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Väter auf neuen Wegen

Lesezeit: 5 Minuten

Das Baby füttern, das Kleinkind ins Bett bringen – Aufgaben, die junge Väter heute selbstverständlich erledigen. Wie hat sich das Rollenbild verändert? Und wie sehen sich die Väter selbst?


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Das hat es früher nicht gegeben!“, sagt die 80-jährige Nachbarin, als sie den jungen Hofnachfolger beobachtet, wie er seine zwei- und fünfjährigen Kinder ins Auto setzt und in den Kindergarten fährt. Und damit hat sie wohl recht! Wer die Großeltern oder Urgroßeltern auf dem Hof fragt, welche Rolle die Väter früher in den Familien eingenommen haben, bekommt wohl eine klare Antwort: eine andere als die jungen Väter heute. Die Männer waren die Ernährer der Familie, diejenigen, die den ganzen Tag draußen waren. Abends kamen sie rein, müde und so spät, dass die Kinder schon im Bett waren. Die Mutter hat die Kinder betreut, war Ansprechpartnerin.


Der Papa, der mit seinem Kind im Kinderwagen durchs Feld spaziert? Der dem Baby die Windeln wechselt? Das hat man in den 60er-, 70er- und 80er-Jahren selten gesehen. Weder auf dem Land, noch in der Stadt.


Babys in der Trage beim Feldrundgang


Heute zeigt sich ein anderes Bild. Väter, die morgens das Kind zum Kindergarten bringen oder den Säugling in der Bauchtrage zum Feldrundgang mitnehmen. Die Mittagessenszeit wird so geplant, dass die Familie gemeinsam am Tisch sitzen kann und am Abend unterbrechen die jungen Väter die Feldarbeit und bringen den Nachwuchs ins Bett – oder sagen wenigstens „Gute Nacht“. Die Väter beteiligen sich an der Kinderbetreuung und an der Erziehung – und erleben das als glücksstiftend.


Laut dem „Väterreport“ des Bundesfamilienministeriums gaben 70% der befragten Männer zu Protokoll, dass sie sich mehr an der Kinderbetreuung und der Erziehung beteiligen, als noch ihre Väter. Die Selbsteinschätzung schlägt sich auch in Zahlen nieder: Jeder dritte Vater nimmt heute Elternzeit, Tendenz steigend. Das 2015 eingeführte Elterngeld Plus, das Teilzeitarbeit für beide Elternteile ermöglicht, wird in manchen Regionen Deutschlands von fast der Hälfte der Väter beantragt.


Elterngeld für Bauern


Auch Väter mit landwirtschaftlichem Hintergrund nutzen das Elterngeld. In Baden-Württemberg haben 2019 insgesamt 47523 Männer Elterngeld bewilligt bekommen. 380 von ihnen hatten vor der Elternzeit ein Einkommen aus Land- oder Forstwirtschaft. In Bayern waren es 2018 insgesamt 1798 Väter mit Einkommen aus der Landwirtschaft, die Elterngeld beantragt haben – von insgesamt 62234 Vätern. Zahlen, die früher undenkbar gewesen wären.


Das Verständnis von Vaterschaft ist ein anderes geworden. Die heutigen Väter wollen ihre Kinder im Alltag begleiten und viele können sich nicht mehr vorstellen, die Rolle des alleinigen Familienernährers zu übernehmen. „Die Wurzeln dieser Entwicklung liegen in der 68er-Bewegung“, sagt Hans Berwanger. Der Psychologe, Psycho- und Familientherapeut aus Coburg und bildet seit vielen Jahren landwirtschaftliche Familienberater aus und kennt die Probleme von Bauernfamilien. „Die strukturkonservative Rollenverteilung wurde gelöst, die Gleichberechtigung und der Feminismus haben die Verteilung neu interpretiert.“


In seinem Umfeld und bei seinen Klienten beobachtet Hans Berwanger, dass die Frauen die Leistung ihrer Männer aktiv einfordern. Ewa 90 % der Frauen wollen, dass der Mann bei der nicht bezahlten Familienarbeit hilft, also putzt, kocht und die Kinder versorgt. „Darin liegen auch Konfliktherde. Wenn der Mann sich als Hilfsarbeiter fühlt, kommt es häufig zum Streit“, erklärt der Psychotherapeut. „Es ist wichtig, die Rollenverteilung zu verhandeln und zu klären, wie man sich das Zusammenleben vorstellt. Dazu gehört auch, festzulegen, an welchen Tagen der Vater das Kind ins Bett bringt. Und dass die Mutter loslässt. Der Papa macht es vielleicht anders – aber genauso gut!“


Wärme, Einfühlungsvermögen, eine innige Beziehung zum Kind, ein wachsames Auge, damit es sich nicht weh- tut: Das können Männer genauso gut, wie Frauen, haben Väter-Forscher he- rausgefunden. Hier liegt es an den Müttern, auch mal loszulassen.


Die Bindung erarbeiten


Die Bindung zwischen Mutter und Kind ist durch die Schwangerschaft, die Geburt, das Stillen von Anfang an gefestigt. Die Vaterliebe entsteht durch möglichst viel Kontakt zwischen Papa und Kind. „Klar ist die Mutter die erste Bindungsperson“, sagt Hans Berwanger. „Durch aktives Versorgen des Kinder kann sich der Vater diese Bindung erarbeiten. Bei Söhnen wandelt sich das Ganze ab etwa dem zweiten Geburtstag automatisch. Sie fliegen dann eher auf den Vater als männliche Bezugsperson – auch wenn weiterhin die Mutter 90% der Betreuung übernimmt.“


Den Wunsch nach Erholung und einem Familienleben neben dem Beruf haben heute viele Väter – ob in der Stadt, auf dem Land, in der Landwirtschaft oder einem anderen Beruf. Dennoch tun sich viele Männer schwer, die neue Rolle zu füllen. Das liegt vor allem daran, dass sie kaum Vorbilder haben. „In der Gesellschaft und unter Arbeitskollegen ist das Bild von Männlichkeit und dem fürsorglichen Vater häufig nicht deckungsgleich“, sagt Hans Berwanger. „Da wird gestänkert und die Nase gerümpft, wenn der Landwirt mit dem Kind zum Babyschwimmen geht. Da müssen die Väter drüberstehen.“


Wie auch immer die Rollen in den Familien verteilt sind, am Ende müssen sie für alle passen. Nur so funktioniert ein glückliches Ehe-, Eltern- und Familienleben.


anja.rose@topagrar.com

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