Kennen Sie schon den Ausbildungsberuf Fachpraktiker/in für Landwirt (§66 BBiG/§42r HwO)? Diese Lehre ist speziell für Menschen mit Behinderungen. Sie dauert drei Jahre und wird in der Landwirtschaft oder in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation durchgeführt.
Die Ausbildung orientiert sich am anerkannten Ausbildungsberuf Landwirt/in. Je nach zuständiger Kammer bzw. Stelle können z.B. die Abschlussbezeichnungen unterschiedlich sein.
Hoch motivierter Praktiker
Einen Jugendlichen mit Behinderung bildet Erik Franz in Borrentin südlich von Demmin (Landkreis Mecklenburgische Seenplatte) aus. Der 17-jährige Lucas hat eine Lese-Rechtschreib-Schwäche und die 9. Klasse an einer Förderschule abgeschlossen, berichtet der Nordkurier. Franz kannte den Jungen schon zuvor, war dieser doch als Kind schon fasziniert von der Landwirtschaft. Es folgten Praktika und Ferienjobs – und seit August 2023 die Ausbildung.
Der Chef zeigt sich im Gespräch mit der Zeitung sehr zufrieden. Lucas habe im praktischen Bereich schon immer überzeugt, er sei sehr motiviert und fleißig, arbeitet größtenteils selbstständig und vorausschauend. Natürlich gibt es laut dem Ausbilder Bereiche, in denen er ihn intensiver unterstützen muss, aber gemeinsam würden sie alle Herausforderungen meistern. Optimal wäre jetzt noch, wenn der Azubi den Traktorführerschein besteht. Allerdings sei der theoretische Teil eine große Hürde.
Doch es gibt noch weitere Unterschiede zur klassischen Ausbildung zum Landwirt. So stellt die Ausbildung junger Menschen mit Teilleistungsschwächen zusätzliche Anforderungen an Ausbilder, betont Franz. Man müsse besonders darauf achten, dass die Jugendlichen nicht sich selbst überlassen werden. „Vor allem bei theoretischen Inhalten ist mehr Geduld gefragt, aber das ist es wert, wenn man sieht, wie sie sich entwickeln“, schildert der Landwirt.
Wöchentliche Nachhilfe
Zur Unterstützung und Vertiefung der Lerninhalte bekommt Lucas einmal wöchentlich Nachhilfe von einem Bildungsdienstleister aus Neubrandenburg. Der kommt dazu extra auf den Betrieb nach Borrentin und hilft, Hürden im Lesen und Schreiben zu meistern.
Bei der praktischen Arbeit überzeugt Lucas dagegen voll, egal ob draußen auf dem Feld oder bei den alltäglichen Aufgaben auf dem Hof und in der Werkstatt, lobt der Chef. Er ermutigt in dem Zuge Berufskollegen, ähnliche Schritte zu gehen und jungen Menschen, die individuelle Unterstützung benötigen, eine Chance zu geben.
Hohe Förderung
Die Ausbildung von Lucas wird durch die Arbeitsagentur im Rahmen des Programms „Begleitete betriebliche Ausbildung (bbA)“ unterstützt. Dieses Förderprogramm entlastet den Landhof Franz von einem großen Teil der Kosten, und bietet Lucas zudem gezielte Unterstützung durch qualifizierte Fachkräfte, informiert der Nordkurier weiter.
Unternehmen, die darüber nachdenken, Jugendlichen mit besonderen Bedürfnissen eine Ausbildung zu ermöglichen, sollten unbedingt Kontakt mit dem Arbeitgeberservice der Arbeitsagentur aufnehmen.