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Pflanzenschutzmaßnahmen: Behandeln Sie nach Schadensschwellen

Schadensschwellen geben Orientierung, ab wann sich eine Pflanzenschutzmaßnahme lohnt. Wer zum richtigen Zeitpunkt handelt, verringert die Resistenzgefahr und spart Geld.

Lesezeit: 6 Minuten

Unsere Autoren: Dr. Lukas Schulte-Filthaut, Uni Bonn; Prof. Dr. Bärbel Gerowitt, Uni Rostock

Wirtschaftliche Schadensschwellen markieren, ab welcher Befallshöhe sich die Bekämpfung eines Schadorganismus wahrscheinlich lohnen wird. Daher stehen sie in der Pyramide des Integrierten Pflanzenschutzes (IPS) als Entscheidungshilfen zwischen dem Vorbeugen und dem direkten Bekämpfen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich um chemische oder andere Bekämpfungsmethoden handelt.

Generell setzen Schadensschwellen im laufenden Anbaujahr an. Welche Schadorganismen (zum Beispiel Unkräuter, Krankheiten, Schädlinge) zu diesem Zeitpunkt auftreten, hängt dabei auch von den vorab getätigten vorbeugenden Maßnahmen ab. Darunter fallen beispielsweise die Fruchtfolge, der Saatzeitpunkt oder die Sortenwahl.

Schadensschwellen eignen sich für viele Schadorganismen (siehe unten) – aber nicht für alle. Bei Erregern, die sich vorab gar nicht oder nicht früh genug erkennen lassen (zum Beispiel Phytophtora), setzt man deshalb auf Negativ-Prognosen, die eine Befallswahrscheinlichkeit anhand des Wetters und an­derer Faktoren errechnen. So ermöglichen sie eine gezielte Bekämpfung, ohne den Erreger zuvor erfasst zu haben.

Schnell gelesen

Schadensschwellen sind als Entscheidungshilfen ein wichtiger Teil des ­Integrierten Pflanzenschutzes.

Schwellenwerte für Schadorganismen sind nicht fix. Sie werden in fortlaufenden ­Versuchsserien ermittelt und angepasst.

In der Praxis funktionieren Schadensschwellen über das Erkennen und ­Erfassen des jeweiligen Schadorganismus. Es folgt die Entscheidung, ob sich eine Pflanzenschutzmaßnahme lohnt.

Auch ökologische Aspekte könnten künftig in bisherige Schadensschwellen ­integriert werden.

Wie entstehen Schwellenwerte?

Die passenden Schwellenwerte für die jeweiligen Schadorganismen ermitteln Landes- und Forschungseinrichtungen in fortlaufenden Versuchsserien. Die Versuche konzentrieren sich dabei auf einzelne Schadorganismen, um die jeweiligen Schäden besser zuordnen zu können.

Bei Unkräutern funktioniert das über selektives Bekämpfen, bei Insekten benötigt man Käfige oder Netze, in denen definierte Mengen von Schädlingen freigesetzt werden.

Mit diesen Ergebnissen lassen sich anschließend die Schäden ohne Bekämpfung prognostizieren. Sie werden den Kosten einer Behandlung gegenübergestellt. Anschließend ordnen die Versuchseinrichtungen ihre Ergebnisse ein und ändern bei Bedarf die Beratungspraxis.

Die Richtwerte sollten möglichst sicher und pragmatisch anwendbar sein. Sie sind aber nicht fix und können je nach Jahr, Region und Betrieb variieren. Sinnvoll ist es deshalb, auch eigene Erfahrungen und die konkrete Lage vor Ort mit einfließen zu lassen.

Erkennendes Schadorganismus

In der Praxis steht das Erkennen des Schadorganismus an erster Stelle. Es bildet die Grundlage, um die richtigen Schlüsse ziehen zu können. Das beste Werkzeug ist hierbei das trainierte Auge. Insgesamt tummeln sich in einem gesunden Acker unzählige Organismen, doch nur ein ganz kleiner Bruchteil davon fügt der Pflanze einen Schaden zu.

Deshalb sollten Sie als Entscheider möglichst die wichtigsten Schadorganismen und ihr Schadbild in jeder Kultur im Betrieb erkennen können. In der Praxis ist das allerdings nicht immer einfach. Bei den Unkräutern ist es oft leichter als bei Krankheiten, die sich schnell verändern, und Schädlingen, die mobil sind. Erfahrungswerte zeigen aber, dass viele Landwirte Schädlinge oft besser kennen, als sie sich zutrauen.

Die zahlreichen Smartphone-Apps (z. B. Flora Incognita für Unkräuter) erleichtern das Erkennen heute immer mehr – und das auch recht zuverlässig. Sie helfen oft aber nicht, die erkannten Organismen in ihrer Bedeutung zu gewichten. Durch Forschungsprojekte und die Service-Angebote werden sie künftig noch bedeutender werden. Trotzdem bleibt das schnelle Erkennen und grobe Einordnen durch den Menschen auf absehbare Zeit der wichtigste Faktor.

Erfassen des Schadorganismus

Das Erfassen des zuvor erkannten Schadorganismus auf der Fläche ist der nächste Schritt. Der Befall drückt sich immer in einer bestimmten Einheit aus, damit man ihn einordnen kann. Relevante Einheiten sind zum Beispiel Flächenmaße (pro m2, pro ha usw.) oder Zeitmaße (pro drei Tage, pro Woche). Bei Fallen ohne Flächenbezug (z. B. Gelbschale) muss man beispielsweise zwingend eine Zeiteinheit nutzen – andernfalls bleibt der Befall dimensionslos und damit nicht interpretierbar.

Die Erfassungsmethode muss dabei zum Erreger passen: So kann man den Zuflug pro Zeiteinheit zum Beispiel mit Gelbschalen erfassen, den Schaden saugender Insekten (Blattläuse) kann man zur Milchreife hingegen nur mit Befallshöhen (pro Ähre) oder Befallsstärken (%-befallene Ähren) abschätzen.

Um den erfassten Befall am Ende mit den Schwellenwerten abgleichen zu können, kommt es auf die richtige Maßeinheit an. Unkräuter kann man zählen, Deckungsgrade lassen sich optisch abschätzen. Besondere Aufmerksamkeit verdienen hierbei Arten, die neben Ertrags- auch Qualitätsverluste hervorrufen (z. B. Klettenlabkraut). Zudem lohnt es sich, auf die Merkmale des jeweiligen Bestandes zu achten. Beim Rapsglanzkäfer spielt es zum Beispiel eine Rolle, ob der Bestand wüchsig oder lückig ist.

Zunehmend mehr Bedeutung beim Erfassen erlangen sensorgestützte und smarte Lösungen. Sensoren an Maschinen oder Drohnen können die Organismen und ihre Schadbilder auf der ganzen Fläche erfassen. Richtig smart wird es, wenn neben den erfassten Daten zusätzliche Informationen mit einfließen (z. B. Wetter, allgemeiner Infektionsdruck, Sorteneigenschaften). Die moderne Technik hilft so, Zeit zu sparen und Informationen zu generieren, die der Mensch allein nicht sammeln kann.

Jetzt entscheiden

Das Entscheiden ist der abschließende Schritt vor dem Handeln. Hier kommen die offiziellen Schwellenwerte der Schadorganismen ins Spiel, mit denen man die erfassten Werte abgleicht. In diese Werte sind dabei auch die mittleren Kosten einer Bekämpfung eingeflossen. Aktuelle Schwellenwerte finden Sie z. B. auf den Webseiten der Beratungsinstitutionen, den Warndiensten oder in Fachzeitschriften.

Beispiele für Schwellenwerte

Auszug aus den amtlichen Schadensschwellen für Baden-Württemberg 2024.

Großer Rapsstängelrüssler: ­Gelbschale mit Gitter: 5 Käfer in drei Tagen im Raps

Rapsglanzkäfer: > 10 Käfer/Pflan­ze im normalen Rapsbestand, > 5 Käfer/Pflanze im schwachen Raps

Grüne Pfirsichblattlaus: 10 % befallene Rübenpflanzen bis BBCH 39

Schwarze Bohnenblattlaus: Vor BBCH 39: 30 % befallene Rübenpflanzen; nach BBCH 39: 50 % ­befallene Pflanzen

Kartoffelkäfer: 10 Larven je Kartoffelpflanze -/ jf

Aus diesen Werten ergibt sich zunächst eine „Bekämpfen-Ja/Nein“-Entscheidung. Lassen Sie für eine gute Entscheidung weitere Beobachtungen mit einfließen: Sind Nützlinge anwesend? Wie gut ist der Bestand entwickelt? Auch das Entwicklungsstadium der Kultur spielt eine Rolle, da sich die Schwellenwerte teils im Laufe der Vegetationsperiode verändern. Bei mobilen Insekten oder sich schnell vermehrenden Pilzen liegen Bekämpfungsschwellen niedriger als die Schadensschwellen, damit Zeit zum Handeln bleibt.

(Digitale) Entscheidungssysteme eignen sich hervorragend, um den prognostizierten Schaden mit den Bekämpfungskosten zu vergleichen: Für die Schadensprognose benötigt man Befalls-Verlust-Relationen; die Kosten lassen sich individuell errechnen.

Das Ergebnis sind IT-Entscheidungshilfesysteme (DSS). Diese generieren in der Regel weitere Information: Wie hoch ist der zu erwartende Schaden? Wann und womit sollte bekämpft werden? Von den bisherigen IT-Anwendungen ist es nicht mehr weit zu KI-Lösungen, die die erfassten Ergebnisse gleich weiterverarbeiten können. Die Algorithmen sind die gleichen, aber die Entscheidung des Menschen fällt weg. Autonome Roboter könnten diese Entscheidungen dann gleich umsetzen.

Ausblick in die Zukunft

Schadensschwellen sind ein verlässlicher Weg, ein akutes Problem im Bestand zu erkennen, es zu erfassen und zu entscheiden, ob ein Handeln erforderlich ist. Das Ergebnis kann so auch sein, dass eine Behandlung wegfällt. So helfen Schadensschwellen, Kosten zu verringern, Resistenzen zu vermeiden und die Umwelt zu schonen.

Bisherige Schadensschwellen basieren allein auf betriebswirtschaftlichen Überlegungen. Die Forschung arbeitet aber daran, sie um ökologische Aspekte zu ergänzen. So können z. B. Ökosystemleistungen von Unkräutern oder Schädlingen als Nahrungsgrundlage in die Bewertung miteinfließen. Auch negative Umwelteffekte von Pflanzenschutzmitteln lassen sich berücksichtigen. Beides erhöht die Schwellenwerte. Daher werden ökologische Schadensschwellen immer höher liegen als ökonomische.

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