Nicht nur an der deutsch-polnischen Grenze, auch in den Niederlanden nimmt der Diebstahl von Landmaschinen und teurer Bordelektronik zu. Die niederländische Zeitung AD aus dem DPG Verlag berichtet, dass auch die Gewalt und Dreistigkeit der Täter zugenommen hätten.
Eingespielte Teams
Trotz Überwachungskameras würden sich die Diebe seelenruhig ans Werk machen. Die Diebe tauchen mitten in der Nacht auf, Gesichter sind unter den Kapuzen nicht erkennbar, berichtet ein betroffener Landwirt. Sie fahren die Traktoren und Maschinen dann einfach vom Hof. Und wenn es über die Hauptzufahrt nicht klappt, geht’s einfach querfeldein zum entfernt geparkten LKW, wo in Ruhe verladen wird.
Den Geschädigten in Groningen, Overijssel, Brabant und besonders im Flevoland bleiben am nächsten Morgen nur die Reifenspuren, berichtet Gaby de Ruiter von der Landwirtschaftsorganisation LTO Noord der Zeitung. Sie warnt seit Monaten alle Landwirte, aber die Diebstahlserie reißt einfach nicht ab.
Wie ein großer Selbstbedienungladen
Besorgt zeigen sich auch Sicherheitsexperten, wie Moreno van Loenhout. Er ist Berater für Kriminalitätsbekämpfung in den Zentralniederlanden. „Der gesamte Polder wird geplündert“, warnt er. De Ruiter fügt hinzu: „In den letzten Monaten schien es in Flevoland zwei- bis dreimal pro Woche zu passieren.“
Dass es sich dabei nicht ausschließlich um ein niederländisches Problem handelt, zeigt die Tatsache, dass landwirtschaftliche Betriebe in Belgien und Deutschland mit der gleichen Taktik angegriffen werden. Van Loenhout: „Es geht um organisierte Kriminalität. Von internationalen, wahrscheinlich osteuropäischen Banden. Die Beute verschwindet schnellstmöglich in Lastwagen über die Grenze.“
Organisierte Kriminalität
Die regionale Polizei der Zentralniederlande bestätigt die Misere. „Wir haben seit Oktober letzten Jahres eine Welle von Traktordiebstählen erlebt“, sagte eine Polizeisprecherin. Es ist nicht genau klar, wie viele Tätergruppen beteiligt sind, aber allein im Zentrum des Landes soll es mindestens Dutzende Fälle gegeben haben. Ein Hindernis für genaue bundesweite Zahlen ist das polizeiliche Datensystem: Gestohlene Traktoren und Landmaschinen werden nicht als eigene Gruppe erfasst.
Funde, wie ein LKW voller gestohlener landwirtschaftlicher Maschinen aus dem Flevopolder an der polnisch-deutschen Grenze im letzten Herbst bleiben seltene Glücksfälle.
Doch es trifft nicht nur Landwirte, auch der Handel beklagt große Verluste - wie der Groninger Traktorenhändler GroeNoord in Oldehove. Mitte November entwendeten Kriminelle drei nagelneue Traktoren vom Firmengelände. Sie fuhren durch eine Reihe von Büschen und verschwanden mitten in der Nacht. Irgendwo entfernt wurden die je 100.000 € teuren Maschinen aufgeladen. Dieser Diebstahl hatte ebenfalls einen osteuropäischen Bezug.
„Unsere Traktoren wurden jetzt wieder geortet: Sie befinden sich in Rumänien“, sagte der Unternehmer Michiel Spriensma von GroeNoord gegenüber AD. Ob die Traktoren zurückkommen oder ob Täter gefasst wurden, kann er nicht sagen.
Was tun?
Berater empfehlen, dass die Landwirte ihre Höfe besser sichern. Beispielsweise gibt es Einfahrt- und Einbruchmelder für Schuppentüren. Auch Kameras können helfen, sofern darauf außer dunklen Gestalten etwas erkennbar ist. Zumindest können die Bewegungssensoren den Besitzer via Handyton informieren.
De Ruiter: „Ich denke wirklich, dass wir gemeinsam mit der Polizei, den Kommunen, der Plattform für sicheres Unternehmertum und den Landwirten selbst mehr tun sollten.“ Es ist notwendig, gemeinsam gegen dieses Verbrechen vorzugehen.“
Er hat auch eine Erklärung dafür, warum Flevoland ein so attraktives Raubgebiet ist: Hier gibt es entlang der Straßen kaum Kameras mit automatischer Nummernschilderkennung. Van Loenhout: „Diese können natürlich sowohl sichtbar als auch verdeckt platziert werden. Mit solchen Kameras kann man sehr gut Verkehrsteilnehmer herausfiltern, die nur zu verdächtigen Zeiten im Polder auftauchen.“ In Deutschland ist diese Sektionenüberwachung zur Geschwindigkeitskontrolle allerdings aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht erlaubt