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Seit etwa einem Jahr ist Parkinson im Ergebnis als Berufskrankheit bei Landwirten anerkannt. Aktuelle Medienberichte, z.B. der taz, zeigen, wie schwierig es für Landwirte sein kann, Parkinson von der Berufsgenossenschaft (BG) als Berufskrankheit anerkennen zu lassen.
top agrar hat bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) nachgefragt. Hier die wichtigsten Fragen und Antworten:
Wie läuft die Anerkennung durch die BG?
Wie bei nahezu jeder anderen Berufskrankheit, so die SVLFG, gehe es auch um die Rekonstruktion eines Berufslebens der Betroffenen. Parkinson betreffe oft ältere Personen, sodass eine Mitarbeit im Feststellungsverfahren Berufskrankheit unter Umständen erschwert sei. Ohne die Mithilfe und Angaben der Betroffenen oder deren Angehörigen könne jedoch kein Verfahren abgeschlossen werden.
Die SVLFG sei bemüht die betroffenen Versicherten und deren Angehörige zu unterstützen. Es wurde speziell für Parkinson eine Servicenummer (Tel.: 0561 785-10350) eingerichtet, sodass auch Anfragen bzw. Probleme beim Ausfüllen der Fragebögen schnell telefonisch gelöst werden können.
Wie können Landwirte 100 Anwendungstagen (mit PSM) nachweisen?
„Für die Beurteilung der arbeitstechnischen Voraussetzungen sind wir auf die Mithilfe der Erkrankten angewiesen“, so die SVLFG. Ob das Kriterium der 100 Anwendungstage erfüllt ist, ermittelt die SVLFG mittels Fragbogen und entsprechenden Belegen in Zusammenarbeit mit dem Präventionsdienst. In der Regel können Nachweise wie Spritzpläne oder auch vereinzelt Kaufquittungen vorgelegt werden.
Wie prüft die SVLFG im Einzelfall?
Weiterhin werden im Einzelfall und nach Einverständnis der Betroffenen Hinweise aus dem persönlichen Umfeld berücksichtigt. Oft kann Kontakt zur Familie oder Nachbarn hergestellt werden, die Aussagen zu Arbeitsverhältnissen treffen können. Diese Angaben werden anhand der Erfahrungen aus den bereits bearbeiteten Fällen und Spritztabellen verifiziert.
Letztlich sei ausschlaggebend, ob sich hierbei ein schlüssiges Gesamtbild ergibt. Die Erfahrungen aus den bisher durchgeführten Arbeitsplatzanamnesen hätten jedoch gezeigt, so die SVLFG, dass das gemeinsame Erstellen eines schlüssigen Gesamtbildes in nahezu allen Fällen machbar und schon gar nicht unmöglich ist.
Könnten allerdings keinerlei Angaben mehr zur Betriebsstruktur oder Bewirtschaftungsausrichtungen (bspw. Kulturarten) oder dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gemacht werden, würden auch diese Einzelfallermittlungen an ihre Grenzen stoßen.
Welche weiteren Informationsquellen nutzt die SVLFG?
Wegen der oft fehlenden Dokumentationen, so die SVLFG, bleibe nichts anderes übrig, wie auf andere vorhandene Informationsquellen zurückzugreifen. Dies gehe von offiziellen Spritzplänen (Vorgabe wie oft, zu welchem Zeitpunkt, welche Kulturarten gespritzt werden können) über „für welche Kulturarten sind konkrete Pflanzenschutzmittel zugelassen gewesen“, Rekonstruktion der Betriebsstruktur (was wurde angebaut, Größe des Betriebes,...), vorhandene Spritztagebücher (insb. In Mittel- und Ostdeutschland), usw. , Alles was hier zur Sachverhaltsaufklärung dienlich sein kann, werde im Einzelfall mit einbezogen.
Viele Landwirte haben bereits einen Antrag gestellt?
In gut 8.400 Fällen wurde bisher ein entsprechendes Verfahren im Zusammenhang mit einer möglichen Berufskrankheit Parkinson eröffnet. Knapp 8.000 Fälle davon wurden von Amts wegen eröffnet, da hier Anhaltspunkte in der LKK vorhanden waren, dass Parkinson vorliegen könnte. Eigenständige Verdachtsanzeigen von Unternehmern oder Ärzten sind bisher rund 400 eingegangen, berichtet die SVLFG.
Gibt es bereits Bewilligungen?
Zum aktuellen Zeitpunkt dauern die Prüfungen noch an, so dass bisher kein Bewilligungsbescheid versandt wurde.
Welche Anträge wurden abgelehnt?
In ca. 2.000 Fällen hat sich bei den von der SVLFG angeschriebenen Fällen die geforderte Diagnose „Primäres Parkinsonsyndrom“ nicht bestätigt, da z. B. ein sekundäres Parkinsonsyndrom oder auch gar kein Parkinson vorlag. In diesen Fällen wurde eine entsprechende Ablehnung vorgenommen.
Weiterhin wurden 3.000 Fälle auf Wunsch der Betroffenen respektive aufgrund fehlender Mitwirkung abgelehnt. Die Betroffenen können aber jederzeit das Verfahren wieder aufnehmen lassen, entweder über ihren behandelnden Arzt oder auch nur durch Rücksendung der Fragebögen. Sollten diese nicht mehr vorliegen, können diese auch durch die SVLFG nochmals zugesandt werden.
Einige wenige Fälle wurden ferner abgelehnt, da entweder in der Vergangenheit keinerlei Umgang mit Pestiziden durch die Betroffenen erfolgt war oder die erforderlichen 100 Anwendungstage innerhalb einer Funktionsgruppe nicht erreicht wurden.
Wie viele Fälle sind noch offen?
Rund 3.000 Fälle sind derzeit in Bearbeitung.