Gutgläubigkeit und Entgegenkommen lohnen sich nicht, sondern werden sogar noch bestraft. Zu diesem Schluss kommt man beim Fall der angedrohten Enteignung einiger Landwirte in Oberschwaben (ab Seite 12).
Sie kämpfen seit mittlerweile über fünf Jahren dafür, für ihre Flächen angemessene Preise zu bekommen. Im Vertrauen darauf, später dafür anständig entschädigt zu werden, haben sie bei der Planung der Bundesstraße keine Einwände vorgebracht – auch wenn sie dafür 12 ha Acker- und Grünland hergeben mussten.
Im Nachhinein ein Trugschluss. Erst bot ihnen das zuständige Regierungspräsidium nur 2,40 €/m² Acker und 1,80 €/m² Grünland an. Als sich die Bauern auf die Hinterfüße stellten, wurden die Preise auf 3,60 €/m² Acker und 2,80 €/m² Grünland erhöht. Aber selbst dafür erhalten die Landwirte in der Gunstregion Oberschwaben im näheren Umkreis heute kein gleichwertiges Ersatzland mehr. Das belegen die jüngsten Kaufpreissammlungen im Landkreis Ravensburg. Verständlich, dass sie ihr Eigentum nicht verkaufen wollen.
Der Fehler liegt im System. Denn nach geltender Rechtslage wird über die Entschädigung für die Flächen immer erst nach einem rechtskräftigen Planfeststellungsbeschluss verhandelt. Also dann, wenn die Bagger bereits anrollen dürfen, obwohl das Land auf dem Papier noch den Bauern gehört. Rückgängig machen können die Landwirte ab dem Zeitpunkt dieser sogenannten „Besitzeinweisung“ aber so gut wie nichts mehr. Das ursprüngliche Versprechen des Bauherren, die Preise später in einer freien Verhandlung festzusetzen, gerät zur Farce.
Die Bauern hätten das Vorhaben von Anfang an – auf jeden Fall aber vor dem Planfeststellungsbeschluss – mit Einwänden, z.B. zur Trassenführung, blockieren müssen, sagen Juristen heute. Doch solange über die Flächenpreise erst hinterher verhandelt wird, hätte das an deren Höhe wohl kaum etwas geändert.
Hier muss der Gesetzgeber dringend nachbessern, wenn er sich bei Baumaßnahmen nicht noch mehr Gegner schaffen will: Vor dem Planfeststellungsbeschluss muss auch die Höhe der Entschädigung für die Flächen mit den Eigentümern geklärt sein. Nur so haben auch sie eine Chance auf faire Preise, zu denen sie gleichwertige Flächen kaufen und die Existenz ihrer landwirtschaftlichen Betriebe sichern können.
Eigentum verpflichtet, ja. Aber sicher nicht dazu, es für einen Spottpreis verkaufen zu müssen.