Bei der Abstimmung über die Düngeverordnung am Freitag im Bundesrat wurden nur die Zustimmungen gezählt. Im Bundesrat ist die Abstimmung über Handaufheben die Regel. Dabei wird nur anhand der Ja-Stimmen die Mehrheit oder Minderheit festgestellt. Gegenstimmen und Stimmenthaltungen, die für die absolute Mehrheit ohne Bedeutung sind, werden nicht ausgezählt. So war es auch bei der Düngeverordnung.
Unterschiede im Abstimmverhalten der Länder
Einige Länder wie zum Beispiel Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Schleswig-Holstein haben zwar für den Antrag der Saarländer gestimmt, der die Frist für die Umsetzung der Maßnahmen in den roten Gebieten auf den 1. Januar 2021 verschiebt. Bei der Schlussabstimmung für die Düngeverordnung haben sie sich aber enthalten. Auch Rheinland-Pfalz, dessen Landwirtschaftsministerium in einer Pressemitteilung Wert darauf legt, dass es der Düngeverordnung nicht zugestimmt hat, hat sich formell bei der Abstimmung enthalten.
Bayern hebt hingegen heraus, dass es die Düngeverordnung abgelehnt hat. Es hat in der Schlussabstimmung zur Verordnung bei der Frage nach der Zustimmung nicht die Hand gehoben und damit nicht zugestimmt. Obwohl im Bundesrat nicht weiter nach Ablehnung oder Enthaltung gefragt wurde, sei für Bayern "klar festzuhalten, dass die Staatsregierung sich auf Nichtzustimmung festgelegt hat, also die Ablehnung", teilt das Landwirtschaftsministerium aus München gegenüber top agrar mit.
Das Saarland, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen, Baden-Württemberg und Brandenburg haben der Düngeverordnung im Bundesrat indes zugestimmt. Hinzu kommen die drei Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg. Diese Länder betonen dies unter der Maßgabe getan zu haben, dass die Überarbeitung der roten Gebiete erst zum 1.1.2021 umgesetzt werden muss. Diese Stimmen waren für den Beschluss der Düngeverordnung am Freitag entscheidend, so dass mit 35 Stimmen das denkbar knappste Ergebnis zustande kam. Die Abstimmung über die Düngeverordnung war eine Woche vorgezogen worden, weil der Bundesrat früher tagte, um die Hilfspakete für die Coronakrise zu beschließen.
Zeitlicher Aufschub bis 2021 nur für rote Gebiete
Der von der EU-Kommission genehmigte und Freitag beschlossene zeitliche Aufschub bezieht sich alleine auf die roten Gebiete. Statt Juli 2020 müssen sich die Landwirte für Flächen in den roten Gebieten erst ab Januar 2021 auf die verschärften Regeln einstellen. Dazu gehören die Absenkung des Düngebedarfs um 20 % im Betriebsdurchschnitt, die schlagbezogene Grenze von 170 kg Stickstoff pro Hektar aus organischen Düngemitteln, die längeren Sperrfristen für die Grünlanddüngung und von Festmist sowie das Verbot der Herbstdüngung zu Winterraps, Wintergerste und Zwischenfrüchten ohne Futternutzung mit Ausnahmen.
Dafür sollen die Bundesländer die roten Gebiete bis Ende des Jahres mit einer verpflichtenden Binnendifferenzierung und bundesweit einheitlichen Kriterien neu ausweisen. In den Bundesländern, in denen die Binnendifferenzierung schon angewandt wurde, sind in der Folge die roten Gebietskulissen merklich geschrumpft.
Die neuen Vorgaben für alle Flächen greifen dagegen bereits ab Frühsommer, wenn die neue Düngeverordnung in Kraft getreten und veröffentlicht ist. Das wird im Laufe des Aprils erwartet.
Schon ab 2020 gelten bundesweit für alle Flächen:
- Der bisher erforderliche Nährstoffvergleich wird durch eine schlagbezogene Aufzeichnungspflicht ersetzt. Damit ist jede Düngung mit Düngerart und -menge innerhalb von zwei Tagen zu dokumentieren.
- Verlängerte Sperrfristen bei der Winterdüngung im Herbst ab 1. Dezember.
- Ein Verbot von stickstoff- und phosphathaltigen Düngemitteln auf gefrorenem Boden auf allen Flächen. Die bisherige Ausnahme, falls der Boden tagsüber auftaut, ist gestrichen.
- Die Abstandsregelungen zu Gewässern für das Ausbringen von Dünger in Hanglagen ab 5 % Neigung werden erweitert (Details siehe Zusatzinfo).
- Die Düngemöglichkeiten für Flächen in Hanglagen ab 5 % Neigung, die in der Nähe von Gewässern liegen, wird eingeschränkt (Details siehe Zusatzinfo).
- Verkürzung der Einarbeitungszeit für flüssige Wirtschaftsdünger bei der Aufbringung auf unbestelltem Acker auf eine Stunde ab 2025.
Förderung von Lagerstätten, Ausbringtechnik und Aufbereitung
Um die Auswirkungen der Maßnahmen abzumildern, will die Bundesregierung Lagerstättenbau, effiziente Ausbringungstechnik und Gülleaufbereitung fördern. Dafür will sie das Geld aus der Bauernmilliarde nutzen. Das Antragsverfahren soll laut dem BMEL in der zweiten Jahreshälfte und spätestens Anfang 2021 starten.
Die Förderung von Güllelagern ist laut dem BMEL bereits jetzt über die Agrarinvestitionsförderungsprogramme des Bundes möglich, sofern die Mindestlagerkapazität die betriebsindividuelle ordnungsrechtliche Vorgabe zur Lagerkapazität um zumindest zwei Monate übersteigt. Hierzu gehört auch die Abdeckung von Güllelagerstätten.
In Schleswig-Holstein startet dafür die Antragsfrist am 1. April. Dort stehen dafür bis 2022 auf rund 4,8 Mio. € zur Verfügung. Gefördert wird die Anschaffung von Gülleausbringungstechnik, der Bau von Festmistlagerstätten sowie die Errichtung von Lagunen und Erdbecken zur Sammlung verunreinigter Oberflächenwasser wie z.B. Sickerwasserausträge oder Regenwasser von Hofflächen. Außerdem werden neue Lagerbehälter gefördert, die im Interesse des Klimaschutzes über feste Abdeckungen zum Schutz vor Emissionen verfügen müssen. Eine Förderung gibt es auch für Abdeckungen, mit denen bestehende Behälter ausgestattet werden.