Die im Industrieverband Agrar (IVA) organsierten Unternehmen verstehen sich als Teil der Lösung, wenn es um die anstehende Transformation der Landwirtschaft geht. IVA-Präsident Michael Wagner sieht es deshalb kritisch, dass Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir den Ökolandbau zum neuen Leitbild seines Hauses gemacht hat.
„Moderne Verfahren im Pflanzenschutz schonen Biodiversität und Klima, ohne dass dies auf Kosten von Erträgen und Qualitäten geht“, stellt Wagner im Interview mit AGRA-EUROPE klar. Er hält die Verengung auf nur ein Anbausystem deshalb nicht für richtig. Der IVA-Präsident ist vielmehr überzeugt, dass synthetischer Pflanzenschutz und mineralische Düngung auch in Zukunft ihre Berechtigung im Pflanzenbau haben, ebenso wie biologische, mechanische oder thermische Verfahren.
„Wir brauchen einen Wettbewerb um die smartesten Lösungen im Ackerbau und das sollte alle verfügbaren Technologien einschließen“, betont Wagner. Gerade für neue Technologien wie die Digitalisierung aber auch biologische Pflanzenschutzmittel müsse die Politik für den passenden regulatorischen Rahmen sorgen.
Dass der Ökolandbau weniger Treibhausgase ausstößt, will Wagner nur bezogen auf die Fläche gelten lassen. „Das ist angesichts weltweit begrenzter Flächen aber der falsche Maßstab“, gibt der Agrarökonom zu bedenken. Entscheidend sei vielmehr, wie viel CO2 bezogen auf die Produkteinheit - beispielsweise eine Tonne Weizen - ausgestoßen werde, und da schneide der konventionelle Ackerbau klar besser ab als der biologische.
Entspannung in Sicht
Was den Düngermarkt angeht, rechnet der IVA-Präsident Richtung Frühjahr mit einer zumindest leichten Entspannung der Versorgungslage. „Mittlerweile haben die meisten Düngerhersteller ihre Anlagen wieder hochgefahren“, berichtet Wagner, der zu Jahresbeginn in seine erste Amtszeit als IVA-Präsident gestartet ist. Er geht deshalb davon aus, dass ausreichende Mengen für die Frühjahrsdüngung vorhanden sind.
Der Landhandel finde zu entsprechenden Preisen auch Ware. „Solange Erdgas so teuer bleibt, müssen die Landwirte aber mit weiterhin hohen Düngerpreisen rechnen“, schränkt Wagner ein. Zwar arbeite die agrochemische Industrie mittlerweile an fossilfreien Düngern. Der zur Herstellung von dekarbonisierten Alternativen notwendige Wasserstoff müsse jedoch durch Elektrolyse aus erneuerbarem Strom gewonnen werden, weshalb fossilfreier Dünger absehbar teurer sein werde als sein fossiles Pendant. Ob sich die fossilfreie Alternative durchsetze, sei dann vor allem eine Frage der politischen Rahmenbedingungen - Stichwort CO2-Preis.