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Überstunden in der Ausbildung: So tickt die Generation-Z in der Landwirtschaft

Lange Arbeitstage und Generationenkonflikte sind ein fester Teil der Ausbildung in der Landwirtschaft. Was motiviert, was belastet Ausbilder und Azubis? Unsere bundesweite Umfrage gibt Einblicke.

Lesezeit: 8 Minuten

Die nächste Generation junger Landwirtinnen und Landwirte steht in den Startlöchern. In der Ausbildung sieht sie sich oftmals das erste Mal mit dem ungeschönten Berufsleben konfrontiert. Hier entsteht eine Dynamik, die top agrar, unterstützt von John Deere, genauer untersucht hat: Mit jeweils eigenen Fragebögen haben wir die Ausbilder und Auszubildenden in den Berufsfeldern Landwirt, Tierwirt und Fachkraft Agrarservice befragt. So erhielten wir Antworten rund um Arbeitszeiten, Belastung, warum sie trotz Hürden wie Bürokratie oder Preisdruck am Ball bleiben und wie es für sie in Zukunft weitergeht.

Den ersten Teil der Auswertung lesen Sie hier:

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Eines wird deutlich: Während die Generation-Z, geboren zwischen 1995 und 2010, branchenübergreifend oft als unzuverlässig und arbeitsscheu abgestempelt wird, gibt sie sich in unserem ZukunftsCheck leidenschaftlich und voller Tatendrang.

Schnell gelesen

  • Die bundesweite Umfrage „ZukunftsCheck“ beantworteten insgesamt 1.300 Ausbilder und Azubis in der Landwirtschaft.

  • 26 % der Azubis arbeiten jede Woche fünf Stunden oder mehr über die normale Arbeitszeit hinaus. Der Ausgleich erfolgt meist durch Freizeit, Naturalien, oder gar nicht.

  • Überstunden und unliebsame Aufgaben sind für 44 % der Azubis völlig normal.

  • Knapp zwei Drittel der Azubis empfinden die Belastung im Betrieb als „gerade richtig“ und fühlen sich motiviert durch das Team.

  • Jeder achte Ausbilderwill künftig nicht mehr Ausbilden. Die meisten davon setzen künftig auf Festangestellte.

Landwirte arbeiten länger

Wer in der Landwirtschaft arbeitet, kennt es: Die 40-Stunden-Woche ist eher Theorie. Das Regenradar leuchtet blau und die Ernte muss noch eingefahren werden, der Tierarzt kommt außerplanmäßig für ein lahmendes Rind oder der Traktor springt nicht an. Der Umgang mit Pflanzen und Tieren erfordert eine hohe Flexibilität.

Das Bundesstatistikamt Destatis hält Zahlen parat, die zeigen, dass Vollzeitbeschäftigte in der Landwirtschaft sogar branchenübergreifend mit Abstand die längste Arbeitswoche haben. Ganze 49,9 Wochenstunden bringen Landwirte auf die Uhr, während der Durchschnitt 41,9 Stunden arbeitet. So gaben auch 26 % der befragten Azubis an, dass sie ihre Arbeitszeit regelmäßig um fünf Stunden oder mehr in der Woche überschreiten. Ein Drittel der Azubis und zwei Drittel der Ausbilder gaben an, dass sie Überstunden während Arbeitsspitzen machen müssen. Nur 3 % der Ausbilder lassen den Azubi nach eigenen Angaben nie Überstunden leisten.

Über die Teilnehmer

  • Von April bis Juni 2024 beantworteten bundesweit rund 1.300 Teilnehmer die Umfrage.

  • Der oder die teilnehmende Auszubildende ist im Schnitt 20 Jahre alt. Neun von zehn sind aktuell in der Ausbildung, der Rest hat sie in den letzten drei Jahren beendet.

  • Mit einem Durchschnittsalter von 42 Jahren sind die Ausbilder und Ausbilderinnen in unserer Umfrage noch jung – denn der deutsche Durchschnittslandwirt ist etwa 53 Jahre alt.

  • Mit einem Frauenanteil von 22 % spiegeln die Teilnehmenden die Geschlechterverteilung in der Landwirtschaft realistisch wider.

  • 68 % der Teilnehmer arbeiten auf einem Betrieb mit Ackerbau als Schwerpunkt. Jeder zweite kreuzte bei dieser Frage Milchvieh an, 22 % Schweinehaltung und 16 % Fleischrinder.

Das meiste wird ausgezahlt. Wenn ich mal überstundenfrei haben möchte, ist das im Winter möglich, sonst nicht.“
Auszubildender

Zum größten Teil gleichen Betriebe die Überstunden mit einen Mix aus Freizeit und Bezahlung aus – etwa in Form von kostenloser Unterbringung oder Naturalien. Ein Azubi teilt im ZukunftsCheck, dass er günstiger im Betrieb einkaufen dürfe, ein weiterer schreibt: „Das meiste wird ausgezahlt. Wenn ich mal überstundenfrei haben möchte, ist das im Winter möglich, sonst nicht.“ Über mangelnde Flexibilität klagen mehrere Azubis in den offenen Antwortfeldern: „Ich habe keinen Urlaub gestattet bekommen, trotz mehr als 60 Überstunden“, schreibt ein Teilnehmer.

17 % der Azubis gaben an, dass gar kein Ausgleich stattfindet. Nur 3 % der Ausbilder setzen hier ihr Kreuz. Diskussionsbedarf? Für 12 % der Azubis schon. Sie gaben an, dass sie über die gebührende Entlohnung der Mehrarbeit mit ihrem Chef diskutieren müssen. Ausbilder dagegen sehen hier zu 94 % keinen Anlass für Diskussionen.

Arbeiten am Wochenende

Wer viel arbeitet, will Samstag und Sonntag auch Zeit für Familie, Freunde und Feiern haben. Zumeist können die Auszubildenden die Wochenenddienste flexibel gestalten, jeder Monat werde gemeinsam mit dem Ausbilder besprochen (47 %). 32 % der Azubis gaben an, jedes zweite Wochenende frei zu haben, während 13 % nie am Wochenende arbeiten müssen. 6 % machen einen Wochenenddienst im Monat und 2 % drei.

Überstunden gehören dazu

Interessant ist der Blick auf den Umgang der jungen Generation mit ihrem Arbeitspensum. „Unliebsame Aufgaben und Mehrarbeit gehören einfach dazu“, finden 44 % der befragten Azubis. Die Antwort deckt sich mit denen ihrer Chefs: Die Hälfte der Ausbilder findet, dass es für ihre Azubis kein Problem ist, wenn zusätzliche Arbeit anfällt. Doch: Fast genauso viele sehen die junge Generation als weniger belastbar und engagiert an. „Die Bereitschaft zu arbeiten, war früher höher“, lautet das Fazit von 44 % der Ausbilder.

Fragt man die junge Generation selbst, ist nach deren Ansicht ihre Motivation und Leistungsbereitschaft hoch. Mehr als ein Drittel der Nachwuchslandwirte gaben an, dass Überstunden für sie kein Problem darstellen. Das Gegenteil behauptet kaum einer: Nur jeweils ein Prozent gibt an, mal eine Aufgabe abgebrochen zu haben, weil er oder sie bereits Feierabend hatte oder die Aufgabe nicht angemessen war. Damit entkräften die jungen Landwirte, zumindest nach eigenen Angaben, ein Vorurteil ihrer Generation, nämlich, dass sie faul und unmotiviert seien.

Jeder Zehnte Azubi legt allerdings viel Wert darauf, dass sich an die Arbeitszeiten gehalten wird. Nur 7 % gaben an, ihrem Chef offen zu sagen, wenn ihnen zu viel aufgehalst wird.

Natur und Landtechnik begeistern

Fragt man danach, was die Auszubildenden antreibt, fallen große Begriffe wie Kindheitstraum, Leidenschaft und Liebe. Die Natur (20 %) sowie die Landtechnik (20 %) sind die großen Zugpferde, gefolgt von körperlicher Arbeit (16 %) und der Arbeit mit Tieren (15 %). „Die Freude, wenn ein neues Kalb auf die Welt kommt oder, wenn ich die Pflanzen beim Wachsen sehe: Für mich einfach ein Erlebnis pur”, schreibt ein Azubi. Sogar das unstete Wetter scheint zu überzeugen: „Die Arbeit mit dem wechselnden Wetterverhältnissen auf dem Acker macht mir sehr viel Spaß. Vor allem die unterschiedliche Entwicklung von Kulturen je nach Schlägen, Wetter und Bearbeitung.”

Bei den Ausbildern stehen auch pragmatische Motive im Vordergrund: 29 % sehen die Azubis als zusätzliche Unterstützung im Betrieb, 16 % erhoffen sich neue Impulse und 4 % bilden aus Kostengründen aus. Ein Drittel hat „Freude daran, Wissen an junge Leute weiterzugeben“ während 17 % die fachliche oder persönliche Herausforderung suchen.

Unmut über die Gen-Z?

Jeder achte Ausbilder wird künftig nicht mehr ausbilden. Davon wollen 41 % künftig auf Festangestellte setzen. Der Grund: „Es ist leichter Leute einzustellen, die bereits wissen, was sie wollen“, schreibt ein Ausbilder. Ein weiterer erklärt: „Durch zusätzliche überbetriebliche Ausbildungstage, Krankheits- und Urlaubstage ist der jetzige Azubi weniger als 2,5 Tage pro Woche im Betrieb.“

Jeder Dritte gibt außerdem als Grund an, keine geeigneten Azubis zu finden. Jeder Fünfte bildet aus Zeitgründen nicht mehr aus. Und bei 10 % ist die Familie der treibende Faktor, nicht weiter auszubilden.

Es ist leichter Leute einzustellen, die bereits wissen, was sie wollen.“
Ausbilder

In den offenen Antworten dominiert der Unmut über die junge Generation das Feld. Ob „zu sehr von den neuen Medien abgelenkt“, „faul“, „wollen nicht mehr arbeiten“, oder „keine Lust mehr auf die Gen-Z“.

8 % der „Gen-Z“ würden sich beim nächsten Mal gegen die Ausbildung entscheiden und führen das auf die aus ihrer Sicht ungesunde „Work-Life-Balance“ zurück. So schreibt ein Azubi: „Die Werbung weicht zu stark von der Realität ab. Das Privatleben steht hinten an, was ich als nicht gesund betrachte.“ Andere schreiben, der Job sei nicht mit einem Familienleben vereinbar oder für das Arbeitspensum sei zu schlecht entlohnt. Dagegen stehen immerhin 92 %, die das nicht so sehen und den gleichen Weg erneut gehen würden.

Belastung für zwei Drittel "gerade richtig"

Die Konsequenz aus viel Arbeit und wenig Freizeit heißt oft Stress. Auffällig ist: Ein Drittel der Auszubildenden kreuzte an, müde, überfordert und oft körperlich überlastet zu sein. Genauso viel Ausbilder behaupten das über ihre Azubis. Doch für fast zwei Drittel der Azubis ist die Belastung im Betrieb „gerade richtig“. Ein Azubi fasst zusammen: „Die Erntezeit ist immer wieder kräftezehrend, aber gleichzeitig ist die Arbeit im Team motivierend. In dieser Zeit ist es oft schwierig, die Arbeit für die Berufsschule und das Berichtsheft nicht zu vernachlässigen.“ Ein weiterer sagt: „Aufgrund dessen, dass ich sämtliche Arbeiten im Betrieb selbst ausführen durfte, war die Verantwortung natürlich höher somit auch das Stresslevel. Das war aber in keinem Fall ‘negativer Stress’.”

Das Erfolgsrezept scheint in der Stimmung im Team zu liegen. Viele der offenen Antworten betonen, wie ein positives Betriebsklima oder etwa ein dankbarer Chef das Stresslevel senken – während auf der Kehrseite Azubis, die sich ausgebeutet oder nicht gut betreut fühlen, häufiger erschöpft und gestresst sind.

Wie geht es nach der Ausbildung weiter?

Knapp über die Hälfte (54 %) der Azubis streben eine weiterführende Ausbildung wie Meister, Techniker oder Agrarbetriebswirt an. 18 % wollen ihr Praxiswissen mit einem Studium im Agrarbereich untermauern. Fast ein Drittel strebt die Hofübernahme des Elternbetriebes an und fast jeder Zehnte möchte einen Betrieb neu gründen.

42 % suchen ein Angestelltenverhältnis in der Landwirtschaft und 6 % sehen sich eher im vor- oder nachgelagerten Bereich, wie etwa im Landmaschinenhandel, in Futtermittelunternehmen oder in der Öffentlichkeitsarbeit. Auch eine Reise ins Ausland, ist das Ziel einiger Azubis. Einmal den Blick über den Tellerrand werfen, bevor es mit neuen Ideen zurück in die Heimat geht.

Der grünen Branche vollständig den Rücken zu kehren und sich in einem anderen Bereich zu orientieren, wollen nur 4 %.

Ausblick

Im dritten und letzten Teil der ZukunftsCheck-Strecke werfen wir einen Blick in die Berufsschulen: Wie aktuell ist der Lehrplan? Nutzen Auszubildende ChatGPT? Ist das Berichtsheft überflüssig?

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