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topplus Branche sucht Lösungen

Zikaden – eine ernste Bedrohung für Rüben- und Kartoffelwirtschaft

Schilf-Glasflügelzikaden übertragen Bakterien, die in Kartoffeln und Rüben zu enormen Schäden führen können. Gemeinsam sucht die Branche zurzeit unter Hochdruck nach Lösungen.

Lesezeit: 5 Minuten

Der Bekanntheitsgrad der Schilf-Glasflügelzikade als Überträger bakterieller Krankheiten in Rüben und Kartoffeln ist in kürzester Zeit exponentiell gestiegen. Wie hoch die Relevanz der Problematik ist, verdeut­lichen auch die Teilnehmerzahlen des diesjährigen Forums Beta-Sol im rhein-hessischen Worms. So nahmen rund 350 Gäste an der Tagungsveranstaltung und 200 Interessierte am vorgeschal­teten Feldtag teil. Eingeladen hatten der Verband der Hessisch-Pfälzischen Zuckerrübenanbauer und der Agrar­service Hessen-Pfalz.

Schnell gelesen

  • Als Überträger von SBR in Rüben und der Bakteriellen Kartoffelknollen-Welke stellt die Schilf-Glasflügelzikade sowohl die Zuckerrüben- als auch die Kartoffelbranche vor große Herausforderungen.

  • Beim Forum Beta-Sol in Worms wurde deutlich, dass nur mit gemeinsamem Schulterschluss Lösungen zu finden sind.

  • Modellregionen der SBR Task Force ­liefern erst verheißungsvolle Erkenntnisse.

Warum sind Zikaden so gefährlich?

Die Schilf-Glasflügelzikade gilt als Hauptvektor von SBR (Syndrom niedriger Zuckergehalte) in Rüben, das durch das Proteobakterium Candidatus Arsenophonus phytopathogenicus und das Phytoplasma der Stolburgruppe, auch bekannt als Candidatus Phytoplasma solani, verursacht wird. Dieselben Erreger verursachen aber auch die Bakterielle Kartoffelknollen-Welke in Kartoffeln.

Laut Dr. Anna Markheiser vom Julius Kühn-Institut (JKI) unterscheiden sich die Erreger vor allem im Wirtspflanzenkreis. Ist der des Phytoplasmas mit mehr als 150 Pflanzenarten sehr groß, beschränkt sich das Proteobakterium nur auf wenige Wirte wie Zuckerrüben, Kartoffeln und Erdbeeren.

Vielfältige Lösungsansätze für Planzenschutz

Wegen der enorm hohen Schadgefahr gibt es mittlerweile unzählige Forschungsansätze von den verschiedensten Institutionen und Zusammenschlüssen, wie z. B. dem JKI, dem IfZ (Institut für Zuckerrübenforschung), der süddeutschen SBR Task Force oder der Forschungsgemeinschaft Zuckerrübe Südwest. Weil allen Beteiligten die Brisanz des Themas klar ist, sehen sie die Lösungsfindung als Gemeinschaftsaufgabe an. Einige der aktuell laufenden Forschungsprojekte sind:

SONAR – Sortenwahl für Nachhaltigkeit und Resilienz: Zentrales Element ist ein digitaler Sortenberater für Rübenanbauer. Basis hierfür ist ein umfassendes Monitoring von Schädlingen und Blattkrankheiten (darunter auch SBR) an Zuckerrüben an elf Standorten.

In dem 2023 gestarteten Projekt  Sicherung des Kartoffelanbaus in Hessen durch innovatives Zikaden-Management (SiKaZika)  untersuchen Wissenschaftler u. a. die Toleranz verschiedener Speisesorten auf die beiden Pathogene Stolbur-Phytoplasma solani und Arsenophonus phytopathogenicus.

Im Rahmen des Verbundvorhabens  ENTOPROG  entwickelt die Zentralstelle der Länder für EDV-gestützte Entscheidungshilfen und Programme im Pflanzenschutz (ZEPP) das wetterdatenbasierte Prognosemodell „SIMPenta“. Es soll in der Lage sein, die Entwicklungsstadien des Insekts schlagspezifisch und terminabhängig zu prognostizieren.

SBR Task Force: Gemeinsam auf der ­Suche nach Lösungen

Die süddeutsche SBR Task Force wurde im September 2023 nach einem SBR-Sondertreffen im baden-württembergischen Offenau gegründet. Ihr Ziel war es damals wie heute, den Kampf gegen die Schilf-Glasflügelzikade und der von ihr übertragenen Erreger zu beschleunigen. Die Arbeitsgruppe setzt sich zusammen aus den am stärksten betroffenen Rübenanbauverbänden, dem IfZ, der Südzucker und dem Kuratorium für Versuchswesen und Beratung im Zuckerrübenanbau. Die Mitglieder erarbeiten in Eigenregie Strategien gegen den Vektor bzw. die Erreger. Zu nennen sind hier vor allem ein umfangreicher Großflächenversuch (angelegt in 2024) und die Schaffung von Modellregionen.

SBR Task Force-Versuch 2024:

Ziele dieses Großflächenversuchs, der auf 41 Standorten durchgeführt wird, sind:

  • die Kontrolle der Schilf-Glasflügel­zikade,

  • die Kontrolle der Pathogene in der Rübe (Phytoplasma solani und Arsenophonus phytopathogenicus) sowie

  • die Reduzierung der Zikadenpopulation durch Schädigung der abgelegten Eier bzw. durch direkte Verringerung der Individuenzahl.

Verglichen werden z. B. die insektiziden Wirkstoffe Acetamiprid und Flonicamid, aber auch ein Gesteinsmehl sowie Schwefel als Repellent. Neben einer unbehandelten Kontrolle werden un­terschiedliche Varianten an den Stand­orten geprüft. Die Effekte der einzelnen Maßnahmen will man 2024 durch Ertrags- und Qualitätsanalysen und 2025 durch Zählung der ausgeflogenen Zikaden aus der Folgefrucht bewerten.

Der Versuch wird als Streifenversuch angelegt, da sich Exaktversuche als nicht geeignet erwiesen haben, um die SBR-Problematik abzubilden. Ein umfassendes Monitoring sowie die Probenahme auf dem Feld und die Diagnostik der Schaderreger im Labor sind begleitende Aktivitäten. Die federführende Koordination liegt beim JKI, das IfZ begleitet den Versuch wissenschaftlich.

Neuer Ansatz mit Modellregionen

Bereits im Herbst 2023 hat man vier Modellregionen etabliert. Alle liegen in Hotspot-Gebieten und waren 2023 stark von SBR und Stolbur betroffen. Insgesamt umfassen die Regionen in Baden-Württemberg und Bayern mehrere hundert Hektar Rübenfläche. Das Ziel ist, die Zikadenpopulation schrittweise zu reduzieren und dadurch eine Trendwende zu wieder steigenden Zucker­erträgen zu erreichen.

Das Besondere an diesem Projekt ist, dass alle Rübenfelder innerhalb einer Region Teil des Projekts sind und alle Betriebe innerhalb einer Modellregion die gleichen Maßnahmen umsetzen. So haben die Betriebe in drei der vier Re­gionen komplett auf die Aussaat von Wintergetreide sowie früh gesätem Sommergetreide als Folgefrucht nach Zuckerrüben verzichtet. Stattdessen wurden späte Sommerungen, vor allem Mais, aber auch Soja, Erbsen und Senf gesät. Aus früheren Versuchen ist bekannt, dass durch den späten Anbau von Sommerrungen die Nymphen bis zum Frühjahr nicht ausreichend Nahrung finden, was die Überlebensrate deutlich reduziert. Diese Maßnahme ist aktuell der vielversprechendste Hebel zur Reduktion der Population.

Ergänzend wurde ein Behandlungsplan für das Anbaujahr 2024 erarbeitet. Durch die Kombination mehrerer Maßnahmen sowohl zur Stärkung der Rübe als auch zur Kontrolle der Zikade sollen die Bekämpfungseffekte kombiniert und möglichst verstärkt werden. Dies wird daher als „all-in-Ansatz“ bezeichnet. Entsprechend ist es nicht möglich, den Effekt einer einzelnen Behandlung zu bewerten. Auf der anderen Seite bietet es aber die Chance, großflächig Effekte zu erzeugen und zu beobachten.

Erste, vorläufige Ergebnisse zeigen, dass durch eine angepasste Fruchtfolge (Mais statt Winterweizen) der Ausflug von Zikaden um 94 % zurückgeht. Außerdem gingen die Zikadenfänge in den Modellregionen im Vergleich zu den Gebieten außerhalb des Modells deutlich zurück.

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