Der Lebensmitteleinzelhandel macht zunehmend Druck auf die Anbindehaltung. Getrieben von der Kritik der Tierschutzverbände deuten die Handelsunternehmen an, dass sie Produkte aus Milch von Anbindebetrieben künftig nicht mehr für ihr Basissortiment listen wollen. Ein „Vermarktungsverbot“ würde aber die Preise für diese Milch nach unten und die Anbindehalter aus der Produktion treiben.Macht der Handel jetzt kurzfristig ernst, hätte das fatale Folgen für die süddeutsche Milcherzeugung. Denn fast die Hälfte der süddeutschen Milchviehhalter melkt noch in Anbindeställen.
Bayern kommt den Anbindehaltern nicht entgegen
Das Problem war jedoch absehbar und ist zum Teil auch hausgemacht. Denn die Diskussionen über die Anbindehaltung laufen bereits seit etwa zehn Jahren. Und es konzentriert sich auf Süddeutschland, und hier vor allem auf ¬Bayern. Obwohl im Freistaat noch die Hälfte der Milchviehbetriebe im Anbindestall wirtschaften und deshalb der Umstellungsdruck hier mit Abstand am höchsten ist, hat Bayern zwischen 2017 und 2019 die förderfähige Investitionssumme auf 400.000 € gedeckelt. Das hat den Umstieg von der Anbinde- auf die Laufstallhaltung deutlich erschwert.
„Die Milcherzeuger brauchen verbindliche Zusagen, wenn sie investieren.“
Doch viel wichtiger ist der Blick nach vorn. Was ist jetzt zu tun, damit die Milchbranche, die für die süddeutsche Land- und Ernährungswirtschaft eine überragende Bedeutung hat, nicht unter die Räder kommt?
- Der Handel sollte den Milcherzeugern noch eine Übergangsfrist von mindestens fünf Jahren gewähren, bis er die Milch aus Anbindehaltung aus seinem Sortiment streicht.
- Die Molkereien sollten im Gegenzug dem Handel ein Angebot in Form einer Frist nennen, bis zu der sie ihre Lieferanten auf Kombi- oder Laufstallhaltung umstellen.
- Gleichzeitig müssen Handel und Molkereien den Milchviehhaltern verbindliche Zusagen geben, wie lange sie von Abzügen verschont bleiben, wenn sie z. B. in die Kombihaltung investieren.
- Die Politik muss die Investitionsförderung für den Umstieg von der Anbinde- auf die Freilaufhaltung attraktiver gestalten. Zudem sollte sie kostentreibende und zum Teil unsinnige Auflagen, z. B. für Güllebehälter, korrigieren und emissionschutzrechtliche Hürden abbauen.
- Und die Anbindehalter sollten jetzt die verbleibende Zeit und die Beratungsangebote nutzen, um ihre baulichen Alternativen zu prüfen.
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