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Rübenkrankheiten: Richten Sie Fungizide an Resistenzen aus

Auch wenn aktuell wieder mehr Mittel verfügbar sind, ist ein Wirkstoffwechsel nur begrenzt möglich. Bestandskontrollen und der richtige Behandlungstermin gelten weiterhin als Erfolgsfaktoren.

Lesezeit: 10 Minuten

Unser Autor: Christoph Ott, Verband Fränkischer Zuckerrübenanbauer e.V. (VFZ)

Der Befall mit Blattkrankheiten bei Zuckerrüben variierte in den vergangenen Jahren von Anbaugebiet zu Anbaugebiet sehr stark – teilweise sogar innerhalb der Regionen. Entscheidend für die Ausbreitung der Pilzkrankheiten ist vor allem die jeweilige Jahreswitterung, aber auch weitere Faktoren wie Anbaudichte, Bodenbearbeitung und Sortenwahl.

Vor allem entscheiden jedoch die Niederschläge in den Sommermonaten, wie sich die Krankheiten ausbreiten. Da die letzten Jahre auch oftmals von Sommertrockenheit geprägt waren, wurden die Bekämpfungsschwellen nicht immer überschritten. Der Ertragseinfluss der Blattkrankheiten war daher weniger stark. Dieses Jahr werden die Karten allerdings wieder neu gemischt. Zum Glück stehen aktuell genügend Werkzeuge für eine erfolgreiche Strategie und gesunde Rübenbestände zur Verfügung.

Schnell gelesen

  • Durch die regulären Zulassungen von Diadem, Propulse und Panorama stehen für diese Saison wieder mehr Fungizide in Rüben zur Verfügung.

  • Kontaktfungizide unterstützen die ­Wirkung der Azole. Ob und welche Mittel eine Notfallzulassung erhalten, stand zu Redaktionsschluss noch nicht fest.

  • Strobilurine wirken in vielen Regionen nicht mehr.

  • Für eine effiziente Kontrolle sind der richtige Behandlungstermin und hohe Wasseraufwandmengen wichtig.

Wieder mehr Möglichkeiten

Das war nicht immer so. Seit dem Wegfall von Epoxiconazol (2020) sowie Cyproconazol (2021) war die Lage auf dem Fungizidmarkt häufig angespannt und die Fungizidauswahl stark eingeschränkt. Tetraconazol- und Difenocon­azol-haltige Mittel hatten zwar weiterhin eine reguläre Zulassung, sie sind in ihrer Wirkung aber deutlich schwächer. Deswegen beruhte die Fungizidwahl häufig auf den Notfallzulassungen der Produkte Propulse, Diadem und Panorama, welche eine deutlich bessere Leistung besitzen.

Allerdings mussten die Notfallzulassungen jährlich beantragt werden und oftmals wurden sie erst spät erteilt. Somit war die Verfügbarkeit dieser Produkte mancherorts ein Problem. Hinzu kam das Risiko, dass Restmengen womöglich im folgenden Anbaujahr nicht mehr eingesetzt werden können. Glücklicherweise sind Diadem (seit 2023), Panorama und Propulse (seit 2024) nun regulär zugelassen und erweitern die Fungizidpalette. Damit entspannt sich die Lage etwas.

Kontaktfungizide nutzen

Anders sieht die Zulassungssituation bei den Kontaktfungiziden aus. Zwar stand 2023 eine Vielzahl unterschiedlicher Produkte zur Verfügung – alle auf der Basis von Kupfer –, jedoch hatten diese jeweils nur eine einjährige Notfallzulassung.

Dabei haben Versuchsergebnisse der letzten Jahre klar gezeigt, dass kupferhaltige Kontaktfungizide die Wirkung aller Azole nochmals steigern konnten. Positive Effekte waren nicht nur in der optischen Bonitur der Befallsstärke sichtbar (siehe Übersicht 1), sondern auch im Zuckertrag messbar. Noch wichtiger ist jedoch, dass man mit den Kupferpräparaten das Fortschreiten der Resistenzen bzw. die schleichend abnehmende Wirkung der Azole ausbremsen kann. Es bleibt zu hoffen, dass das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) auch im laufenden Anbaujahr erneut Notfallzu­lassungen erteilt – gerade im Rahmen des Resistenzmanagements. Bislang war das noch nicht der Fall.

So ist die Resistenzsituation: Mittlerweile sind Strobilurin-Resistenzen in nahezu allen Anbauregionen angekommen. Daher macht deren Einsatz in der Regel keinen Sinn mehr – was vielfach untersuchte Cercospora-Stämme belegen.

Bei den Azolen ist die Lage nicht so prekär; noch wirken die Mittel gut. Allerdings hat bereits ein schleichender Prozess eingesetzt, das sogenannte Azol-Shifting. Die Wirkung lässt hier nicht schlagartig, sondern langsam nach. Förderlich ist dafür auch, dass ein Wirkstoffwechsel durch immer weniger zugelassene Azole schwierig bis unmöglich ist.  Kontaktfungizide helfen, das Shifiting der noch vorhandenen Azole so lange wie möglich zu verzögern.

Cercospora dominiert

Die mit Abstand größte Bedeutung unter den Blattkrankheiten besitzt  Cercospora  (Cercospora beticola). Ertragsverluste bis zu 50 % sind hier möglich. Ideal für die Ausbreitung sind neben Niederschlägen im Sommer Temperaturen über 20 °C bei hoher Luftfeuchtigkeit. Besonders in Regionen mit ausreichend Niederschlägen im Juli und August kommt es jährlich zu Starkbefall. Aber auch in trockenen Regionen können einzelne Niederschläge für Infek­tionen sorgen. Hier kann dann im ­Anschluss die regelmäßige Taubildung genügen, dass sich der Pilz weiter ausbreitet.

Allerdings muss man bei der Bestandskontrolle genau hinschauen, um die Symptome nicht zu verwechseln. Sehr ähnlich zeigt sich die bakterielle Blattfleckenkrankheit (Pseudomonas syringae). Dabei dringen die Bakterien über Verletzungen durch z. B. Hagelschauer oder Starkniederschläge in die Blätter ein. Bakterielle Blattflecken verursachen jedoch kaum Ertragsverluste und sind mit Fungiziden nicht zu kontrollieren. Mithilfe einer Lupe lassen sich die Flecken sehr gut voneinander unterscheiden: Handelt es sich um Cercospora, sind im Inneren der Flecken schwarze Punkte, das sogenannte Pilzmyzel, zu erkennen.

Neben Cercospora kann auch  Mehltau  größere Ertragsverluste verursachen, wenngleich diese deutlich geringer sind. Für die Infektion und Ausbreitung sind auch bei Mehltau Sommerniederschläge sowie eine hohe Luftfeuchtigkeit bei warmen Temperaturen nötig. Befallsfördernd wirken zudem starke Temperaturschwankungen zwischen Tag und Nacht. Der Mehltaubelag in Form von weißen Pilzpusteln lässt sich sehr leicht auf den Blättern erkennen. Dieser reduziert die Assimilationsfläche und beeinflusst so Ertragszuwachs und Zuckereinlagerung negativ.

Eine weitere Blattkrankheit ist  Ramularia. Die Flecken sind jedoch etwas größer und heller, sie besitzen kein Pilzmyzel im Innern wie bei Cercospora. Zudem profitiert dieser Pilz nicht von hohen, sondern von kühleren Temperaturen unter 20 °C bei feuchter Witterung. Bei Starkbefall können auch hier hohe Ertragsverluste entstehen.

Die geringste Verbreitung und auch das niedrigste Schadpotenzial hat der  Rübenrost. Normalerweise tritt dieser erst spät im Vegetationsjahr auf. Der rostbraune Pilzbelag lässt sich optisch leicht auf den Blättern erkennen. Ideal für die Krankheit sind Temperaturen zwischen 10 und 20 °C sowie eine hohe Luftfeuchtigkeit.

Den Befall im Blick halten

Entscheidend für eine effiziente Krankheitskontrolle ist der rechtzeitige Zeitpunkt, da die stoppende und heilende Wirkung der Fungizide sehr begrenzt ist. Eine nicht oder zu spät durch­geführte Maßnahme kann zu großen Zuckerertragsverlusten führen. Behandeln Sie umgehend, sobald die jeweilige Bekämpfungsschwelle überschritten ist! Diese liegt bis Ende Juli bei 5 %, bis Mitte August bei 15 % und anschließend sowie für Zweitbehandlungen bei 45 % befallene Blätter.

Die Schwellenwerte ermittelt man mithilfe der „Blattrupf-Methode“. Rupfen Sie dafür quer verteilt über den Schlag 100 Blätter zufällig aus dem mittleren Blattapparat und untersuchen Sie diese anschließend auf Befall; unabhängig von den einzelnen Blattkrankheiten. Das heißt: Cercospora, Mehltau, Ramularia und Rost gehen gleichermaßen in den Summenwert ein. Auch die Befallsstärke wird nicht berücksichtigt, sondern lediglich unterschieden, ob das Blatt gesund ist oder nicht.

Nach diesem Schema erfolgt auch ab Ende Juni bzw. Anfang Juli das wöchentliche Blattkrankheiten-Monitoring, das in den verschiedenen Anbaugebieten von der Zuckerindustrie, den Verbänden und der amtlichen Beratung durchgeführt wird. Das Monitoring dient als Überblick und Hilfestellung (inklusive Warndienstaufruf bei überschrittener Bekämpfungsschwelle), ersetzt aber keinesfalls die regelmäßige Bonitur der eigenen Fläche. Denn Fruchtfolge, Bodenbearbeitung, Sortenwahl (siehe Kasten) und Einzellagen haben großen Einfluss auf den Befall, der deutlich von den Monitoringstandorten abweichen kann.

Die regelmäßige Flächenkontrolle ist auch Basis dafür, die Fungizidapplikation optimal terminieren zu können. Erfolgt sie zu spät, ist nur noch eine gewisse Schadensminimierung mit den Fungiziden möglich. Auch prophylaktische Anwendungen sind sinnlos, weil dann die Wirkungsdauer des Fungizides verpufft und unter Umständen noch eine zusätzliche Behandlung am Ende notwendig ist. Möglicherweise ist aber auch gar keine Behandlung erforderlich.

Bekämpfungsstrategien

Mithilfe der Exaktversuche der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) Franken lässt sich die Ertragsabsicherung durch die Fungizidbehandlung jährlich exakt ermitteln. Mehrere Sortenversuche werden sowohl mit als auch ohne Fungizidbehandlung durchgeführt. Ebenso erfolgt im Fungizidversuch eine Beerntung der behandelten sowie der unbehandelten Kontrollparzellen. Die Übersicht 2 zeigt, dass die Mehrerträge beim bereinigten Zucker je nach Jahreswitterung stark schwanken. Dennoch macht sich auch in einer häufig von Sommertrockenheit geprägten Region wie Franken die Fungizidmaßnahme oftmals bezahlt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass im Versuch von Mitte September bis Mitte Oktober geerntet wird. Würde man später roden – wie in der Praxis üblich – wäre der Ertragseinfluss deutlich höher.

Werden im laufenden Jahr die Schwellenwerte überschritten, empfehlen sich zur  ersten Behandlung  die Azolwirkstoffe mit den besten Wirkungen: Mefentrifluconazole (Diadem) oder Prothioconazol (Propulse, Panorama). Sinnvoll ist in jedem Fall auch die Zugabe eines kupferhaltigen Kontaktfungizids – sofern wieder Notfallzulassungen erteilt werden. Die Beimischung eines Strobilurin-haltigen Fungizides (Ortiva) ergibt nur Sinn, wenn sicher keine resistenten Stämme vorliegen. Dies ist meist nur noch in Regionen mit geringerer Rübenanbaudichte der Fall.

Steht eine  zweite Behandlung  an, sollten Sie in jedem Fall einen Wirkstoffwechsel einbauen, um das Azol-Shifting nicht weiter zu befeuern. Hier kann dann auch der Wechsel auf die etwas schwächeren Azole Difenoconazol (Score) oder Tetraconazol (Domark 10 EC, Amistar Gold) erfolgen (siehe Übersicht 3, Seite 58). Deren Wirkung lässt sich ebenfalls durch Kontaktfungizide deutlich steigern. Beachten Sie, dass Amistar Gold eine Mischung aus Difenoconazol und einem Strobilurin ist. Wichtig für abschließende Maßnahmen sind die Wartezeiten der jeweiligen Fungizide. 

Tipps zur Anwendung: Die Wahl des jeweiligen Produkts ist nicht alleinentscheidend. Mit allen Fungiziden lassen sich gute Wirkungen erzielen, wenn diese zum richtigen Zeitpunkt zum Einsatz kommen. Ebenso wichtig ist auch, wie die Applikation erfolgt. Für eine gute Durchdringung des Blattapparats ist die Wasseraufwandmenge entscheidend. Nutzen Sie mindestens 300, besser noch 400 l/ha. Bei allen Fungiziden gilt zudem: Wenden Sie immer die volle Aufwandmenge an. Der Einsatz von Minimengen oder Spritzungen vor Befallsbeginn fördern lediglich die Resistenzen.

Wichtig ist auch, zwingend in den Morgen- oder Abendstunden zu behandeln. Eine Applikation in den Mittagsstunden bei über 25 °C wird durch Thermik, Verdunstung und zu schnellem Abtrocknen des Spritzbelags negativ beeinflusst. Am Morgen sind die Temperaturen meist am niedrigsten und die Behandlungen am sinnvollsten. Achten Sie aber auf den Taubelag – sind die Bestände zu nass, kann der Spritzbelag womöglich abfließen.

Fazit

Dank der regulären Zulassungen mehrerer Fungizide sind genügend Produkte für eine erfolgreiche Bekämpfung vorhanden. Notfallzulassungen für kupferhaltige Kontaktfungizide würden die Situation noch verbessern.

Bleibt zu hoffen, dass die Sommermonate nicht von Trockenheit, sondern von den ein oder anderen Niederschlägen heimgesucht werden. Die Jahre mit hohem Potenzial für Blattkrankheiten sind häufig auch die ertragreicheren. Und mit regelmäßigen Kontrollen der eigenen Flächen, lassen sich die Pilzkrankheiten gut kontrollieren und größere Ertragsverluste verhindern. Die Werkzeuge hierfür sind vorhanden.

Sortenwahl: Mit Gesundheit punkten

Bei der Bekämpfung der Blattkrankheiten stellt die Wahl der Sorte einen wichtigen Baustein dar. Mittlerweile gibt es Rüben, die bei Cercospora- oder Mehltaubefall deutlich schwächer im Ertrag abfallen. In Kombination mit einer termingerechten Fungizidbehandlung lassen sich die Bestände oft länger gesund halten, unter Umständen kann man sogar eine Behandlung einsparen. Die neue CR+-Genetik erreicht zudem noch einmal ein neues Niveau hinsichtlich der Blattgesundheit und eignet sich besonders für Cercospora-Starkbefallsgebiete.

Im vergangenen Jahr bereiteten SBR (Syndrom des niedrigen Zuckergehalts) und Stolbur massive Probleme und Ertragsverluste. Noch nicht betroffene Regionen befürchten die weitere Ausbreitung der Schilf-Glasflügelzikade, dem Überträger dieser Krankheiten. In betroffenen Gebieten spielt die Blattgesundheit aktuell sicher nicht die bedeutendste Rolle bei der Sortenwahl. Hier steht die Sorteneignung bei SBR im Vordergrund. Dennoch gibt es auch bei den hierfür empfohlenen Sorten Unterschiede in der Blattgesundheit, welche man bei der Auswahl berücksichtigen sollte. Denn durch SBR geschwächte Rüben sind auch weniger widerstandsfähig gegenüber den Blattkrankheiten.

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