Bei der Vorstellung des alle zwei Jahre erscheinenden Agrarberichts lobte Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber im Landtag die bayerische Landwirtschaft für ihre vielfältigen Betriebsformen, mit denen sie Konkurrenzfähigkeit, Kreativität und Krisenfestigkeit beweise. Der Datensammlung zufolge bewegt sich der Strukturwandel in Bayern weiterhin auf einem erfreulich niedrigen Niveau. Die Quote der jährlichen Betriebsaufgaben hat sich demnach bei 0,7 Prozent stabilisiert. 2019 gab es im Freistaat 105.300 Bauernhöfe mit einer durchschnittlichen Betriebsgröße von rund 30 Hektar. Der durchschnittliche Jahresgewinn eines Betriebs liegt laut Agrarbericht 2020 mit 55 000 Euro über dem Mittelwert der vergangenen fünf Jahre. Mit Umsätzen von 173 Milliarden Euro macht die Land- und Forstwirtschaft aktuell rund 14 Prozent der Gesamtumsätze der bayerischen Wirtschaft aus. Jeder sechste Arbeitsplatz hängt direkt oder indirekt mit ihr zusammen.
Nutztierhaltung überdurchschnittlich betroffen
Während sich die Zahlen im Agrarbericht stabil zeigen, ist der bayerische Bauernpräsident Walter Heidl wegen der aktuellen politischen Beratungen einer Pressemitteilung des BBV zufolge mehr als besorgt: „Gerade die kleinen und mittleren Familienbetriebe könnten wegen ideologisch geprägten und zu wenig sachorientierten politischen Entscheidungen zur Aufgabe der Tierhaltung gezwungen werden.“ Mit Blick auf die am Freitag im Bundesrat auf der Tagesordnung stehende Entscheidung zur Tierschutznutztierhaltungsverordnung appelliert er: „Wir Tierhalter brauchen eine verantwortungsbewusste Entscheidung, die Strukturbrüche zu Lasten von Familienbetrieben mit Tierhaltung verhindert.“ Durch teure und kurzfristig umzusetzende Änderungen würden in Bayern wohl gerade viele Schweine haltende Betriebe und auch bäuerliche Milcherzeuger in den nächsten Jahren schlagartig aus der Tierhaltung aussteigen müssen.
Kürzlich veröffentlichte Zahlen des Bayerischen Landesamts für Statistik bekräftigen das von Heidl prognostizierte Szenario: Wie top agrar Südplus berichtete, sank die Zahl der Rinder in Bayern im vergangenen Jahr auf unter drei Millionen. Die Zahl der Rinderhalter hat im gleichen Zeitraum um 2,7 Prozent abgenommen, die Anzahl der Milchviehhalter um 4,6 Prozent. Noch schlechter fallen die Zahlen bei den Schweinehaltern aus: minus 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr – top agrar Südplus berichtete ebenfalls. Während die absolute Zahl der Betriebe in Bayern also nur moderat zurückgeht, schreitet der Schwund der tierhaltenden Betriebe schon jetzt um einiges schneller voran.
Kaniber für Kompromissvorschlag beim Kastenstand
In ihrer Ansprache im Landtag sprach sich Kaniber zum Thema Nutztierhaltung für zukunftsfähige, von der Gesellschaft akzeptierte Lösungen aus, die den Betrieben endlich Planungssicherheit bringen. Deshalb sei sie für den „Einstieg in den Ausstieg beim Kastenstand in der Zuchtsauenhaltung“ und hoffe, dass der Bundesrat dem vorliegenden Kompromiss am Freitag zustimmt.
Mehr Forschung zu Nutztierhaltung, Klimawandel und Nachhaltigkeit
Weiterhin kündigte Kaniber ein bayernweites Netz an landwirtschaftlichen Experimentierbetrieben an – beginnend mit den Öko-Betrieben. Zudem soll an der Landesanstalt für Landwirtschaft in Freising ein „Nachhaltigkeitszentrum für die Landwirtschaft“ aufgebaut werden. Um die Anstrengungen zur Anpassung an den KIimawandel zu verstärken, kündigte Kaniber einen Forschungsstandort „Landwirtschaft in Trockenlagen“ in Franken an. Dort sollen zusammen mit Landwirten klimaangepasste Anbau- und Bewirtschaftungsmethoden entwickelt sowie smarte Wasserspeicherungs- und Bewässerungstechnologien unterstützt werden.