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Zwei freiwillige Feuerwehrleute haben ein Einsatztraining mit einem echten Mähdrescher organisiert.
Die Lehrgangsteilnehmer konnten
die aktuelle Maschine in verschiedenen Szenarien komplett zerlegen.Ein wichtiges Fazit: Nur mit regelmäßigen Übungen kann man die örtlichen Feuerwehren auf diese Lagen vorbereiten.
Der tragische Unfall im Mähdreschertank in Hohen Luckow hat noch mal gezeigt, wie wichtig das Thema ist. Doch zu dem Zeitpunkt hatten wir schon länger mit den Vorbereitungen für unser Training begonnen.“ Henning Edler ist mit Leib und Seele Feuerwehrwehrmann. Zusammen mit seinem Kameraden Marco Weber hat er im Frühjahr 2024 das Training „Technische Hilfe Mähdrescher“ organisiert, bei dem ein echter New Holland CR zerlegt werden konnte.
Im Oktober kam es dann in Dresden wegen der großen Resonanz zu einer Wiederholung des Trainings anlässlich der Fachmesse „Florian“. Für ihr Engagement erhielten die beiden Freiwilligen einen Sonderpreis des VR-Förderpreises Landwirtschaft in Schleswig-Holstein.
Als im November etwas Ruhe eingekehrt war, haben wir uns mit Henning Edler über die Hintergründe der Aktion unterhalten, und darüber, warum die Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft und Feuerwehr so wichtig ist.
Es gibt kaum Angebote für Trainings mit Landmaschinen
Marco Weber ist Berufskraftfahrer und Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Schalkholz, Kreis Dithmarschen. Henning Edler arbeitet als Industriekaufmann und engagiert sich in der Freiwilligen Feuerwehr im benachbarten Arlewatt, Landkreis Nordfriesland. Beide nahmen an einem speziellen Lehrgang zur technischen Hilfe bei Busunfällen teil. „Wir sind eine sehr ländliche Region und haben uns gedacht: Gibt es eigentlich ein Training für Unfälle mit Landmaschinen, speziell für Mähdrescher?“ Relativ schnell war den beiden Feuerwehrmännern klar: Wenn es das nicht gibt, organisieren wir das.
Dass es dann so groß werden wird und am Ende ein echter Mähdrescher zur Verfügung stand, ahnten die beiden nicht. Zunächst schrieb Marco Weber alle Hersteller von Erntemaschinen an und stellte das Vorhaben vor. Letztlich bekamen sie nur von New Holland eine weitergehende Antwort. Ein Grund dafür: Der deutsche Produktspezialist Dominic Hesse ist ebenfalls in der Feuerwehr aktiv und erkannte die Relevanz des Themas.
Mähdrescher als Spende
Nach einem Termin in der deutschen New Holland-Niederlassung in Heilbronn kam der Zuschlag: Aus der Entwicklung der neuen Baureihe CR11 stand in der Konstruktionsabteilung in Belgien ein CR9070 auf Raupen, der als Versuchsträger gedient hatte und verschrottet werden sollte. New Holland spendete die fahrbereite Maschine und übernahm den Transport nach Schleswig-Holstein. Zusätzlich zum Mähdrescher stellte ein örtlicher Landwirt ein altes Schneidwerk für die Übungen zur Verfügung, das den Aufprall in einem Graben nicht überstanden hatte.
Plötzlich war der Weg für das Training im hohen Norden frei und die beiden Feuerwehrwehrleute hatten eine gigantische Orga-Aufgabe vor sich. „Wir sind beide ehrenamtlich tätig und so war uns wichtig, dass wir zum Training nur Mitglieder von Freiwilligen Feuerwehren eingeladen haben.“ Letztendlich konnten 30 Teilnehmer aus Norddeutschland realitätsnah und kostenlos an der Maschine üben. Einer stammte übrigens direkt von der Insel Fehmarn, wo der Getreideanbau besonders intensiv ist.
Die eigentliche Ausbildung an der Maschine übernahmen Trainer von Lukas, einem Hersteller von Rettungsgeräten für die Feuerwehr. Die Trainer sind in der sogenannten Rescue League organisiert und auf die Ausbildung im Bereich der technischen Hilfe spezialisiert. „Als wir denen gesagt haben, wir haben einen echten Mähdrescher, den wir zerlegen können, brauchten wir keine Überzeugungsarbeit mehr zu leisten“, erinnert sich Henning Edler.
Weitere Firmen mit an Bord
Außerdem konnten die beiden Schleswig-Holsteiner unter anderem den Werkzeughersteller Milwaukee mit speziellen Feuerwehr-Akkugeräten und das Unternehmen Vetter gewinnen, das pneumatische Hebekissen herstellt. Durch den Kontakt zu den Firmen konnten die Feuerwehrleute mit aktuellen Akku-Schneidgeräten, Zylindern, Spreizern und Sägen üben.
Veranstaltungsort war die örtliche Mehrzweckhalle der Gemeinde. Neben den Einsatzkräften waren an beiden Tagen jeweils 200 Zuschauer vor Ort. Das DRK unterstütze mit entsprechenden Einheiten. Es übernahm die Verpflegung und stellte eine Truppe von Verletztendarstellern. Ebenfalls vor Ort waren das THW aus Heide mit einem Kran und aus Burg-Hochdonn.
Die Teams mussten verschiedene Szenarien abarbeiten:
Eingeklemmte Person im Korntank
Person unter dem Raupenfahrwerk
Heckaufprall eines Pkw, der sich weit unter die Maschine geschoben hat
Person mit Arm im Schrägförderer.
Eingeklemmte Person vorne im Schneidwerk
Schwerverletzte Person in der Kabine
Beim Training kam es nicht auf Schnelligkeit an. Die Trainer haben den Ablauf immer wieder angehalten und mit den Teilnehmern das weitere Vorgehen diskutiert. Die Veranstaltung war schließlich ein voller Erfolg und fand große Beachtung in der deutschen Feuerwehrszene. Die beiden Organisatoren erhielten eine Anfrage von der Messe „Florian“ in Dresden. Hier wiederholten sie die Übungen in ähnlicher Form. Einziger Unterschied: Dieses Mal stand ein funktionsfähiger Mähdrescher eines Händlers zur Verfügung, der natürlich heil bleiben sollte.
Hohe Anforderungen im realen Einsatz
Mit etwas Abstand und Erfahrung bringt Henning Edler die Einsatz-Herausforderungen bei einem Mähdrescher und anderen Landmaschinen auf den Punkt:
Die Maschinen sind oft hoch. Beim Training mussten die Retter teils in 4 m Höhe arbeiten. Das geht im Einsatz nicht ohne Hilfsmittel, wie bspw. einem schnell aufbaubaren Gerüst.
Auf dem Acker sind die Maschinen für Feuerwehrfahrzeuge nicht immer erreichbar.
Viele Maschinen und deren Bauteile sind sehr schwer und nicht gut zugänglich.
Durch die Bodenfreiheit und das hohe Gewicht ist das Anheben der Maschinen schwierig.
Große Dieseltanks und viel Hydrauliköl erschweren den Einsatz. Zusammen mit Staub in der Maschine ist die Brandgefahr oft hoch.
Wenn die Verkleidung geöffnet ist, bestehen Gefahren durch Ketten- und Riemenantriebe. Manchmal laufen Bauteile durch die hohen Schwungmassen noch nach.
Es gibt an verschiedenen Stellen Zinken, Schneiden und andere Gefahren.
Henning Edler und Marco Weber finden, dass die Landwirte und örtlichen Feuerwehren regelmäßig zusammen üben sollten. Wichtig sei vor allem, dass die Einsatzleiter der Feuerwehr die Leistungsfähigkeit ihrer eigenen Ausrüstung bei diesen Szenarien beurteilen können. Wenn sie erst nach erfolglosen Versuchen erkennen, dass sie Material nachfordern müssen, vergeht wertvolle Zeit.