Ein Kommentar von top agrar-Redakteur Marcus Arden zum Interview mit NRW-Arbeitsminister Karl-Josef Laumann:
Karl-Josef Laumann ist ein Mann der klaren Worte, und Konflikte scheut der knorrige Westfale schon gar nicht. Laumann räumt auf, wann immer er es für nötig hält. Seit Monaten nimmt der NRW-Arbeits- und Gesundheitsminister die Schlachtbranche ins Visier. Er will den „Sumpf austrocknen“, Werkverträge verbieten und die Arbeitsbedingungen verbessern. Das betont er immer wieder.
Mit seinem „Feldzug“ setzt Laumann die Fleischbranche zusehends unter Druck. Doch leider nicht nur die. Auch die Bauern bekommen den Zorn des Ministers indirekt zu spüren. Durch die harten Corona-Auflagen in den Schlacht- und Zerlegebetrieben stapeln sich hunderttausende Schweine in den Flatdeck- und Mastställen. Ferkel sind teilweise unverkäuflich – und täglich drücken neue Ferkel nach. Auf den Höfen ist die Stimmung katastrophal. Immer mehr Betrieben geht das Geld aus, weil die Erlöse im Keller verharren und die Schlachter ihre steigenden Kosten schamlos nach unten durchdrücken. Der seit Wochen versteinerte Vereinigungspreis von 1,27 € ist längst ein Alibipreis. Abzüglich der steigenden Vorkosten sowie gestrichener Boni erhält der Bauer weniger als 1,20 €. Das ist ruinös!
So kann es nicht weitergehen! Minister Laumann muss jetzt den Fuß vom Gas nehmen, Corona-Auflagen in der Fleischbranche peu á peu lockern und dafür sorgen, dass der Schlachtschweinestau zügig abgebaut wird. Natürlich ist das eine Gratwanderung. Gibt Laumann zu stark nach, droht schnell ein neuer Lockdown in einem Schlachthof. Dann haben wir nichts gewonnen. Bleibt er stur bei seiner harten Linie, sind vor allem die Bauern die Leidtragenden. Das geht auch nicht, ein Mittelweg muss her! Vielleicht liegt die Lösung darin, die grundlegende Neuordnung in der Fleischbranche wegen der Notlage der Schweinehalter auf die Zeit nach Corona zu verschieben. Für den Radikalumbau des Systems „Fleisch“ ist jetzt der falsche Zeitpunkt.