Einloggen / Registrieren

Startseite

Schlagzeilen
Meinung & Debatte
Newsletter
Messen & Termine
Themen
Wir für Euch
Heftarchiv
Sonstiges

Wolf Maisernte Gülle und Wirtschaftsdünger

topplus Regenerative Landwirtschaft

Was bringt Pflanzenkohle im Ackerbau?

Bodenverbesserer und CO2-Speicher – die Erwartungen an Pflanzenkohle im Ackerbau sind hoch. Einige Praktiker setzen sie schon ein, doch Versuche gibt es noch kaum. Wir zeigen, was dahinter steckt.

Lesezeit: 6 Minuten

Porös, schwarz und voller Kohlenstoff, das ist Pflanzenkohle (engl. biochar). Die Erwartungen an sie sind groß: Sie soll Böden fruchtbarer machen, Emissionen reduzieren und CO2 dauerhaft speichern. Ins Bewusstsein rückte der potenzielle Bodenverbesserer erstmals durch die Forschung zur Terra Preta (siehe Kasten unten).

Doch auch wenn sie in der ackerbaulichen Praxis noch selten zum Einsatz kommt, wächst das Interesse an der Kohle seit einigen Jahren stark an. Davon zeugt die steigende Zahl der wissenschaftlichen Projekte und Veröffentlichungen, aber auch die der Pflanzenkohlehersteller. Neben dem Ackerbau ist Pflanzenkohle auch in anderen landwirtschaftlichen Bereichen nachgefragt, so z. B. in der Tierfütterung, als Geruchsbinder in Wirtschaftsdüngern und als Additiv bei der Kompostierung. Was steckt hinter dem pflanzlichen Stoff?

Das Wichtigste zum Thema Ackerbau dienstags per Mail!

Mit Eintragung zum Newsletter stimme ich der Nutzung meiner E-Mail-Adresse im Rahmen des gewählten Newsletters und zugehörigen Angeboten gemäß der AGBs und den Datenschutzhinweisen zu.

Mit Pyrolyse verkohlt

Grundsätzlich besteht Pflanzenkohle aus verkohlter, pflanzlicher Biomasse. Die Bandbreite möglicher Ausgangsmaterialien ist groß und reicht von Holz, Gärresten, Grünschnitt bis hin zu Getreidespelzen. Bei der sogenannten Pyrolyse verkohlen diese organischen Stoffe unter Sauerstoffabschluss und bei Temperaturen von 350 bis 750 °C.

Das Endergebnis hat je nach Ausgangssubstrat einen sehr hohen Kohlenstoffanteil von 70 bis 90 %. Die ursprünglich enthaltenen Nährstoffe, wie z. B. N, P, K und S bleiben in Teilen erhalten, dazu kommt eine unterschiedlich große Aschefraktion. Pflanzenkohle besitzt eine sehr geringe Dichte (unter 0,3 kg/l) und ein großes Porenvolumen.

Dadurch hat sie eine sehr große Oberfläche, mit der sie sowohl Wasser als auch organische Partikel binden kann. Zudem ist Kohle durch ihre chemische Struktur sehr stabil und kann bei einem hohen Kohlenstoffgehalt viele Jahre im Boden überdauern.

Heute wird dazu geraten, Pflanzenkohle in kleineren Raten zu auszubringen, auch aus Gründen des Bodenschutzes. In der Praxis gibt es Erfahrungen mit wiederholt ausgebrachten Mengen von 0,5 bis 2 t/ha Pflanzenkohle. In der Praxis bringt man das Pyrolyseprodukt meist oberflächlich und gemeinsam mit organischen Düngern aus. Möglich ist aber auch eine konzentrierte, punktuelle oder Streifen-Applikation in der Wurzelzone. Einige Praktiker setzen auf eine sogenannte Kaskadennutzung: Hier gelangt die Kohle über die Futterration des Viehs in den innerbetrieblichen Nährstoffkreislauf und landet letztendlich mit Wirtschaftsdüngern in die Böden.

Kaum Effekte auf Erträge

Insgesamt steht die Forschung zum Einfluss von Pflanzenkohle auf Böden und die  Erträge  in Deutschland und Mitteleuropa noch am Anfang. Bislang fehlen aber Langzeitversuche und das Wissen um die langfristigen Auswirkungen im Boden. Zudem sind viele bisherige Versuchsergebnisse nicht eindeutig.

Das ist z. B. bei den Erträgen der Fall.  In den Tropen ließen sich durch Terra Preta deutliche Ertragssteigerungen erzielen, auf den fruchtbaren Standorten Europas und Nordamerikas konnte das noch nicht nachgewiesen werden. Teilweise ließen sich die Erträge durch eine Kombination von Kohle und organischen Düngern verbessern, allerdings nicht in allen Versuchen.

Pflanzenkohle beeinflusst Böden

Doch Pflanzenkohle wirkt sich durch ihre Struktur auch auf die Eigenschaften der Böden an sich aus. So kann sie mit ihrer porösen Struktur und großen Oberfläche Wasser speichern und so die  Wasserhaltefähigkeit  der Böden verbessern. In einer Metastudie zeigte sich, dass Pflanzenkohle das verfügbare Wasser im Boden um durchschnittlich 28 % und die Feldkapazität um 20 % erhöhen kann. Die größten Effekte zeigte sich auf sehr sandigen Standorten. Auf dichten tonigen Standorten kann der poröse Stoff die Durchlüftung im Boden verbessern. Allerdings sind diese Effekte erst nach einer mehrjährigen Applikation zu erwarten, wenn bereits Mengen von über 20 bis 30 t/ha ausgebracht wurden.

Neben Wasser bindet die poröse Struktur auch  Nährstoffe . Wer Pflanzenkohle allein und nicht in Kombination mit Düngern ausbringt, riskiert deshalb, dass die Nährstoffverfügbarkeit im Boden kurzfristig sinkt, da die Kohle freie Nährstoffe im Boden adsorbiert. So kann Pflanzenkohle den Nitrat- und den Ammoniumgehalt im Oberboden um bis zu 12 % reduzieren. Auch die Verluste durch Lachgasemissionen können teils zurückgehen. Gleichzeitig bleiben die Nährstoffe weiter pflanzenverfügbar. So kann Kohle durch ihr Adsorptionsvermögen teils Nitratauswaschungen reduzieren.

Wegen dieser Eigenschaft wird Kohle teils mit organischen Düngern ausgebracht, um  Ammoniakemissionen  zu reduzieren. Laut dem Wissenschaftlichen Beirat für Düngungsfragen, steigen die Ammoniakemissionen aber in vielen Fällen sogar an. Die gasförmigen Nährstoffverluste, waren auf sauren Böden besonders stark, bei höheren pH-Werten beeinflusste Kohle die Emissionen hingegen kaum.

Noch nicht komplett erforscht

Pflanzenkohle beeinflusst viele Parameter. Viele  indirekte Effekte  im Boden sind zum Teil noch unbekannt. Eine verbesserte Wasserhaltefähigkeit und mehr Nährstoffe könnten langfristig insgesamt zu einer besseren Bodenfruchtbarkeit führen und sich so z. B. positiv auf Humusbildung und das Wurzelwachstum auswirken. Dazu gibt es aber noch keine Versuche.

Auch wie kohlehaltige Böden das  Bodenleben  beeinflussen, ist noch nicht abschließend bekannt. Während die Regenwurmzahl in einigen Versuchen zurückging, konnten bestimmte Bodenmikroben teils von der Kohle profitieren. Zudem beeinflusst sie die Wirksamkeit von  Pflanzenschutzmitteln: Nach Angaben des Schweizer Bundesamtes für Umwelt kann Kohle z. B. die Wirksamkeit von bodenwirksamen Pflanzenschutzmitteln herabsetzen und gleichzeitig ihren Abbau im Boden verlangsamen.

Ein weiterer Diskussionspunkt ist Pflanzenkohle als  Treibhausgas-Speicher , um durch die hohen Kohlenstoffanteile Treibhausgase zu binden. Um 1 t CO2 im Boden zu speichern, sind etwa 0,4 t Pflanzenkohle nötig. Für einen nennenswerten Klima-Effekt bedarf es allerdings sehr hoher Kohlemengen.

Mit EBC-Zertifikat auf Qualität achten

Eines ist zu beachten: Pflanzenkohle ist nicht gleich Pflanzenkohle. Je nach Ausgangsmaterial und den Herstellungsbedingungen (Temperatur, Dauer) können aus der Pyrolyse sehr unterschiedliche Endprodukte hervorgehen, die sich in ihrer Wirkung auf die Umwelt unterscheiden. Deshalb bringt unsachgemäß hergestellte Pflanzenkohle sogar Risiken mit sich.

Durch schadstoffhaltige Substrate und Mängel beim Herstellungsprozess, können sich Schadstoffe wie Schwermetalle, Dioxine oder Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAKs) in der Kohle anreichern und auf diesem Weg in den Boden gelangen. Wer selbst Kohle auf seinem Acker ausbringen will, sollte daher auf die richtige Qualität achten.

Um minderwertige Kohlen auf dem Markt zu verhindern, gibt es den freiwilligen Industriestandard European Biochar Certificate (EBC). Zertifizierte Hersteller haben sich beim Herstellungsprozess zu bestimmten Mindeststandards verpflichtet. Dazu gehört u. a. eine langsame Pyrolyse, unter atmosphärischem Druck, weitgehendem Luftabschluss und bei Temperaturen von mindestens 400 °C. Zurzeit gibt es in Deutschland 21 EBC-zertifizierte Hersteller von Pflanzenkohle. Qualitativ hoch­­wertige Ware hat allerdings ihren Preis: Die Preise für eine Tonne Pflanzenkohle liegen bei rund 500 €, Futterkohle und spezielle Produkte liegen teils noch darüber.

Terra Preta

Die Terra Preta (portugiesisch: Schwarze Erde) ist ein besonderer Boden, der im Amazonasgebiet in Südamerika vorkommt. Durch ihre stabilen, hohen Humusanteile unterscheidet sie sich stark von den üblichen mageren Tropenböden. Terra Preta entstand unter ehemaligen Siedlungsplätzen, wo Reste von verkohlten Pflanzenteilen, Lebensmittelabfällen und Exkrementen über ­Jahrhunderte kompostierten. Als Ursache des hohen Kohlenstoffanteils gilt die enthaltene Pflanzenkohle.

top + In wenigen Minuten wissen, was wirklich zählt

Zugang zu allen digitalen Inhalten, aktuellen Nachrichten, Preis- und Marktdaten | 1 Jahr für 1̶2̶9̶,̶6̶0̶ ̶€̶ 99 €

Wie zufrieden sind Sie mit topagrar.com?

Was können wir noch verbessern?

Weitere Informationen zur Verarbeitung Ihrer Daten finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

E-Mail-Adresse

Vielen Dank für Ihr Feedback!

Wir arbeiten stetig daran, Ihre Erfahrung mit topagrar.com zu verbessern. Dazu ist Ihre Meinung für uns unverzichtbar.