Zahlreichen Pflanzenschutzmitteln, deren Wirkstoffe bestimmte als „Ewigkeitschemikalien“ bezeichnete Per- und Polyfluoralkylsubstanzen (PFAS) in die Umwelt freisetzen, droht womöglich ein Verbot. Denn der zur Gruppe der PFAS gehörende Stoff Trifluoressigsäure (TFA) steht im dringenden Verdacht, für den Menschen gesundheitsschädlich zu sein. TFA ist wiederum ein Abbauprodukt zahlreicher Pflanzenschutzmittelwirkstoffe, die vor allem in Herbiziden und Fungiziden Anwendung finden.
Deutscher Antrag
Hintergrund ist ein Antrag, den Deutschland im Frühjahr 2024 bei der Europäischen Chemikalienagentur (ECHA) einreichte. Dieser sieht die Einstufung von TFA als reproduktionstoxisch der Kategorie 1b vor, also als Stoff, der „wahrscheinlich beim Menschen reproduktionstoxisch ist“.
Offenbar kann damit gerechnet werden, dass dieser Antrag Erfolg haben wird. Jedenfalls geht das für die Pflanzenschutzmittelzulassung zuständige Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) davon aus, „dass eine Einstufung als reproduktionstoxisch kommen wird und entsprechende Auswirkungen haben wird“, teilte ein Sprecher der Behörde gegenüber AGRA Europe mit. Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) und das Umweltbundesamt (UBA) schätzen TFA als gesundheitsschädlich sowie in der Umwelt persistent und mobil ein.
Sollte sich die Einstufung als reproduktionstoxisch bestätigen, so gälte TFA als sogenannter „relevanter Metabolit“ im Grundwasser, was wiederum strenge Grenzwerte zur Folge haben würde. Das pikante dabei: Laut UBA werden die dann für TFA geltenden Grenzwerte von 0,1 µg/l im Grundwasser bereits heute in fast allen Messstellen überschritten. Auch der zuletzt veröffentlichte Pflanzenschutzmittelbericht der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser (LAWA) hat die Belastung des Grundwassers mit dem bislang als „nicht-relevanter Metabolit“ geltenden TFA bestätigt.
Lange Übergangsfrist
Dass dies Auswirkungen auf die Zulassungen von TFA-emittierenden Pflanzenschutzmitteln zur Folge haben könnte, bestätigte das BVL auf Anfrage von AGRA Europe. „Welche Auswirkungen das sind, welche Pflanzenschutzmittel betroffen sind und wann Eingriffe in die Zulassung erfolgen, wird derzeit geprüft“, so ein BVL-Sprecher. Die Behörde untersucht laut eigenen Angaben bereits diejenigen Pflanzenschutzmittel, „die die größte Menge an TFA bilden“.
Bis zu einer konkreten Zulassungsänderung könnte allerdings noch einige Zeit ins Land gehen. Ein erster „Anhaltspunkt“ sei mit der Veröffentlichung des Berichts des Ausschusses für Risikobeurteilung der ECHA gegeben, so das BVL. Diese wird Ende 2025 erwartet und bildet die Grundlage für die Entscheidung der EU-Kommission. „Der nächste Schritt wäre eine Verordnung etwa ein bis zwei Jahre später und in der Regel noch eine relativ lange Übergangsfrist, bis zum vollständigen Wirksamwerden der Verordnung, rund 18 Monate“, so die Einschätzung des BVL. Das Verfahren dürfte sich also bis weit in die zweite Hälfte des laufenden Jahrzehnts hinziehen.