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Moore: Wiedervernässung kostet bis zu 600 € Deckungsbeitrag pro Hektar

Klimaschützer bringen immer wieder die Wiedervernässung von Mooren ins Spiel. Für die betroffenen Landwirte wäre das mit deutlichen Einkommensverlusten verbunden.

Lesezeit: 4 Minuten

Würde man ehemalige Moore wiedervernässen, könnte Deutschland seine Kohlendioxidemissionen um bis zu 53 Mio. t pro Jahr senken - immer 7 % der Gesamtemissionen (CO2-Äquivalent). Darauf machte Anfang der Woche Simon Busse von der Fachagentur für Nachwachsende Rohstoffe aus Gülzow in einem Vortrag auf der Steuerfachtgung des Hauptverbandes der Landwirtschaftlichen Buchstellen und Sachverständigen e.V. in Bremen aufmerksam (HLBS).

Moore gehörten zu den größten Kohlenstoffspeichern weltweit. "Zwar machen die Biotope nur rund 3 % der globalen Fläche aus. Sie binden jedoch doppelt so viel Kohlenstoff wie alle Wälder zusammen“, sagte Busse. Der klimaschonende Effekt sei noch größer, wenn auf den wiedervernässten Flächen anschließend eine Paludikultur betrieben werde. Darunter verstehen Experten eine an die Moore angepasste landwirtschaftliche Nutzung wie den Anbau von Schilf, Dachreet oder Rohrkolben.

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Grenzstandorte, statt wertvolles Ackerland

Busse gab aber zu bedenken, dass gerade der Anbau von Paludikulturen mit einigen Herausforderungen verbunden sei - allem voran fehle es an ausgereiften Maschinen, um auf den nassen Flächen Kulturen anbauen und ernten zu können. Allerdings zeigte er sich zuversichtlich, dass mit zunehmender Nachfrage auch das Angebot größer werde.

Ohnehin fehle es an Erfahrungen, um die Auswirkungen der Renaturierung besser abschätzen zu können. Denn bislang ist die Wiedervernässung freiwillig und das Interesse unter Landwirten eher überschaubar. "Ändern könnte dies womöglich eine Wiedervernässungsprämie, die die Regierung einführen will", so Busse.

Für eine Wiedervernässung kommen aus seiner Sicht insbesondere Grenzstandorte infrage. Auf diesen dürften die Landwirte ohnehin oft nur unter Auflagen wirtschaften.

Im Winter Wasserstand anheben, im Sommer senken

Welche Herausforderungen mit der Wiedervernässung verbunden sind, wurde auch im Vortrag von Prof. Dr. Latacz-Lohmann von der Universität Kiel deutlich. Bei einer ganzjährigen Anstauung des Wassers sei eine Landwirtschaft kaum noch möglich. „Wenn wir die Wasserstände nur um 20 cm anheben, können wir die Flächen hingegen teilweise noch nutzen - auch wenn die Emissionseinsparungen nur etwa halb so hoch ausfallen wie bei höheren Wasserständen“, erklärte er.

Ein pragmatischer Ansatz: Im Winter die Flächen anstauen und im Sommer den Wasserstand wieder senken. Allerdings werde auch das zeitweise Überfluten mit Mehraufwand und geringeren Erträgen einhergehen. Anhand eines Milchviehbetriebes mit 120 Milchkühen und einem 80 ha Moorgrünland hat Latacz-Lohmann kalkuliert, was eine Renatunierung konkret bedeuten könnte (9.000 kg/Kuh, 40 ct/l Milch). Ohne eine Wiedervernässung kommt dieser Betrieb in seiner Beispielrechnung auf einen Gesamtdeckungsbeitrag von 180.000 €.

Milchleistung sinkt um 1.500 Liter

Bei einer Renaturierung könne der Landwirt seine Flächen nur noch ab Anfang/Mitte Juni befahren und die Grassilage von diesen Flächen sei weniger energiereich. Das betreffe vor allem den ersten Schnitt, der bis zu 15 % Energie pro Jahr einbüße. Letztendlich mache sich das in der Milchleistung bemerkbar, die von 9.000 auf rund 7.500 kg/Kuh sinken könnte. Zudem müsste der Betriebsleiter seine Herde abstocken, weil die Beschaffung von Ersatzfutter bei einer großflächigen Wiedervernässung im Umfeld des betroffenen Hofes nur schwer möglich sein dürfte. Folge: Der Deckungsbeitrag sinke um rund 40.000 €/Jahr. Pro Hektar betrage der Verlust etwa 400 bis 600 €.

"Photovoltaik ist lukrativer als Milchproduktion"

Latacz-Lohmann hat auch untersucht, inwieweit sich der der Anbau von Rohrkolben oder die Solarstromproduktion auf den Moorböden rechnen. Photovoltaik schneide dabei aus ökonomischer Sicht am besten ab. „Sie ist sogar lukrativer als eine intensive Milchwirtschaft auf trockengelegten Moorstandorten“, so Latacz-Lohmann. Es fehle aber sehr häufig an geeigneten Einspeisepunkten und man könne auch nicht überall die Anlagen wegen der weichen und meterdicken Torfauflage installieren. Von den schätzungsweisen 12.000 ha solarfähigen Moorstandorten in Schleswig-Holstein, sei die Stromproduktion vielleicht auf etwa 900 ha lukrativ. Allerdings habe die Regierung erst vor wenigen Tagen die Solarvergütung angehoben. Würde man die neue Einspeisevergütung für den Strom berücksichtigen, dürfte die nutzbare Fläche deutlich größer ausfallen.

Sein Fazit: Entscheide sich die Politik für die großflächige Wiedervernässung der Moore, gebe es nicht die eine Lösung für alle Standorte. Je nach Flächenbetroffenheit benötige es unterschiedliche Maßnahmen. Möglicherweise seien auch ein Flächentausch, eine Flurbereinigung oder sogar eine Umsiedlung notwendig.

Was auch gelöst werden müsse: Von Moor-Photovoltaik-Anlagen profitierten am Ende womöglich nur die Flächeneigentümer und nicht die Pächter. Wenn die Politik das Ziel habe, mehr Flächen wieder zu vernässen, müsse auch hier eine Lösung her.

Ihre Meinung ist gefragt

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