Spaniens Schweinefleischbranche gerät angesichts der seit Jahren starken Expansionsbestrebungen immer mehr unter Druck. Allein in den letzten zehn Jahren wuchs der Bestand um knapp 7 Mio. Schweine auf jetzt über 31 Mio. Tiere. Zu den Kritikern gehört unter anderem der Investigativjournalist Jordi Évole. In seiner Reportage „Stranger pigs“ kritisiert er die Haltungsbedingungen der Schweine in den Großbetrieben (Macrogranjas), die seit Jahren anhaltende finanzielle Subventionierung der Branche mit EU-Mitteln sowie die starke Lobby der Tierhalter in Spanien.
Mittlerweile beschäftigt sich auch die Politik mit der intensiven spanischen Veredlung. Insbesondere der Partei UnidasPodemos (zu Deutsch „Zusammen können wir“) gelingt es immer wieder, das Thema in den Medien zu platzieren. Seit 2020 stellt UnidasPodemos sogar den Verbraucherschutzminister. Alberto Garzón hat seitdem den medialen Druck auf die spanischen Schweinehalter stufenweise erhöht. In seinem Fahrwasser schwimmen Tierschutz-Organisationen wie „Igualdad Animal“ oder „Greenpeace“ mit und verschaffen sich zusätzlich Gehör.
Minister ruft zu weniger Fleischkonsum auf
Garzón schreckt dabei auch nicht vor klaren Botschaften zurück. Im Sommer 2021 rief er öffentlich zu weniger Fleischkonsum auf und begründete dies mit der wachsenden Gefahr für die menschliche Gesundheit. Vor Weihnachten lud er dann die ausländische Presse zu sich ein und erklärte, dass das Fleisch aus den Großbetrieben eine schlechtere Qualität habe als das in der extensiven Tierhaltung produzierte Fleisch. Und jüngst gab er bekannt, eine Haltungsformkennzeichnung einführen zu wollen. Die Verbraucher sollen erkennen, ob das Fleisch aus den Großbetrieben mit schlechten Haltungsbedingungen kommt oder als extensiver Haltung, wo die Schweine artgerechter leben, lies der Minister mitteilen.
Die eigenmächtigen Vorstöße des 36-jährigen Ministers führen mittlerweile zu Rücktrittsforderungen. Der größere Koalitionspartner PSOE distanzierte sich bereits Anfang Januar vom Verbraucherschutzminister. Auch Premierminister Pedro Sánchez gefallen die Aussagen seines Kabinettskollegen überhaupt nicht. Sánchez betonte sogar, dass er gerne ein Kotelett auf dem Teller liegen hat. Auch Kritik an der intensiven Schweinhaltung, die mittlerweile einen bedeutenden Anteil an der spanischen Wirtschaftskraft Spanien hat, verkneift sich der Regierungschef. Ganz im Gegenteil: Seine Parteikollege und Agrarminister Luis Planas lobte das Modell der intensiven Landwirtschaft erst kürzlich im Interview mit der spanischen Tageszeitung „La Vanguardia“.
Neues Lieferkettengesetz soll Bauern höhere Preise bescheren
Agrarminister Planas geht sogar noch weiter, er will die spanische Schweinehaltung weiter stärken. Erst kürzlich wurde ein neues Lieferkettengesetz für den Veredlungssektor verabschiedet. Dieses soll dazu führen, dass die Erlöse für die Bauern steigen und die Verschwendung von Lebensmitteln sinkt. Der Verkauf von Agrarwaren unter dem Herstellungspreis soll verboten werden.
José Angel Ceña von der Partei Soria Ya befürwortet die Stärkung der Veredlung. Denn seine Partei hat sich zum Ziel gesetzt, dass Leben auf dem Land wieder attraktiver zu machen. Die Grundlage dafür sieht er in der Schaffung von Arbeitsplätzen. Allerdings will Ceña dem ungezügelten Wachstum in der intensive Tierhaltung ein Stück weit Einhalt gebieten. So lehnt er den Neubau eines Betriebes mit 23.000 Kühen und angeschlossener Molkerei in der sudöstlichen Region um Soria ab. Er sehe die Nachhaltigkeit des Projektes nicht, zudem gefährde der Bau die Wasserversorgung der Bevölkerung in der ohnehin von Trockenheit geprägten Region. Negative Umweltauswirkungen befürchtet Ceña auch durch die riesigen Güllemengen und er sieht Tierschutzprobleme in derart großen Herden.