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Landwirt und Dorfgemeinschaft stoppen 80 ha-Gewerbegebiet

Rund 80 ha sollte Landwirt Thomas Wahren aus Sachsen-Anhalt für ein Gewerbegebiet verkaufen. Doch er holte die Bürger ins Boot und wehrte sich erfolgreich.

Lesezeit: 3 Minuten

Als Thomas Wahren im März 2022 eher zufällig erfuhr, dass auf 80 ha seiner Eigentumsflächen ein Gewerbepark geplant ist, fiel er aus allen Wolken: „Für mich war sofort klar: Wenn das so kommt, kann ich meinen Betrieb hier dicht machen!“

Der Landwirt bewirtschaftet rund 400 ha Schwarzerde mit 70 Bodenpunkten in Kabelsketal in Sachsen-Anhalt. Hier zwischen Leipzig und Halle begrenzt vor allem der Niederschlag den Ertrag: Um mit den gerade mal 400 mm Regen klarzukommen, arbeitet Wahren schon seit Jahren mit reduzierter Bodenbearbeitung.

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Dass Kabelsketal für Gewerbe hochattraktiv ist, liegt nicht nur an der verkehrsgünstigen Lage am Schkeuditzer Kreuz (A14 und A9) und dem Flughafen Leipzig. Zusätzlich steht durch den Braunkohletagebau viel Geld aus den Kohleausstiegsmitteln z. B. für die Gewerbeentwicklung zur Verfügung.

Schon jetzt ist das Dorf Osmünde, wo Thomas Wahren seinen Betriebsstandort hat, von Gewerbegebieten umgeben, z. B. dem 230 ha großen Starpark. Insgesamt schätzt Landwirt Thomas Wahren die Gewerbefläche in der Gemeinde bereits auf 400 ha.

An die Ankündigung mit dem Star Park II für 125 Mio. € weitere 200 ha Fläche zu erschließen, die auch seine Fläche umfassen, kann sich der Landwirt noch lebhaft erinnern: „Die Bekanntmachung dazu im Amtsblatt war so klein, dass ich den Eindruck bekam, das Gewerbegebiet soll schnell durchgeschoben werden.“

Doch die Entwicklungsgesellschaft hat die Rechnung ohne die vitale Dorfgemeinschaft in Kabelsketal gemacht. Zunächst ging es darum, die Bürger zu informieren und öffentlichen Druck aufzubauen. „Wir mussten den Gemeinderat auf unsere Seite bekommen, der letztendlich über das Gewerbegebiet abstimmt,“ erklärt Wahren.

Für die Gemeinderatsmitglieder keine leichte Entscheidung, denn die Entwicklungsgesellschaft versprach Gewerbesteuereinnahmen und mehr Arbeitsplätze. Die mittlerweile gegründete Bürgerinitiative hielt dagegen, dass die Belastungsgrenze hinsichtlich Lärm, Abgasen und Lichtverschmutzung erreicht sei und Gewerbegebiete brach liegen, die man zuerst nutzen könne. Auch die Versiegelung von 200 ha Ackerland störte viele.

1.600 Unterschriften

Um dem Gemeinderat die ernsten Bedenken der Bürger zu verdeutlichen, sammelte die Bürgerinitiative Kabelsketal mehr als 1.600 Unterschriften gegen den Star Park II, um ein Bürgerbe­gehren zu initiieren. Gleichzeitig einigte sich Thomas Wahren mit anderen Flächeneigentümern darauf, die Flächen nicht zu verkaufen.

Während auch Fernsehen und Zeitungen über den Stand der Dinge in Kabelsketal ­berichteten, versuchte die Bürgerinitiative vor Ort, die Gemeinderatsmitglieder in ­vielen Gesprächen zu überzeugen. Zum Showdown kam es dann am 30.11.2022 bei der endgültigen Entscheidung im Gemeinderat: Denkbar knapp mit 9 zu 8 Stimmen wurde der Gewerbepark abgelehnt. „Daraufhin brach tosender Jubel im Saal aus,“ erinnert sich Thomas Wahren.

Der Mitteldeutsche Rundfunk (mdr) kommentiert die Entscheidung als Zeitenwende in Sachsen-Anhalt: „Dass ein Gemeinderat die Zustimmung für ein industrielles Großprojekt verweigert, hat es in dieser Dimension wohl noch nicht gegeben,“ so Journalist Uli Wittstock. Gründe dafür sieht er in der Wende am Arbeitsmarkt, aber auch in den zunehmend schlechten Erfahrungen vor Ort: Gemeinden müssten nicht selten in die Infrastruktur investieren, sähen aber von Gewerbesteuern nichts, weil die am Firmenhauptsitz landen.

Thomas Wahren steht derweil auf seinem Acker und tippt ein paar Zahlen in sein Handy: „Bei 25 €/m2 hätte ich 20 Mio. € bekommen. Ein Freund riet mir, ich solle das Geld nehmen und einen Betrieb kaufen, auf dem es mehr regnet. Aber ich möchte hier Landwirt sein. Es geht eben nicht immer nur ums Geld!“

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