so Niedermeier.

Unsere derzeit größten Probleme sind die unzureichende ASP-Bekämpfung durch Bund und Länder und die mangelnde Solidarität der Berufskollegen bzw. Veterinärbehörden im Westen“ - Andreas Niedermeier

Stattdessen befürchtet er, dass sich die Vermarktungssituation noch verschlimmert: „Zwischen den beiden sächsischen Sperrzonen II gab es bisher noch einen schmalen Korridor, der als Sperrzone I ausgewiesen war. Hier werden zurzeit noch rund 40 000 Mastschweine gehalten. Dieses Gebiet wurde Anfang Juli aufgrund neuer ASP-Funde ebenfalls Sperrzone II. Daher wird der Andrang auf Kellinghusen noch größer!“ Wenn die Tiere überhaupt noch gefahren werden. „Denn bei Temperaturen über 30 °C werden keine Transporte mehr genehmigt. Dann platzen die Ställe endgültig aus allen Nähten“, befürchtet der Mäster.

Sachsen bald schweinefrei?

Es verwundert daher nicht, dass immer mehr sächsische Schweinehalter ihren Bestand reduzieren oder ganz aussteigen. „Vor der ASP hatten wir noch einen Schweinefleisch-Selbstversorgungsgrad von 35 %. Jetzt liegt er unter 20 %“, so Niedermeier. „Wir sind Unternehmer und in der Lage, wirtschaftlich zu arbeiten. Man muss uns nur einen praktikablen Weg aufzeigen“, bringt es der 51-Jährige auf den Punkt.

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